Welche Rolle spielt die Farbe Rot in der Kunstgeschichte?

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Unter den wenigen Malern, die in Worte zu fassen vermochten, was die Farbe ausdrückt, hat Kandinsky („Über das Geistige in der Kunst“) Rot treffend beschrieben, ohne dabei allerdings die psychologische Bedeutung zu erklären. Über das optisch reine Rot sagt er, es wirke „innerlich als eine sehr lebendige, lebhafte, unruhige Farbe, die aber nicht den leichtsinnigen Charakter des sich nach allen Seiten verbrauchenden Gelbs besitzt“.

Van Gogh entdeckte 1885 begeistert: „Farbe drückt durch sich selbst etwas aus.“ Zu seinem Bild „Nachtcafé“ schreibt er im September 1888: „In meinem Bild ‚Nachtcafé‘ habe ich auszudrücken versucht, dass das Café ein Ort ist, wo man sich ruinieren, verrückt werden, Verbrechen begehen kann. Schließlich habe ich durch die Kontraste von Zartrosa und Blutrot und Hefefarbe – das Ganze in der Atmosphäre eines höllischen Feuerofens -  versucht, die Anziehungskraft der Finsternis einer Schnapsbude auszudrücken.“

Der Maler Arnold Böcklin hat wochenlang versucht, ein leidenschaftlich glühendes Orangerot herzustellen, um daraus das Tuch zu malen, auf dem die sinnbetörende Kalypso sitzt.

Franz Marc hat beim bekannten Bild „Die drei roten Pferde“ die Pferde deshalb rot gemalt, weil sie ein impulsives, rasch erregbares Temperament besitzen. Anstelle des braunen Felles hat er Rot verwendet, weil er den psychischen Ausdruck darstellen wollte.

Rot ist erregend; daher wirkt es auf den Betrachter imponierend. Darum ist der Mantel der Könige und der Kardinäle, wie seinerzeit der Saum der Senatoren-Toga, rot.

(aus Max Lüscher: "Psychologie der Farben")