Warum kann heute ein Alleinverdiener in der Regel keine Familie mehr versorgen?

22 Antworten

Die Ansprüche sind gestiegen.

In meiner Familie (ich bin Jahrgang 1962) gab es ein Auto. Das erste war ein Opel Kadett mit Stufenheck (vergleichbar etwa mit dem VW Jetta). Damit sind wir (2 Erwachsene, 2 Kinder, ein Königspudel und Gepäck) über die Alpen nach Jugoslavien in den Urlaub gefahren.

Heute muss sofort ein Van oder SUV her, sobald ein Kind da ist. Plus noch ein Auto für den Ehemann. Plus ein schicker Fernseher. Plus Spielekonsolen. Plus ...

Den ersten Fernseher bekamen wir 1969. Die erste Spielekonsole bekam ich, als ich bei einem Konsolenhersteller gearbeitet habe. Einen Flatscreen-TV habe ich bis heute nicht.

Alles nur an den Löhnen festzumachen, ist nicht richtig.


Orgrim 
Beitragsersteller
 20.06.2017, 14:36

Da gebe ich dir vollkommen Recht. Die Ansprüche sind gestiegen.

Aber in vielen Fällen hat man aber auch nicht wirklich die Wahl. Wenn
eine gewisser Prozentsatz in einer Gesellschaft etwas hat/nutzt, ist man
irgendwie gezwungen da mitzuziehen, ob man das nun möchte oder nicht.

Denn wenn man dies nicht tut, ist man sehr schnell am Rande der
Gesellschaft.

Dies müsste aber irgendwie bei den Löhnen berücksichtigt werden.

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Seeheldin  20.06.2017, 14:40
@Orgrim

Warum soll mein Arbeitgeber meine Eitelkeiten oder meine Status-Wünsche bezahlen?

Außerdem fühle ich mich auch ohne Flatscreen, Pay-TV und mit altem Auto nicht am Rande der Gesellschaft.

Meine Eltern mussten sehr rechnen. Wir hatten nie das, was die anderen hatten, und es ging auch.

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Hallo!

Ich kenne etliche Alleinverdienerfamilien & bin der Meinung, dass das nach wie vor gut funktionieren kann ------> allerdings nur, sofern man nicht auf zu großem Fuß lebt bzw. mit seinem finanziellen Background wirtschaften kann.

Oftmals ist es aber im Gegenteil zur früheren Situation so, dass viele Familien sehr hohe Ansprüche haben bzw. sich mit anderen zu messen versuchen oder gar übertrumpfen bzw. den Kindern "um jeden Preis was bieten will" und dadurch über den Verhältnissen leben die sie sich einrichten könnten ------> es MUSS der teure VW-Kombi für den Papa plus dem neuen Polo für die Gattin sein statt dem preiswerteren Japaner, es MUSS eine exklusive Wohnungseinrichtung sein und auch mindestens zwei Urlaubsreisen pro Jahr plus Skiurlaub sind heute auch oftmals Standart. Nicht zu vergessen Musik- und Sportunterricht, Markenkleidung die mit jedem Trend gewechselt wird, Handy für alle Kids, jeweils die neuesten Kreationen der Unterhaltungselektronik, ein anbezahltes, mit exklusiven Möbeln nach Trend bestücktes und allgemein gehoben ausgestattetes Haus statt der angemieteten Wohnung die eigentlich ausreichend wäre und jede Menge anderer Dinge, die Geld kosten. Das schröpft den Haushalt mehr.

Ich bin in einem solchen "Alleinverdienerhaushalt" aufgewachsen & es hat absolut problemlos und ohne Verzicht funktioniert. Allerdings war die Wohnung gemietet, wir fuhren den alten Mercedes 23 Jahre lang bis sich kein Rad mehr drehte und mein Opa freiwillig aufs Autofahren verzichtete, Urlaubsreisen waren kein großes Thema (und wenn, dann führten sie uns mit einer Ausnahme nach Bayern oder Österreich) und wir lebten in geordneten Verhältnissen. Ich hatte keine Spielkonsole, dafür ein einfaches Radio und mein Fernseher, den ich mit 14 bekam war ein geschenktes betagtes Nordmende Campinggerät mit schwarzweißem Bildschirm & Zimmerantenne für drei Programme und ich war total stolz drauf diesen Luxus zu haben -----> ich war zufrieden. Ich hatte ein Fahrrad und war ansonsten Fußgänger, als ich in der Lehrzeit den Führerschein machte habe ich mir einen alten Audi für 500 Euro gekauft. Hat alles vollkommen ausgereicht.

Wir waren nicht arm und führten kein Leben auf Sparflamme oder am Limit, allerdings lebten wir auch nicht über unsere Möglichkeiten hinaus. Und das ist heute ein zusätzliches Thema. 

Ein anderes Thema ist, dass die Kinder damals früher in den Beruf gingen und sich dann selbst ein wenig beteiligen konnten bzw. manches subventionierten. Heute studieren sie oft und verdienen frühestens mit Mitte 20 eigenes Geld, leben bis dahin im Grunde auch auf Kosten der Eltern & das kann dann tatsächlich kein Alleinverdiener mehr stemmen.

Hoffe ich konnte helfen!

Ja,die Mieten sind ja enorm gestiegen. Die Lebensmittel auch. Oft geht ja schon fast ein ganzes Gehalt für Miete,Heizung,Strom drauf.Dann musst Du aber auch noch leben vom 1. bis zum 31.

Ich zweifle die Aussage an. Mit einem mittleren Einkommen kann man auch heute eine durchschnittliche Familie ernähren. Die Frage ist, wie der Standard ist.

