Warum sind die Gebrauchtwagen die zuerst um die 1000-2000.- gekostet haben, und noch einen TÜV hatten seit der Krise viel teurer geworden?


21.01.2023, 18:01

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2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich finde, man muss das von einer anderen Seite aufziehen: Es liegt auch daran, dass die Autos schon neu immer teurer wurden, auch durch serienmäßig gewordene Extras, leistungsstärkere Motoren und teilweise auch Assistenzsysteme. Da sind auch Gebrauchte an sich teurer, weil der Wertverlust zwar effektiv unverändert ist, aber die Grundpreise der Fahrzeuge neu schon über die Jahre angestiegen sind.

Der typische 1000-Euro-Hobel ist heute kein 15 Jahre alter Golf III mehr wie etwa 2008, sondern der selbe Golf III wie damals, nur dass er inzwischen eben deutlich älter ist und es allein altershalber schon weniger Exemplare gibt - teurer wurden die Dinger nicht mal, sie sind nur schwerer zu finden, weil viele schon längst entsorgt wurden.

Habe gerade in meinem Archiv einen Angebotszettel eines Autohauses (Vertragshändler, sehr angesehene Firma) vom Sommer 2004 gefunden - angeboten wurden als "Top Treffer" beworbene Gebrauchtwagen mit einem Jahr Garantie und neuer Inspektion sowie neuem TÜV bei Kauf. Eine herrlich kitschige Anzeige mit einer Art "gezeichneter Dartscheibe", auf die ein lachender Mann Pfeile mit Preisschildern dran warf! Allein die Annonce an sich ist schon zum Schießen. Was gab es damals? Angeboten wurden:

  • Ein 1997er Opel Omega B, Zweiliter, Automatik, 109.000 Kilometer, mit elektrischem Schiebedach, beworben "aus erster Hand" kostete 3950 Euro.
  • Ein 1994er BMW 316i (E36), 144.000 Kilometer, rotmetallic, mit Klimaanlage, Radio-Cassette, Doppelairbag, Alufelgen und elektrischen Fenstern, beworben "sehr gepflegt" kostete 3950 Euro.
  • Ein 1992er VW-Golf III, 90 PS, 199.000 Kilometer, Dreitürig mit ABS, Radio und geteilter Rückbank, beworben "für Anfänger" kostete 1950 Euro.
  • Ein 1994er Subaru Legacy "Sedan", 146.000 Kilometer, mit Ledersitzen, elektrischen Fensterhebern, Radio-CD, Klimaanlage und Allradantrieb, beworben "aus erster Hand mit Scheckheft" kostete 4400 Euro.
  • Ein 1989er Audi 80 1,8S, 159.000 Kilometer, TÜV 12/2004, rot, Radio-Cassette, Schiebedach, für 950 Euro "an Bastler und Anfänger". Den habe ich damals in der hintersten Ecke stehen sehen und musste spontan lachen, das weiß ich noch wie heute: Die Wolfgang Petry Cassette steckte noch so halb im "Audi beta" Autoradio und die "Wolfgang Petry - Alles" MC-Hülle lag in der Mittelkonsole.

https://www.youtube.com/watch?v=Mlt2xg_j5AY

Ich habe diese Autos damals alle gesehen. Der Audi war optisch gar nicht schlecht für sein Alter, weder vergammelt noch verbeult; den Golf habe ich als wenig ansprechend bis ungepflegt mit stumpfem Lack und einfachem Radio "VW alpha" ohne Cassettendeck in Erinnerung, der BMW stand super da und den erstklassig gepflegten Opel Omega hat zufällig ein Bekannter meines Opas gekauft und noch jahrelang ohne echte Probleme gefahren. Der Omega hatte übrigens keine Klimaanlage, hinten nur Fensterkurbeln und lediglich 115 PS als gehobene Limousine - so etwas findet man heute gar nicht mehr, auch das trieb die Preise. Den Subaru Legacy sah ich nur aus gewissem Abstand, weil mich das Auto nicht interessiert hat, aber wäre er eklig und ranzig gewesen, wäre es mir aufgefallen.

Waren damals absolut "normale Preise" für diese Autotypen. Heute wird man aber für 3950 Euro eher keine sieben Jahre alte obere Mittelklasse mit 109.000 Kilometern mehr finden, keinen zehn Jahre alten, angeblich "sehr gepflegten" 3er-BMW für 3950 Euro, keinen zwölf Jahre alten Golf für 1950 Euro und bei Subaru (da fehlt mir der Einblick) denke ich auch nicht, dass ein zehn Jahre alter Legacy für 4400 Euro zu haben ist. Ein 15 Jahre alter Mittelklasse-Audi mit 159.000 Kilometern - das wäre ein 2008er A4, der um die 5000-6000 Euro kostet, aber schon neu mehr als doppelt so viel wie ein Audi 80 im Jahr 1989 kostete: Von meinem 80 habe ich noch die Neuwagenrechnung über 28.000 D-Mark im Sommer 1988; 2008 kostete der typische A4 schon mehr als 28.000 Euro, mit ein paar sinnvollen Extras noch deutlich mehr. Außerdem war der Audi 80 bereits 2004 total veraltet ohne ABS und Airbags, ggf. ohne Servo wie meiner, und der 2008er Audi A4 ist heute noch absolut zeitgemäß in jeder Hinsicht - und hat viel mehr Leistung unter die Haube als die 90 PS, die der Audi 80 leistete.

