Warum wird der Mindestlohn nich auf 14 Euro abgehoben wie es versprochen war?

RedPanther  19.06.2024, 11:54

Wo waren denn 14 € versprochen?

FranzAfD2013 
Beitragsersteller
 19.06.2024, 11:54

Von Heil

8 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Die unabhängige Mindestlohnkommission berät alles zwei Jahre und am 26. Juni 2023 empfohlen, was die Bundesregierung umgesetzt hat:

Am 01.01.24 stieg der Mindestlohn auf 12,41 € und ein Jahr später auf 12,82 €.

Im Koalitionsvertrag (S. 5) der Ampelregierung steht explizit, dass sie den Mindestlohn auf 12 Euro anheben wollen, was sie am 01.10.22 auch gemacht haben.

2021 ging die SPD mit der Erhöhung auf 12 € Mindestlohn, als zentrales Wahlkampfversprechen, in den Bundestagswahlkampf. Das haben sie 2022 eingelöst.

In diesem Sommer tagt die Mindestlohnkommission (deren Aufgabe es eigentlich ist den Mindestlohn festzusetzen und nicht die der Politik) und SPD-Arbeitsminister Heil rechnet mit einer Erhöhung auf bis zu 14 €, zum 1. Januar 2025. Er hat das also definitiv nicht versprochen, denn er entscheidet das hier gar nicht.

Mich irritiert deine Frage ehrlich gesagt, weil du die AfD im Profilnamen trägst. Die AfD hat im Bundestag noch gegen jede politische Erhöhung des Mindestlohns gestimmt. Die AfD ist gegen einen gesetzlich festgelegten Mindestlohn.

Das Thema ist extrem komplex, so dass selbst die größten Volkswirtschaftsexperten unterschiedlicher Meinung sind.

Niemand kann mit Bestimmtheit sagen, wie sich Erhöhungen des Mindestlohns auf die komplette Volkswirtschaft auswirken werden. Und erst recht können das nicht unsere Politiker. Diese nutzen das nur für ihren Wahlkampf aus. Es gibt ja nicht umsonst hierfür eine eigens dafür geschaffene Mindestlohnkommission.

Ich kann nur davor warnen, hier nicht mit absoluten Augenmaß diese Sache zu beurteilen.

Denn mit 15 Euro (14 Euro soll ja nur ein kurzfristiger Schritt sein) Mindestlohn kommen wir schon in Bereiche, die eben nicht nur einen Friseur oder eine ungelernte Reinigungskraft (ich will diese Berufe auf keinen Fall hier abwerten) betreffen. Das sind dann auch schon Bereiche, wo wir teilweise Berufe wie Buchhalter finden.

Man kann dieses Thema in seiner Komplexibilität deshalb nicht einschätzen, weil man nicht weiß, wie sich das auf den kompletten gesamten Arbeitsmarkt verhält.

Wenn man jetzt einer ungelernten Hilfskraft ohne Ausbildung einen Stundensatz von 15 Euro zahlen muß, dann kommt sofort die ausgebildete Fachkraft, die bisher einen Stundenlohn von 14 Euro erhalten hat und fordert verständlicherweise 18 Euro.

Jetzt sieht aber die Arbeitskraft mit langjähriger Berufserfahrung und mehr Verantwortungsbereichen, die bisher 18 Euro erhalten hat, dass alle anderen ausgebildeten Fachkräfte nun den gleichen Stundensatz bekommen. Also wird sie von ihrem Chef fordern, dass sie ab sofort 22 Euro bekommt.

Das wiederum findet der Teamleiter überhaupt nicht gut. Schließlich beträgt ja sein Stundenlohn 22 Euro. Natürlich will er jetzt unbedingt 25 Euro Stundenlohn erhalten.

Der Abteilungsleiter, mit seinem akademischen Abschluß und viel Verantwortung, sieht jetzt die Differenz zu seinem Lohn nicht mehr gegeben und fordert natürlich 38 Euro Stundenlohn.

Man setzt hier also eine Lohnspirale künstlich in Gang.

