Warum kommt kein Notarzt, sondern Sanitäter, wenn man 112 anruft?

10 Antworten

Ein Notarzt kommt wenn der Anrufer am Telefon lebensgefährliche Symptome mitteilt, ggf. wird ein Notarzt auch erst an der Einsatzstelle von den Sanitätern nachgefordert sofern nötig.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

ichselbstbins 
Beitragsersteller
 17.01.2021, 23:50

Also muss ich Herzschmerzen haben, rasender Blutdruck reicht nicht?

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SF0707  17.01.2021, 23:55
@ichselbstbins

Rasender Blutdruck ist natürlich nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, es muss natürlich immer mit dem schlimmsten gerechnet werden und meistens entscheiden die bereits bekannten Vorerkrankungen über das Vorgehen der Rettungskräfte.

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Micha2575  18.01.2021, 01:59
@ichselbstbins

1. Was ist rasender Blutdruck?

2. Wer kommt entscheidet der Disponent nach einem standardisierten Abfrageschema. Im Zweifel wird zunächst ein RTW in Marsch gesetzt, der Notarzt bei Bedarf nachgefordert.

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Es kommen die Einsatzmittel welche der Disponent für erforderlich hält.

Der Disponent entscheidet, ob ein Notarzt mitkommt.

Nach Bedarf wird der nachgeschickt oder von dem RD-Personal nachgefordert, wenn das nötig ist.

Der Notarzt muss für Notfälle, wie z.B. Verkehrsunfall, Herzinfarkt, Schlaganfall, frei sein und kann deshalb nicht zu jedem Einsatz mitgeschickt werden.

Von Experte iwaniwanowitsch bestätigt
Warum kommt kein Notarzt, sondern Sanitäter, wenn man 112 anruft?

Wenn Du über den Notruf 112 einen medizinischen Notfall meldest, dann kommen die Rettungskräfte, die für den Notfall erforderlich sind.

Sprich: Der Disponent, der normalerweise sowohl rettungsdienstlich als auch feuerwehrtechnisch hoch qualifiziert ist, entscheidet aufgrund Deiner Beschreibung der Situation, einer computergestützten Empfehlung und seiner Erfahrung und Einschätzung, ob er einen oder mehrere Rettungswagen (normalerweise jeweils besetzt mit einem Notfallsanitäter und einem Rettungssanitäter oder sogar zwei Notfallsanitätern) oder zusätzlich auch noch ein oder mehrere Notarzteinsatzfahrzeuge (besetzt jeweils mit einem Notarzt und einem Fahrer, meist Notfallsanitäter oder Rettungssanitäter) zum Einsatzort entsendet.

Auf diese Weise kann der Notarzt sehr effektiv eingesetzt werden. Denn es wird ja nicht für jeden medizinischen Notfall ein Notarzt benötigt. In vielen Fällen können die Sanitäter den Patienten allein versorgen und zur weiteren Behandlung ins Krankenhaus fahren. Wäre der Notarzt dann fest an Bord des Rettungswagens (dann spricht man von einem Notarztwagen), dann wäre der auch bei leichten Fällen an diesen Patienten und dieses Fahrzeug gebunden, während er vielleicht an anderer Stelle bei einem lebensbedrohlichen Notfall fehlen würde.
Beispielsweise eine Schnittverletzung: Hier muss nicht sofort ein Notarzt anwesend sein - vielmehr reicht es, wenn ausgebildete Notfallsanitäter, die immerhin auch eine dreijährige Ausbildung absolviert haben, die Wunde erstversorgen und die Blutung stillen und den Patienten dann relativ schnell zur weiteren Behandlung ins Krankenhaus verbringen.

Alles eine Sache der Wirtschaftlichkeit und Verfügbarkeit. Denn es gibt nicht so viele Notärzte, als dass jeder Rettungswagen ständig mit einem besetzt werden kann. Zudem wäre das auch recht teuer. Also müssen die vorhandenen Notärzte möglichst effizient eingesetzt werden und nur dann zum Einsatz kommen, wenn sie auch wirklich gebraucht werden.

Weil man sich in den europäischen Ländern aus verschiedenen Gründen für das sogenannte "Rendezvous- Rettungssystem", also für die getrennte Anfahrt von nichtärztlichem Rettungsfachpersonal und Notarzt entschieden hat, andere Länder, USA, Kanada etc., arbeiten wiederum nach dem sogenannten "Paramdeic- System", d.h. in der außerklinischen Notfallversorgung, kommt ausschließlich entsprechend qualifiziertes, nichtärztliches Rettungsfachpersonal, die sogenannten Paramedics zum Einsatz.