Einen Opel Omega B hatte ich vor Jahren mal selber, der Zweiliter hätte '97 neu mit ein paar Extras irgendwas um die 40.-45.000 D-Mark gekostet. Das entspricht heute etwa 25.000 Euro und dafür bekommt man keine fabrikneue, in Deutschland hergestellte Qualitätslimousine der gehobenen Mittelklasse mehr - siehe Audi A4.

Die kosten heute alle in etwa doppelt so viel, wenn man sich in der selben Region umsieht - das hat sich über die Jahre auch ohne Corona, Ukrainekrise usw. so ergeben, weil die Autos an sich luxuriöser und teurer geworden sind. Allerdings blendet der deutsche Michel so was aus, auch weil ihm dafür der Blick fehlt und er lieber gern mal nach dem Motto "Hauptsache geschimpft" loswettert, ohne die Hintergründe zu kennen.

Woher ich das weiß:Hobby

Geruchsblind 
Fragesteller
 21.01.2023, 17:38

Habe vor 2 Jahren meinen Octavia Kombi mit 250 tkm um 1300.- mit neuen TÜV 90 PS Diesel gekauft, und der war schon 19 Jahre alt, hat jetzt 299 tkm drauf, sowas bekommt man jetzt nicht mehr... bin aus Österreich deshalb Diesel. Muss aber für ein neues Pickerl um die 1000.- reinstecken, ich glaube das wäre das beste, Oder ? (Hinterachse, Bremsleitungen, Bremsen gehören neu)

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rotesand  21.01.2023, 17:43
@Geruchsblind

Solche Autos sind inzwischen einfach auch altershalber zusammengelutscht worden und kaum noch zu finden, weil der Bestand jedes Jahr geringer wurde - das ist ja dann noch der ganz alte Octavia (der ab 1996), die sieht man auch in Deutschland nur noch phasenweise als Fließheck, in dem irgendein Opa sitzt; die Kombis gibt es kaum noch, weil sie über die Jahre kaputtgemacht worden sind als billige Transportmittel und emotionslose Vielfahrerautos. Es hieß bei solchen Autos oft ... ist doch nur ein alter Skoda/Golf/Audi 80, schmeiß' ihn weg - entsprechend hat kaum jemand so was aufgehoben oder Zeit und Geld investiert.

In Österreich ist der Markt generell kleiner als in Deutschland und daher sind Gebrauchte dort auch seltener und teurer - das war jedoch schon immer so. Ich beobachte den Markt seit rund 20 JAhren und habe manchmal vergleichsweise auch österreichische Preise verglichen - die Österreicher waren kfz-mäßig damals schon teurer, leider habe ich keine alten Unterlagen mehr dazu.

Wenn ein neuer TÜV irgendwie machbar ist, warum nicht. Ich habe meinen Mercedes W202 auch ewig und viiiiiel länger als geplant behalten, weil er so zuverlässig war (zum Schluss hin 287.000 Kilometer) und erst mit 26 Jahren außer Dienst gestellt, weil neuer TÜV zwar machbar gewesen wäre, aber nicht mehr wirtschaftlich angesichts der hohen Laufleistung. MAn muss schauen, was es einem wert ist - irgendein anderer Gebrauchter für wenig Geld muss nicht besser sein als dein alter Skoda, den du zumindest kennst und wo du weißt, wo du dran bist.

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rotesand  21.01.2023, 17:46
@Geruchsblind

Ja, das war dann das erste Facelift ca. Ende 2000, ich erinnere mich - da wurde auch der Innenraum verschönert. War damals ein tolles Auto, hat mir gut gefallen - die Verarbeitung war nicht schlechter als im Audi A4 oder im Passat. Aber auch die sind inzwischen relativ rar geworden - man sieht allenfalls mal die Limousine in "Rentnerbesitz".

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Geruchsblind 
Fragesteller
 21.01.2023, 17:59
@rotesand

Hab ein Bild vom Auto reingegeben als ich den gekauft hab, ich sage dir so eine Farbe sieht man wirklich nicht oft ;)

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rotesand  22.01.2023, 11:57
@Geruchsblind

Hat durchaus Stil - gefällt mir, ich mag solche speziellen Farben.

Mein Mercedes E200 W211 ist "nur" silbern, dafür aber recht gepflegt aus erster Hand von einem Rentner. Das war mir dann wichtiger als die Farbe.

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Geruchsblind 
Fragesteller
 22.01.2023, 12:40
@rotesand

Immer wenn mir mit den Auto in Kroatien auf Urlaub waren, kommen wir uns damit vor wie wir einheimische wären, mit ihren Baustellenfahrzeug ;) Davor hatten wir einen Passat 3BG Kombi, (war super), nur der Rost... so wie der Vectra b Kombi mit 22 Jahren noch kein Rost, nur ZF war kaputt, hatten jedes Jahr, oder zweites Jahr ein neues mit 1200-1500 mit neuen Pickerl, P.S. Bis der TÜV uns scheidet ;)

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Das Problem ist, dass eine Zeit lang keine neuen Autos nachkamen. Daher sind viele zu Gebrauchtwagen gegangen um die Zeit zu überbrücken. Das lässt die Preise steigen.