Wegen meiner Freundin sehe ich meine Eltern kritischer. Ist das gut so?
Hallo,
ich bin 26 und Einzelkind. Mit meiner Freundin bin ich seit 4 Jahren zusammen. Früher habe ich nichts auf meine Eltern kommen lassen, aber durch meine Freundin sehe ich meine Eltern kritischer. Ich war nie so ganz ein Papa-Kind und mein Vater hat sich nie richtig um mich gekümmert. Meine Mutter war immer für mich da und bin deshalb auch ein Mama-Kind geworden. Im Studium bin oft an den Wochenenden Heim gefahren. Heute arbeite ich und wohne um die 90 km von ihnen entfernt. Jetzt sehen wir uns seltener.
Mit meiner Freundin habe ich viel über meine Kindheit gesprochen und sie meinte, dass sie vieles nicht bei uns verstehen würde. Meine Mama hat nach mir nicht mehr gearbeitet und mein Vater war Alleinverdiener mit einem sehr guten Gehalt. Meine Mutter ist zur Hausfrau geworden und hatte keine Herausforderungen mehr.
Seitdem ich im Studium alleine gewohnt habe und nun seit bald 2 Jahren mit meiner Freundin zusammen wohne, halte ich es Zuhause nicht mehr so aus. Klar, ich will den Kontakt halten und rufe auch öfters mal an und wir telefonieren lange, aber bei manchen Sachen packe ich mir an den Kopf. Z. B. hatten wir am Wochenende eine Familienfeier und ein Gast hatte einen Tag zuvor noch einen positiven PCR-Test. Mein Vater hat diesen Gast dazu überredet, dass er sich schnelltestet und dann entscheidet. Der Gast hat 3 Schnelltests gemacht und sie waren negativ, deshalb ist er gekommen. Und die sind keine Corona-Leugner! Meine Eltern sind 3x geimpft und haben alle "verurteilt", die sich damals nicht an die Regeln gehalten haben und jetzt? Jetzt ist es egal! Ich bin echt geschockt.
Was ist das? Kennt das jemand?
5 Antworten
Eltern unterscheiden sich, Familiendynamiken unterscheiden sich, Lebenssituationen unterscheiden sich.
Der eine wächst als Einzelkind auf, der andere quasi in einer Großfamilie. Der eine wird verhätschelt, der andere muss schon früh das eigene Taschengeld verdienen. Der eine kriegt zum 18ten ein Auto geschenkt, der andere muss dafür das eigene Ersparte verwenden. Etc pp.
Bei dem einen mischen sich die Eltern in alle Lebenslage ein, bei dem anderen null. Der eine wird von den Eltern als eigenständiges Lebewesen respektiert, der andere muss die Eltern ständig darauf hinweisen "Ich hab mein eigenes Leben, treffe eigene Entscheidungen als Erwachsener".
Insofern ist es doch absolut natürlich das nicht jeder jede Familiensituation absolut nachvollziehen kann. Aber nur weil man anders aufwuchs heißt das nicht das man "besser" dran war oder die andere Person es automatisch so schlimm hatte.
Deine Eltern hatten sich bezüglich Corona also bislang immer geschützt so gut es ging. Und dann war bei einem geladenen Gast erst ein Test positiv, dann drei Tests negativ. Selbst wenn alle Tests negativ gewesen wären... das Risiko hätte dennoch bestanden das er 2 Tage später positiv getestet wird (den Fall hatten wir im erweiterten Bekanntenkreis vor einiger Zeit). Am Wochenende trafen sich einige Leute, alle hatten negative Tests.... und Montag gabs ne Rundmail "X wurde heute positiv getestet, macht bitte auch einen Test".
Bei solchen Situationen hat man es als Gastgeber in der Hand dem eigentlich geladenen Gast nahezulegen vorsichtshalber daheim zu bleiben "für dieses Mal". Und der geladene Gast selbst? Der sollte "eigentlich" soviel Anstand und vor allem Vernunft besitzen lieber vorsichtshalber daheim zu bleiben.
Wars eine einmalige Situation? Oder sind deine Eltern mittlerweile komplett weg von allen vorherigen Vorsichtsmaßnahmen?
Edit: Zu deiner Kindheit:
Dein Vater hat also viel gearbeitet? Klar, als Alleinverdiener gehts ja nicht anders - und je nach Beruf/ Arbeitsgebiet muss man dann eben auch unter Umständen viel arbeiten.
Er war eher nicht so der Spiel-Papa? Kommt vor. Nicht jedes Elternteil entwickelt "plötzlich" ab dem Zeitpunkt der Geburt des Nachwuchses einen Spieltrieb und das Bedürfnis jede freie Minute dem Kind zu widmen.
Manche können das auch garnicht so ohne Weiteres, weil sie es selbst beim eigenen Aufwachsen nie erlebten.
Mutter: Hausfrau. Was ist so schlimm daran? Eben, nix ist schlimm daran. Es war die Entscheidung deiner Eltern. Punkt. Es ist irrelevant ob andere Leute "anders entschieden hätten".
Urlaubsfahrten ins Ausland: nie als Familie.
Kommt vor. Da bist du nicht der erste. Manche Eltern wollen das aus persönlichen Gründen nicht. Manche Eltern können aus persönlichen oder finanziellen Gründen das nicht machen.
Und wieder andere machen es, weil sie wollen und können. Oder schicken ihren Nachwuchs ab Jugendalter auf Jugendfreizeiten (als Alternative).