Viele Unternehmen werden dann natürlich auch ihre Preise anheben müssen. Nicht nur weil sie selbst höhere Lohn- und Nebenkosten zahlen müssen, sondern weil sie auch von ihren Lieferanten die Produkte für höhere Preise beziehen müssen, weil auch diese natürlich mit höheren Personalkosten kalkulieren müssen.

Die Folge ist dann eine höhere Inflation. Die Freude auf die höheren Löhne werden also bei den Menschen dann schnell wieder getrübt, weil auch die Preise steigen werden.

Wer davon vor allem davon profitieren wird, ist unser Staat. Dieser muss ja selbst nichts bezahlen, sondern verlangt das alles von den Unternehmen. Höhere Einkommensteuer sowie Abgabenlast läßt dann zusätzliche Einnahmen bei den Finanzämtern, Renten- und Krankenkassen sprudeln.

Allerdings ist auch das nicht so sicher. Denn niemand kann vorausschauen, wie viele Unternehmen sich dann keine noch höheren Personalkosten leisten und dann schließen müssen. Wir dürfen doch nicht immer nur unsere DAX und MDAX konzerne sehen. Millionen Mittel- und Kleinstunternehmen bilden das Rückrad unserer Volkswirtschaft. Und vor allem im Dienstleistungssektor haben die heute mit hohen Energie und Personalkosten zu kämpfen. Und viele von denen mußten berits in der Corona-Krise an ihre Reserven gehen und haben sich bis heute noch nicht davon erholt.

Wie gesagt, dass Thema ist sehr komplex. Und niemand weiß, was das für unsere Volkswirtschaft bedeutet. Bisher wurde ja immer nur sehr moderat und Bedacht erhöht. Diesmal soll aber, nachdem die Politik schon im Oktober 2023 den Mindestlohn eigenständig ohne Mitsprache der Mindestlohnkommission kräftig erhöht hat, nun ein weiterer kräftiger Schluck aus der Pulle erfolgen.

Und weil das alles so komplex ist, möchte ich es ungern in die Hände von Herrn Hubertus Heil legen.

Viel besser wäre es für unsere Bevölkerung und für unsere Unternehmen, wenn wir endlich mal unsere Abgaben und Steuern senken, die inzwischen die höchsten in der Welt sind. Viel sinnvoller wäre also "mehr Netto vom Brutto".

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – interessiere mich sehr für politsche Themen

DerGrafDuckula  19.06.2024, 13:07
Viel sinnvoller wäre also "mehr Netto vom Brutto".

Da stimme ich dir grundsätzlich zu, aber, eines der Argumente für den Mindestlohn war auch die damit verbundenen höheren Einzahlungen in den Rentenkassen. Vor allen frühere Arbeitnehmer mit sehr geringen Einkommen (oft "Hinzuverdiener"), z.B. Verkäufer*innen, Kassenkräfte haben wegen ihres niedrigen Lohnes damals heute nur geringe Rentenansprüche.

 Abgabenlast läßt dann zusätzliche Einnahmen bei den Finanzämtern, Renten- und Krankenkassen sprudeln.

Du hast damit das Thema auch richtig angeschnitten, aber für Geringverdiener lohnt sich "mehr Netto vom Brutto" oft auf längere Sicht nicht.

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Bluemie  19.06.2024, 13:21
@DerGrafDuckula

Rentenansprüche sind schon wieder ein anderes Thema.

Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass man unser Rentensystem dringend reformieren muß. In der jetzigen Form ist es einfach auf Dauer nicht überlebensfähig.

"mehr Netto vom Brutto" - Doch, garade für Gering- und Mittelverdiener ist das lohnenswert.

Es ist doch auch beschämend, dass unser Spitzensteuersatz bereits schon bei jährlich 66.000 Euro beginnt.

Bei Einkommen über 100k Euro sollte man den Steuersatz so lassen, wie er ist. Und bei Einkommen über 300k nochmal kräftig erhöhen.

Also ja, auch unser System der Einkommensteuer muß unbedingt reformiert und gerechter werden.

Das spielt aber alles bei der Betrachtung des Mindestlohnes keine Rolle.

