Wertermittlungsanspruch Erbengemeinschaft?
Liebe Community,
meine Großmutter ist vor zwei Jahren gestorben, es gab kein Testament. Mein Großvater hat daraufhin 50% vom Eigentum einer Immobilie erhalten, mein Vater und sein Bruder jeweils 25%. Mein Großvater hat mich zum Erben gemacht, er ist vor zwei Monaten gestorben. Damit habe ich nun die 50%. Der Anwalt meines Onkels droht mir (der Enkelin), einen Wertermittlungsanspruch gerichtlich einzuklagen, weil " ich der Erbe sei." Aber mein Onkel hat doch schon vor zwei Jahren geerbt als meine Großmutter verstorben war. Damit ist er ja auch Miteigentümer der Immobilie (sogar ja schon vor mir) und ebenfalls Erbe gewesen. Ist es denn möglich, dass der Anwalt meines Onkels einen Wertermittlungsanspruch bei mir einklagen kann?
Ich danke euch schon mal für eure Antworten.
4 Antworten
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Nach § 2314 BGB Absatz 1 Satz 2, 2. Halbsatz hat der Pflichtteilsberechtigte einen Anspruch gegen Dich "dass der 'Wert der Nachlassgegenstände ermittelt wird". Auch wenn Dein Onkel über den ersten Erbfall bereits Teil der Erbengemeinschaft nach der Großmutter ist, ist er als Pflichtteilsberechtigter vom Erbe, das Dir zugefallen ist, völlig abgeschnitten. Das Gesetz gewährt ihm daher zwei weitere Ansprüche und zwar zum einen den Anspruch auf ein Nachlassverzeichnis und zum anderen besagten Wertermittlungsanspruch.
Das Gesetz gesteht ihm diesen Anspruch zu. Es ist halt (leider) so, dass der Anwalt dies nicht infolge seiner Autorität von Dir fordert, sondern von Gesetzes wegen.
Insoweit ist die Aufforderung an Dich seitens des Anwaltes richtig und nicht falsch.
Du bist daher gehalten, diesem Anspruch nachzukommen und einen Sachverständigen mit der Wertermittlung zu beauftragen. Das Gesetz spricht zwar nicht ausdrücklich von einem öffentlich vereidigtem und bestelltem Sachverständigen, aber einen solchen zu beauftragen bringt Sicherheit.
Die Kosten des Sachverständigen fallen nach § 2314 Abs. II BGB dem Nachlass zur Last, d.h. sie mindern letztendlich seinen Pflichtteilsanspruch.
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Um es noch erläuternd klarzustellen: der Wertermittlungsanspruch besteht allein gegen Dich, der Pflichtteilsberechtigte ist ja "aus dem Erbe völlig raus" und hat alle diese Ansprüche ausschließlich gegen Dich. Selber veranlassen kann er nichts.
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Jeder Erblasser hat das Recht, seinen Nachlass so zu verteilen, wie er möchte. Es ist also problemlos möglich, eine Erbfolgeregelung zu treffen, bei der die eigenen Kinder enterbt, die Enkel aber als Erben eingesetzt werden. Bedenken Sie aber, dass Ihre eigenen Kinder trotz der Enterbung noch einen Pflichtteilsanspruch haben.
https://www.raklinger.de/pflichtteil/kinder-enterben/
Und somit ist auch nach dem Tod deines Opas dein Onkel, als auch dein Vater erbberechtigt und zwar in Höhe des Pflichtteils.
Die Gerichte haben sich immer wieder mit der Frage zu beschäftigen, ob der Pflichtteilsberechtigte über das Nachlassverzeichnis hinaus auch einzelne Belege (wie etwa Konto- oder Depotauszüge, Geschäftsbücher oder Quittungen) vom Erben verlangen kann oder zumindest ein Einsichtsrecht in diese Unterlagen besteht.
Ein allgemeiner Anspruch auf Vorlage von Belegen wird von der Rechtsprechung (BGH, NJW 1975, 258) verneint, da das Pflichtteilsrecht nur eine Auskunftsverpflichtung, aber keine Rechenschaftslegungsverpflichtung i.S.d. § 259 Abs. 1 BGB vorsieht.
