Was sind die Merkmale von gehobenem Deutsch?

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Ich glaube nicht, dass es dafür eine exakte Definition gibt.

Grundvoraussetzungen:

- Jemand macht weder Grammatik- noch Rechtschreibfehler.
- Jemand kann sich differenziert ausdrücken und kennt nicht nur die Verben "sein" und "haben". ;-)
- Es gehört zwar ein relativ großer Wortschatz dazu, den übertriebenen Einsatz von Fremdwörtern würde ich allerdings nicht mit einbeziehen.


adabei  08.01.2017, 17:07

Danke. ☺

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Pudelcolada  07.01.2017, 16:50

Danke, dass wenigstens einer nicht den Dialekt in seine Antwort miteinbezieht!
In meinen Augen ist Dialekt kein Kriterium für Sprachkompetenz.

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adabei  07.01.2017, 19:11
@Pudelcolada

Ich finde sogar, dass es oft von Vorteil ist, wenn man auch Dialektsprecher ist.

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Pudelcolada  07.01.2017, 20:00
@adabei

Ich für mein Teil kann gar nicht anders.
Sobald ich versuche, Hochdeutsch zu sprechen, verknotet sich meine Zunge.
Aber darum kann ich mich nicht weniger klar ausdrücken, verfüge plötzlich nicht über einen geringeren Wortschatz oder bekomme keinen Satz mehr gerade heraus.

An mir sind einfach sämtliche Versuche, mir das Hessische abzuerziehen, ergebnislos abgeprallt. An vielen anderen meiner Mitschüler in der Grundschule übrigens auch, wir haben damals in einem frühen Akt des bürgerlichen Ungehorsams sogar unsere Mundart betont. Unsere Lehrerin hat uns gehasst, dann hat sie aufgegeben, und die Lesebuch-Sonderedition "Hessische Grundschüler mit ausgesuchten Sätzen quälen" wurde kommentarlos wieder eingesammelt.

Zu deinem Kommentar:
Dein persönlicher Eindruck wird von manchen Sprachwissenschaftlern bestätigt. Ich hatte neulich einen Fachtext zum Thema Spracherwerb in der Hand, in dem Kindern wegen ihrer 'zweisprachigen' Entwicklung eine besonders große Sprachkompetenz bescheinigt wird.

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Tichuspieler  08.01.2017, 08:25
@Pudelcolada

Ich sehe das einen kleinen Tucken anders. Ich möchte - trotz meines "Methusalalters" von 48 Jahren - gerne ein Volontariat beim Rundfunk absolvieren. Eine sehr wichtige Voraussetzung: Hochdeutsch sprechen, und zwar dialektfrei. Ich bin zwar konform mit der Meinung, dass Dialekt nicht als ein Negativkriterium von gehobenem Deutsch angekreidet werden sollte, neige aber gleichzeitig dazu zu behaupten, dass Dialekt kein Garant für größere Sprachkompetenz ist.

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adabei  08.01.2017, 10:59
@Tichuspieler

Man sollte natürlich beides können, aber ich habe auch festgestellt, dass gerade beim Fremdsprachenerwerb Dialektsprecher manchmal im Vorteil sind, da sie bereits sehr früh gelernt haben, sich zwischen zwei Systemen hin- und herzubewegen.

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"Gehobenes Deutsch" gibt es eigentlich überhaupt nicht.

Im Vergleich zu umgangssprachlichem Deutsch ist die "gehobene" Variante aber die Vermeidung von Dialekt und sogenannter "Jugendsprache", die treffsichere Benutzung der Zeiten, die Fähigkeit, Sätze zu bilden, die aus mehr als vier Wörtern bestehen, Nebensätze und/oder eingeschobene Nebensätze enthalten können, sowie ein umfassendes Vokabular, das unter anderem Synonyme kennt und diese treffsicher verwendet - und schließlich eine korrekte Grammatik.

Das ist zwar lediglich "normales" Deutsch - aber Du wirst das hier bei gutefrage.net kaum antreffen.


Für fast ALLE Bedeutungen (außer bei Strukturwörtern) gibt es mehrere Wörter auf unterschiedlichen Stilebenen (Beispiel: abhauen, sich verpissen,Reißaus nehmen,  flüchten, sich davonmachen, fliehen, entfliehen).

Syntaktisch (akso in Bezug auf Satzbau) zeichnet sich "gehobene Sprache" vor allem durch "hypotaktischeren" Stil aus, d.h. durch Verwendung von "Satzgefügen" (Hauptsatz + Nebensätze, oft ineinander verschachtelt) aus.

In der gehobenen Sprache wird auch sehr häufig das Präteritum verwendet , z.B. Er floh aus dem Gefängnis).

Ganz gewiss NICHT "gehoben" ist Umgangssprache, Dialekt, vulgäre Sprache  oder  (im Englischen) Slang.

Gehobenes Deutsch heißt für mich zunächst einmal, dass man das, was man ausdrücken will, möglichst treffend formuliert. Umgangssprachlich spricht man ja oft nur so ungefähr, bzw. man übertreibt mit Ausdrücken wie "voll", "total", "übelst" , um seine Meinung zu unterstreichen, man wird dann aber ungenau.

Außerdem und damit zusamenhängend ist es wichtig, nicht immer dieselben u.U. blassen (und deshal gerade nicht treffenden) Wörter zu wiederholen. Du kennst es wahrscheinlich aus Aufsätzen, dass Dir "Wortwiederholung" angestrichen wird. Also die Ausdrucksweise sollte präzise sein, aber dennoch farbig, beweglich, die Sache von verschiedenen Seiten ausleuchtend.

Wenn es dann in einen eher politischen oder wissenschaftlichen Bereicht geht, dann kommen häufig auch Fremdwörter mit ins Spiel. Auch wenn man es im Alltag als nervig und gestelzt empfindet, wenn jemand seine Ausführungen mit Fremdwörtern spickt, manchmal sind genau diese Fremdwörter der präziseste Ausdruck für einen Zusammenhang oder eine Tatsache.

Kannst Du das brauchen?

Die Sprachwissenschaft als solche hat den Begriff "gehobenes Deutsch" nicht in ihrem Repertoire.

Sie befasst sich allerdings mit "Slangs", "Dialekten" und "Umgangssprache".

Das "gehobene Deutsch" als solches ist mehr ein wertender Begriff, der sich dadurch eingebürgert hat, dass man einen Gegenausdruck zum Slang "erbaut" hat. Er wird also von den meisten damit assoziiert, dass man grammatikalisch korrekt und nicht ausschließlich in Dreiwortsätzen spricht, sowie auf Kraftausdrücke verzichtet.

Manche verknüpfen damit auch Fremdwörter, allerdings wird's da dann kritisch - denn eine exzessive Benutzung selbiger zeugt für die meisten eher von Kompensation, denn von Bildung. (Wie schon Einstein sagte: "Wenn du etwas nicht einfach erklären kannst, hast du es nicht verstanden.")