Warum steht das Verb in diesem Gliedsatz nicht am Ende?

5 Antworten

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Hallo,

in bestimmten Gliedsätzen ist es im Deutschen möglich, auf eine einleitende Subjunktion zu verzichten. Das betrifft folgende Fälle:

  1. Uneingeleitete abhängige Aussagesätze (= indirekte Rede). Hier kann man auf das einleitende "dass" verzichten, wenn man den Konjunktiv der indirekten Rede verwendet. Die Satzstellung im abhängigen Aussagesatz entspricht dann der Stellung im Hauptsatz (= finites Verb an Position 2). Beispiel: Er sagt, dass es ihm gut geht. = Er sagt, es gehe ihm gut.
  2. Konditionalsätze. Hier kann man auf das einleitende "wenn" verzichten, dafür wandert dann das finite Verb, das sonst am Satzende stünde, an dessen Position, wodurch der Satzbau hier dem in einer Entscheidungsfrage entspricht (= finites Verb an Position 1). Beispiel: Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich das nicht getan. = Hätte ich das gewusst, hätte ich das nicht getan.
  3. Konzessivsätze. In mit "wenn auch/selbst wenn" eingeleiteten Konzessivsätzen, kann man ebenfalls auf die Subjunktion verzichten und wie im uneingeleiteten Konzessivsatz stattdessen das finite Verb an deren Position setzen, wodurch sich das finite Verb wieder an Position 1 befindet. Hier tritt oft zusätzlich die Konjunktion "und" vor das Verb oder es wird "auch" eingefügt. Beispiel: Du musst es tun, selbst/auch wenn es dir noch so schwerfällt. = Du musst es tun, und fällt es dir noch so schwer oder: Du musst es tun, fällt es dir auch noch so schwer. Die Setzung von "und" bzw. "auch" ist dann unnötig, wenn das finite Verb im Konjunktiv steht oder ein Modalverb (meistens "mögen") den konzessiven Sinn ausreichend kennzeichnet: Du musst es tun, falle (!) es dir noch so schwer. / Du musst es tun, mag es dir noch so schwerfallen.
  4. Irreale Vergleichssätze mit "als ob". Hier ist die Besonderheit, dass nur der zweite Bestandteil der Subjunktion - also das "ob" ausfällt. Aber genau wie in ungeleiteten Konditional- und Konzessivsätzen folgt auf das "als" direkt das finite Verb an Position 1: Du redest, als ob du alles wüsstest. = Du redest, als wüsstest du alles.

So, ich hoffe, das hilft dir weiter.

LG

ChristophG333 
Fragesteller
 28.07.2023, 13:31

Vielen Dank für deine Mühe :) !!!

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Das konjugierte Verb steht nicht immer am Ende. Auch wenn dein spezieller Fall hier nicht bei ist, finde ich diese Übersicht ganz gut:

https://de.islcollective.com/deutsch-daf-arbeitsblatter/grammatik-praxis/grammatikerklaerungen/syntax-satzstellung/konjunktionen-und-satzbau/24499

ChristophG333 
Fragesteller
 27.07.2023, 17:21

Danke für die tolle Übersicht! Nachdem da nur so wenige (nebenordnende) Konjunktionen aufgelistet sind, habe ich mal gegoogelt und gar nicht all zu viel mehr gefunden - es scheint wohl nicht viel mehr davon zu geben?

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Meiner Meinung nach hat das mit einer Besonderheit von Konditionalsätzen zu tun. Man kann ja das einleitende wenn weglassen, wenn man dafür die Wortstellung än­dert und das Verb von der letzten Stelle auf die erste verschiebt:

Wenn er nicht bald vorbeikommt, dann ist es zu spät.
Kommt er nicht bald vorbei, dann ist es zu spät.

Ich weiß nicht, warum das so ist — der Gliedsatz in der zweiten Form hat das Verb nicht in Letztstellung, ermangelt einer einleitenden Konjunktion und hat das trennbare Präfix abgetrennt. Die deutsche Grammatik läßt so etwas in Gliedsätzen sonst nicht zu. Dein Beispiel zeigt dazu große Ähnlichkeiten, denn auch hier ist eine längere Form mit wenn möglich:

Du mußt es tun, und wenn es dir noch so schwerfällt
Du mußt es tun, und fällt es dir noch so schwer

Aufgrund dieser Ähnlichkeiten vermute ich, daß die Konstruktion mit dem konzes­si­ven oder konditionalen und ihren Ursprung in einem verkürzten Konditionalsatz hat, vielleicht in der Art von Du mußt es tun, und wenn es dir noch so schwerfällt, dann bleibt dir doch nichts anderes übrig.

Woher ich das weiß:Hobby – Angelesenes Wissen über Sprach­geschich­te und Grammatik

Ein anderes Beispiel wäre

Du musst <Verb>, und sei es (auch) noch so <Adjektiv>

Das ist einfach eine Art der Formulierung, in der die Wortstellung von der Regel abweicht.

Dein Beispiel ist einfach ein wenig poetisch im Stil einer Gedichtzeile formuliert.

Grundsätzlich liegst du richtig und es müsste heißen "und wenn es dir noch so schwer fällt".