Grund für das "Rendezvous- Rettungssystem" ist, dass nicht für jeden medizinischen Notfall auch direkt ein Notarzt an der Einsatzstelle erforderlich ist, im Gegenteil, statistisch, werden rund 80% aller Rettungsdiensteinsätze ohne Beteiligung eines Notarztes abgearbeitet, der Notarzt ist also nur bei rund 20% aller Einsätze überhaupt erforderlich. Grund dafür, ist die hohe Qualifizierung des nichtärztlichen Rettungsfachpersonals bzw. des medizinisch verantwortlichen Transportführers in der Notfallrettung auf Rettungswagen (Notfallsanitäter/innen), diese sind gemäß Paragraph 4 des Notfallsanitätergesetzes (NotSanG) für die eigenverantwortliche notfallmedizinische Erstversorgung von Notfallpatientinnen und Notfallpatienten qualifiziert. Ein Notarzt wird entsprechend des Notarztindikationskataloges bei bestimmten Notfällen direkt mitalarmiert und rückt dann zumeist mit einem Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) parallel mit dem Rettungswagen zum Notfallort aus oder aber er wird vom nichtärztlichen Rettungsfachpersonal vor Ort nachalarmiert und kommt dann ebenfalls zumeist mit dem NEF hinzu, insbesondere in ländlichen Regionen aber auch des öfteren mit dem Rettungshubschrauber (RTH).

PS: ich habe mir unten mal so ein paar Kommentare durchgelesen und offensichtlich, war der Grund für den Notfalleinsatz ein erhöhter Blutdruck gewesen. Dass ist nicht immer ein Grund für den Notarzt, man muss zunächst einmal zwischen einer "hypertensiven Entgleisung"= Blutdruckwerte erhöht aber sonst keine Symptomatik und zwischen einem "hypertensiven Notfall"= Blutdruckwerte erhöht UND zusätzlich Zeichen einer Organbeeinträchtigung wie Kopfschmerzen, hochroter Kopf, Schwindel, Nasenbluten, Brustschmerzen etc. unterscheiden. Bei einer hypertensiven Entgleisung, ist eine akute Therapie nicht erforderlich, Transport in ein geeignetes Krankenhaus, bei einem hypertensiven Notfall hingegen, ist ein akutes Handeln in Form von einer medikamentösen Blutdrucksenkung indiziert, dazu bedarf es aus notfallmedizinischer Sicht allerdings auch nicht immer einem Notarzt, Notfallsanitäter sind darin ausgebildet worden, bestimmte Notfallmedikamente zu verabreichen und können die blutdrucksenkenden Arzneimittel Urapidil und Nifedipin eigenverantwortlich verabreichen, ob sie es allerdings auch dürfen, dass ist momentan noch vom ärztlichen Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) des jeweiligen Landkreises abhängig, ansonsten, arbeiten sie im allgemeinen "rechtfertigenden Notstand" nach Paragraph 34 Strafgesetzbuch (StGB), womit sie allerdings keine rechtliche Sicherheit haben, deswegen, wird in den Landkreisen, in denen der ÄLRD das jeweilige Notfallmedikament für das entsprechende notfallmedizinische Zustandsbild nicht standardmäßig vorgegeben hat, dann aus rechtlichen Gründen zumeist ein Notarzt angefordert.

Mfg.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.

Rollerfreake  18.01.2021, 18:45

Fakt ist, dass wir in Deutschland was Ausbildung des Rettungsfachpersonals und Ausstattung der eingesetzten Rettungsmittel einen der besten Rettungsdienste auf der Welt haben, in manchen direkten Nachbarländern, sieht beides schlechter aus, so ist z.B. in Österreich nur die Berufsbezeichnung "Notfallsanitäter/in" dieselbe, was die Ausbildung angeht, ist es aber ein massiver Unterschied, hier drei Jahre mit anschließender staatlicher Prüfung, in Österreich sind es lediglich 780 Stunden (5 Monate) Regelausbildung. In manchen anderen EU- Ländern, ist die Ausbildung zwar noch länger, dafür gibt es in diesen Ländern aber auch kaum Notärzte. Mfg.

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