Unterlagen, die den Pflichtteilsberechtigten in die Lage versetzen, gegebenenfalls unter zu Hilfenahme eines Sachverständigen, seinen Pflichtteil zu berechnen, müssen aber vom Erben aufgrund des Wertermittlungsanspruchs des Pflichtteilsberechtigten vorgelegt werden (OLG Köln, ZEV 2006, 77). Das OLG Köln hat sich in seinem Urteil vom 10.01.2014 zur geltenden Rechtsprechung (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 454; OLG Köln, ZEV 1999, 110) angeschlossen, wonach die Gewinn- und Verlustrechnungen, Umsatzzahlen sowie die Bilanzen der letzten fünf Jahre vor dem Erbfall auf Verlangen vorzulegen sind, sofern ein Unternehmen oder eine Unternehmensbeteiligung zum pflichtteilsrelevanten Nachlass gehört.
https://www.advocatio.de/erbrecht/pflichtteil-auskunft-wertermittlung
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Einen Wertermittlungsanspruch innerhalb der Erbengemeinschaft gibt es nicht. Allerdings beim 2. Erbfall ist der Sohn ihres Großvaters pflichtteilberechtig und hat darüber einen Auskunftsanspruch gegenüber ihnen als Erben in Bezug auf den Erfall des Großvaters.
Grundsätzlich ist der Pflichtteilanspruch ein Geldanspruch. Allerdings kann man sich im Rahmen der Vertragsfreiheit natürlich auch anders einigen, etwa indem der Onkel den Pflichtteil in Form eines Immobilienanteils erhält.
Allerdings ist das Teileigentum an der Immobilie durch 3 Teileigentümer langfristig ohnehin nicht so wünschenswert. Man muß sich ja immer über alles einigen.
Wenn die Immobilie aus mehreren Wohnungen besteht, können man das in eine WEG umwandeln und dann die Wohnungen verteilen.
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Sie schreiben von einem "Auskunftsanspruch". Auskunft worüber genau? Über den Wert der Immobilie? Aber wieso soll ich allein ein Gutachten bezahlen wenn doch mein Onkel ebenfalls Eigentümer der Immobilie ist?
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Über den Wert des Nachlasses des Großvaters. Dazu braucht man natürlich auf den Wert der Immobilie. Und der Onkel zahlt das "anteilig" mit, da sich der Pflichtteil dadurch reduziert.
Aber wieso soll ich allein ein Gutachten bezahlen wenn doch mein Onkel ebenfalls Eigentümer der Immobilie ist?
Das er zufällig auch Miteigenümer eines Nachlassgegenstandes ist, hat da keine Auswirkungen.
Aber wie gesagt, man sollte erstmal klären ob nicht die Anteilsübertragung die bessere Variante ist. Hier müssen natürlich beide Seiten zustimmen.
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Ich hatte meinem Onkel und Anwalt bereits einen Wert der Immobilie (geschätzt vom Finanzamt einmal und einmal von mir (habe andere Angebote verglichen)) genannt. Trotzdem besteht der Anwalt darauf, dass ich mich um ein Gutachten kümmern müsse und dieses auch alleine bezahlen müsse.
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Dein Onkel hat, als nicht berücksichtigt, Anspruch auf den Pflichtteil auf den Tod seines Vaters.
Ohne die Regelung deines Opas hätten dein Vater und sein Bruder sich die 50 % des Opas teilen müssen, jeder also 25 % der Haushälfte deines Opas. Dem Onkel steht nun12,5 % seines Erbes zu, allerdings in Geld, denn der Pflichtteil ist in Geld auszugleichen.
Natürlich kann er ein Gutachten erstellen lassen. Sollte er auch, um zu wissen, was er von dir fordern kann. Aber er kann dich nicht zwingen, auf deine Kosten eins erstellen zu lassen.
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Der Anwalt hat aber schon mehrmals versucht, dass ich auf meine Kosten ein Gutachten erstelle. Kann ich da irgendwie vorgehen? Ich meine, es kann ja nicht sein, dass ein Anwalt von mir aufgrund seiner "Autorität" einfach Dinge verlangt, die falsch sind.
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Dann teile mit, dass du keine Notwendigkeit siehst, eins erstellen zu lassen. Wenn sein Mandat eines wolle, könne er es gern zu seinen Lasten in Auftrag geben. Ggf. muss es aus dem Nachlass bezahlt werden, schmälert dann aber auch um 12,5% den Geldbetrag, den der Onkel von dir zu bekommen hat.
Dass mein Onkel Pflichtteilsberechtigt ist, ist mir klar. Aber wieso soll ich allein ein Gutachten für die Immobilie bezahlen und mich darum kümmern, wenn mein Onkel doch Miteigentümer ist?