Warum sind wir so Neoliberal geworden?

2 Antworten

Mir fällt auf Die Welt immer Egoistischer, Kapitalistischer, und Konsumistischer ist

Hier könnte man für die Beantwortung einmal die Maslowsche Bedürfnishierarchie heranziehen:

Die Basis bilden die physischen Bedürfnisse. Unter diese fallen unter anderem Ernährung, Gesundheit und Unterkunft. Obdachlosigkeit ist in Deutschland, beziehungsweise Mitteleuropa für fast alle Menschen kein Problem. Ebenso muss man kaum einen Gedanken an die medizinische Versorgung verschwenden. Diese ist im Wesentlichen gut und Krankheit aufgrund der guten Vorsorge und Hygiene kein Problem. Ernährung ebenfalls für fast alle kein Ding um das man sich Sorgen machen muss. Gerade in Deutschland sind Lebensmittel besonders preiswert.

Es folgen die Sicherheitsbedürfnisse. Der überwiegende Teil der Menschen muss im Alltag keine Unfälle oder Angriffe erwarten. Also gibt es auch hier keine Probleme.

Bei den sozialen Bedürfnissen, also unter anderem dem menschlichen Kontaktmöglichkeiten, gibt es in der Gesellschaft zwar wahrnehmbare Probleme, aber auch kann der überwiegende Teil der Bevölkerung die Bedürfnisse zufriedenstellen.

Die vorgenannten Punkte sind Fragestellungen, die in erster Linie in der Gruppe gelöst werden können und müssen. Es folgen also Punkte, die der einzelne Mensch für sich lösen kann:

In der nächsten Stufe stehen die Individualbedürfnisse. Auch diese können die meisten Menschen stillen. Nach der Arbeit und am Wochenede stehen für viele keine Pflichtaufgaben mehr an, sodass man nicht für die Gemeinschaft arbeiten muss, sondern sich selber verwirklichen kann.

Nun kommen die ästhetischen Bedürfnisse. Diese können nun wieder durch ein unglaubliches Angebot in Baumärkten, Internetshops und sonstiges gestillt werden. Also gibt es hier aus keine Herausforderungen mehr.

Somit sind für eine sehr große Gruppe der Bevölkerung die ersten sechs Stufen der überarbeiteten Bedürfnispyramide erfüllt.

Es folgen die Selbstverwirklichung und die Transzendenz... Hier kommt nun auch der neoliberalismus ins Spiel. Weil die Selbstverwirklichung oder gar die Transzendenz ist durch Gesetze, Vorschriften und ähnliches erschwert.

Da nun die ersten sechs Stufen der Bedürfnispyramide keine Herausforderung darstellen, quasi sogar schon selbstverständlich sind, setzten viele da an, wo sie nun die Herausforderungen sehen. Und das ist dann bei Regeln, die sie bei der Erreichung der beiden letzten Stufen erschweren. Hier bietet der Neoliberalismus mit seinem Abbau von Reglungen einen -zumindest scheinbar- vielversprechenden Ansatz.

Postuliert man, dass der Abbau von Regeln die ersten sechs Stufen der Pyramide nicht beeinträchtigen, oder sogar verbessern wird, ermöglicht zugleich eine einfachere und sozialadäquate Erreichung der letzten beiden Stufen.

Die Abschaffung der Reglungen ist also für einige das letzte Hindernis für transzendente Bedürfnisse.

Da dies in meinen Augen in den letzten Jahren von einer größeren Anzahl von Gruppen und sehr laut vorgetragen wurde, hat man (teilweise) diesen Weg eingeschlagen und mehr neoliberale Konzepte eingeführt.

Das ist eine sehr einseitige und pauschale Sicht. Der Kapitalismus hat in den letzten 70 Jahren die Ernährung auf der Welt grundlegend verbessert. Die Armut ist weltweit stark zurückgegangen, die Lebenserwartung steigt. Noch nie in der Geschichte hat die Welt so viel medizinische Versorgung und Zugang zu Bildung gekannt. Ausnahme ist Afrika, aber das hat ganz sicher nicht mit "zu viel Kapitalismus" zu tun, eher mit zu wenig Kapitalismus.