Man hat aber nix verpasst wenn man das als Kind/ Jugendlicher nicht erleben konnte. Schließlich kann man als Erwachsener, mit dem eigenene gesparten Geld, solche Reisen unternehmen
Eltern können es einem nie recht machen, wie? Der eine findet das sie sich immer viel zu viel eimmischten/ einmischen, der andere findet das sie sich zu wenig kümmerten/ kümmern. Der eine findet das sie zu wenig verdienen, der andere findet das sie zu viel arbeiten....
Es war dir also in der Schule peinlich (ja wie, etwa noch immer?) das deine Mom Hausfrau ist? Lass deinen Eltern gegenüber das besser nicht durchblicken, die wären verdammt verletzt.
Es gibt eben Workahollics, und es gibt Menschen die unsicher sind im Umgang mit dem eignen Nachwuchs (häufiger bei Männern). Es gibt Männer, die selbst damit aufwuchsen das Vater sich eher weniger mit den Kindern beschäftigte - sie kennen es also nicht anders und empfinden es nicht als "seltsam".
Wir können uns unsere Eltern nciht aussuchen. Sie sind wie sie sind. Und sobald man selbst erwachsen ist, ist ihr Lebensstil/ ihre berufliche Situation/ ihr früheres Verhalten (ob sie sich stark oder wenig involvierten in das Leben des Nachwuchses) Vergangenheit.
Bei dir hat das Abnabeln vom Elternhaus halt etwas länger gedauert und du kannst deiner Freundin dankbar sein, dass sie dir bei diesem Ablösungsprozess etwas geholfen hat. Sonst wärst du vielleicht noch ein richtiges Muttersöhnchen geworden, dass mit 40 die Wäsche noch zu Mutti zum Waschen und Bügeln bringt.
Man kann seine Mutter bzw. Eltern auch mögen, wenn man sich von ihnen abgenabelt hat.
Und mein Zimmer gesaugt etc. habe ich auch schon immer alleine... So war das nicht, aber stimmt ansonsten
Naja, also die Wäsche habe ich schon im Studium alleine gemacht xD
Man darf kritisch sein gegenüber seinen Eltern, und ich denke du kannst die kritisierenden Punkte auch ansprechen.
Jedoch solltest du weiterhin nichts auf sie kommen lassen, sie haben dich die ersten 20 Jahre behütet, und sie werden auch in 30 Jahren auf deiner Seite stehen, wenn jemand versucht Missgunst zwischen deinen Eltern und dir zu sähen, solltest du eher bei dienen Personen Vorsicht walten lassen.
Ich denke dass es grundsätzlich immer gut ist kritisch zu sein auch gegenüber der Eltern
Beurteile deine Eltern nach deiner Kindheit, und du hattest doch eine schöne, oder?
Corona ist kein Maßstab. Heute so, morgen so, idwann pfeifen die Leute auf alles und sie haben ja verantwortungsvoll gehandelt und auf Tests bestanden!
Deine Eltern haben dich in Liebe aufgezogen wie es scheint und ein gutes Sozialsystem. Sie haben Freunde, die sie treffen, einen Sohn der studiert und aus dem einmal was werden wird, so wie es ausschaut!
Lass dir das nicht schlecht machen!
Aber ist Kritik schlecht machen? Manchmal nicht... Für meinen Vater stand Familie nicht an erster Stelle, sondern eher die Arbeit. Und z. B. Spiele haben nie zusammen gespielt, richtig verreist ins Ausland sind wir auch nie.
Das musst du selbst wissen. Ich hatte selbst kein gutes Elternhaus. Mein Vater hat stets seine Vaterschaft bestritten und meine Mutter hat ihr Leben auf der Couch verbracht mit der Begründung, sie hat vier Kinder. Aber um diese vier Kinder hat sie sich nie gekümmert. Meine schönste Zeit war, wenn ich bei der Oma war. Weil die war wach wenn ich aufgestanden bin und hat mir ein Frühstück gemacht. Zuhause hat es das nie gegeben.
Obwohl ich eine gute Schülerin war, wurde ich gezwungen eine Lehre zu machen damit ich Kostgeld abgeben kann.
Ich hab dann am zweiten Bildungsweg Abi gemacht und studiert. Alles neben Fulltimejob!
Heute geht es mir gut aber das habe ich allein mir zu verdanken!
Ich beneide alle Menschen die halbwegs liebenswürdige Eltern haben!
Ich weiß nicht wie es bei dir genau war aber ohne Grund würde ich das Verhältnis zu den Eltern nicht in Frage stellen.
Das mit Corona ist erst jetzt so geworden. Iwie hatten die keinen Bock mehr. Aber vorher haben die immer einen auf Team Vorsicht gemacht. Wie gesagt, ich finde der Gast hätte absagen sollen, aber auch meine Eltern hätten es abraten sollen.
Mein Papa und sein Job... Es ist ein Job, der aus Vertrauensarbeitszeit besteht. Heute mache ich den gleichen Job und ja, ich nehme ihn auch wichtig. Aber er bietet viel Freiraum sich seine Termine so zu legen, dass es geht.
Er hat sich nie mit mir beschäftigt oder sehr selten. Arbeit war immer das eine Thema auch am Essenstisch. Gute Nacht hat nur meine Mama mir gesagt. Und auch heute ist es so, dass ich eher mit Mama spreche und alles bespreche.
Ich fand es schon in der Schule peinlich, dass meine Mama Hausfrau ist. Sie hat eine fundierte Ausbildung, hat gearbeitet und sogar in Leitungsposition und dann nix mehr.
Mein Vater hat mehr auf das Geld geachtet. Noch heute ist das so und das kommt lieblos rüber.