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Den Mindestlohn anzuheben und alle anderen Löhne nicht, wäre sozial ungerecht und würde qualifizierte Arbeitskräfte benachteiligten. Alle Löhne und Gehälter müssen gleichermaßen angehoben werden um es weiter attraktiv zu halten sich fortzubilden und Zeit und Geld in eine qualifizierte Ausbildung zu investieren.

Besser wäre es aber die Inflation zu bekämpfen, Wohnraum wieder erschwinglich zu machen und Energiekosten zu senken, ebenfalls die Mehrwertsteuer damit der Lebensunterhalt bezahlbar bleibt.

Wenn der Lohn angehoben wird, steigen die Mieten und Immobilienpreise. Dagegen muss etwas unternommen werden, denn mittlerweile frisst die Miete den meisten Menschen den Großteil des Einkommens auf. Hier versagt die Ampel leider komplett und verschärft sogar noch das Problem.


Winkler123  19.06.2024, 12:14

Das Problem der hohen Mieten und dem großen Anteil an den Lebenshaltungskosten gibt es bereits seit Jahrzehnten. Das ist wohl kaum der Ampel anzulasten ...

Seit der Mindestlohnerhöhung sind die immobilienpreise sogar gefallen ...

Natürlich gibt es da keinen kausalen Zusammenhang. Aber das Gegenteil zu behaupten ist ein sehr unseriöser Versuch, die Ampel schlecht aussehen zu lassen.

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Ratgebbaer99  19.06.2024, 12:38
@Winkler123

Wie nitte? Wo lebst du denn dass sich die Mieten bei dir nicht erhöht haben und die Raten für Immobilien gesunken sein sollen???? Die Preise sind wegen der gestiegenen Zinsen gesunken, die Razen sind gestiegen. Seit Jahrzehnten wird nichts unternommen um das Problem zu lösen, weder unter Schröder noch jetzt während die SPD in Regierungsverantwortung ist. Wie kann man das nicht der SPD anlasten???? Die SPD unternimmt nichts um das Problem zu lösen, sondern führt durch die Zuwanderungspolitik zu zunehmender Wohnungsnot. Oder sollen alle Flüchtlinge für immer in den Heimen leben? Und Ukrainer brauchen keine Wohnungen? Bleib bitte realistisch. Wenn du mir konkrete Fakten nennen kannst wodurch die SPD etwas an der Situation verbessert haben soll, dann kannst du diese Fakten gerne schreiben, aber den Blödsinn die Immobilien wären erschwinglicher geworden kannst du dir sparen. Das Prinzip einzelne Dinge aus dem Kontext zu ziehen klappt bei mir nicht. Das kannst du wo anders versuchen.

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Winkler123  19.06.2024, 12:10

Das ist nicht so ! Aus emphatischer Perspektive (und die hat die SPD im Gegensatz zu anderen Parteien) ist erstmal eine menschenwürdige Basis zu schaffen ...

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Ratgebbaer99  19.06.2024, 12:18
@Winkler123

Ja.....indem man dafür sorgt dass das Leben wieder bezahlbar wird. Das ist dann eine menschwürdige Basis für ALLE ubd nicht nur für Menschen die vom Mindestlohn leben. Was soll eigentlich eine Fachkraft denke mn, wenn der ohnehin oft schon geringe Unterschied zu den Hilfskräften komplett verschwindet und man sich trotz Ausbildung plötzlich auf Mindestlohn -Niveau befindet? Das ist sozial ungerecht der Fachkraft gegenüber. Die SPD hat schon lange keine Empathie mehr und keine Ahnung was soziale Gerechtigkeit ist. Der letzte Funken Anstand und Gerechtigkeit sind mit Schröder als Kanzler verschwunden. Auch die Rolle der SPD zurzeit ist einfach menschenverachtend und sozial ungerecht.

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Wenn ein Koalitionspartner das bei seinem Wahlkampf verspricht, ist er auf die Hilfe der anderen Koalitionspartner angewiesen, wenn er das durchsetzen will.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Aktiver Politiker und Berufspolitiker