Aber in den vergangenen 30 Jahren sind die Ansprüche auch mächtig gestiegen. Damals gab es nicht in jedem Zimmer einen Fernseher, Laptops, Tablets, iPhones für alle und dazu noch Netflix und Maxdome.


Orgrim 
Beitragsersteller
 20.06.2017, 14:41

Da gebe ich dir vollkommen Recht. Die Ansprüche sind gestiegen.

Aber in vielen Fällen hat man aber auch nicht wirklich die Wahl. Wenn
eine gewisser Prozentsatz in einer Gesellschaft etwas hat/nutzt, ist man
irgendwie gezwungen da mitzuziehen, ob man das nun möchte oder nicht.

Denn wenn man dies nicht tut, ist man sehr schnell am Rande der
Gesellschaft.

Dies müsste aber irgendwie bei den Löhnen berücksichtigt werden.

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archibaldesel  20.06.2017, 14:58
@Orgrim

Wir reden deiner Frage entsprechend von einem Durchschnittseinkommen. Dann kann sich der Durchschnitt aber insgesamt den Standard nicht leisten.

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Ich stimme nicht den Antworten zu, dass die Ansprüche stark gestiegen sind.

Tatsächlich wurde es inzwischen statistisch bewiesen, dass vor allem die junge Generation nicht mehr die Reallöhne bekommen, die ihre Eltern bekommen haben.

Wir leben in einer Gesellschaft, in der ein Teil der Bevölkerung mit Hartz IV aufstocken muss, weil das Geld eben nicht zum Leben reicht.

Früher konnte sich der einfache Arbeiter es leisten ein Eigenheim zu bauen. Heutzutage müssen Akedemiker hoffen, dass er/sie das Eigenheim finanzieren kann.

Miete, Lebensmittel, Strom, Benzin... alles was man für den tagtäglichen Bedarf benötigt ist stark angestiegen. Einem Anstieg, den übrigens die Löhne nicht mitgehalten haben.

Zudem hat sich die Lebensdauer von Anschaffungen reduziert. Meine Mutter hatte zig Jahre ihren Röhrenfernseher. Jetzt ist dieser über den Jordan gegangen und sie hat sich einen neuen Fernseher angeschafft. Diesem wurde bereits eine deutliche Lebensdauer prophezeit als der alte.

Lohnkosten wurden zu den Kosten, wo man am liebsten die Kostenschraube ansetzte. Firmen hätten gerne Mitarbeiter, die das Gehalt eines Ungelernten beziehen, aber mindestens 10 Jahre Erfahrung haben. Was nicht berücksichtigt wird, ist, dass einem mögliche Konsumenten weniger Geld zum konsumieren bleibt.

Aber das ist auch nicht wichtig. Schließlich sind wir Exportweltmeister.

Aber auf lange Sicht gesehen wird es zum Problem werden.

Zu der Alleinverdiener-Thematik möchte ich noch sagen, dass derjenige, der seinen Beruf zu Gunsten des Partners aufgibt ein großes Risiko eingeht und sich in finanzielle Abhängigkeit begibt. Es wird dann schwierig werden sich scheiden zu lassen, wenn man beispielsweise betrogen wird. Denn nach der Scheidung wird es schwierig einen Job zu finden, bei dem man genug verdienen könnte, dass man davon leben könnte. Der Expartner wird dann aber sagen, dass er/sie nicht Unterhalt zahlen will, weil man ja selber arbeiten gehen könnte.

Mal abgesehen davon, dass es Menschen gibt, die einfach gerne arbeiten, unabhängig von deren Geschlecht.

Die Diskussionen, die diese Menschen dann mit Menschen haben, die die klassische Rollenverteilung als das einzig Wahre sehen, wird dann eben leicht umgangen mit der Aussage, dass andernfalls nicht das Geld reicht.


CamelWolf  21.06.2017, 08:36

Es stimmt einfach nicht, was Du hier zum Thema Preissteigerungen schreibst. Benzin, Lebensmittel, Strom...das sind alles Güter, die im Verhältnis zum Durchschnittseinkommen eher billiger geworden sind. So musste ein Arbeiter Anfang der 50er Jahre rd. 50 Pfennig für einen Liter Sprit ausgeben, bei einem Stundenlohn von rd. 2 DM. 

http://www.was-war-wann.de/historische_werte/benzinpreise.html

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catchan  21.06.2017, 21:09
@CamelWolf

Hast du dir deinen eigenen Link eigentlich mal selber durchgelesen? Oder Gedanken gemacht welche Jahrgänge die traditionelle Rollenteilung leben/gelebt haben?

In den
60er und
70er
Jahren änderte sich die Arbeitsmarktsituation
positiv – und mit ihr
auch die Stundenlöhne. Daher
wurde Sprit „erschwinglicher“ und das Auto zog immer
mehr in die Gestaltung des Alltags ein. In dieser
Zeit schwankte der Benzinpreis stets zwischen 30 bis
35 Cent pro Liter.

Bis 1977 musste die Frau lt. deutscher Gesetzgebung die Erlaubnis ihres Mannes einholen, wenn sie arbeiten wollte. Somit ist davon auszugehen, dass das Umbruchdenken mit berufstätigen Frauen sich erst ab den 80ern Jahren eingependelt hat und das auch erst langsam. Der Link von dir beschreibt übrigens sehr schön, dass der Spritpreis seit den 90ern kontinuierlich steigt.

Und nun haben wir auf der anderen, zusätzlichen Seite den Verbrauch. Wenn man früher schon lange zur Arbeit gefahren ist, wenn man eine halbe Stunde gefahren ist, war das lang. Heute ist eine Stunde einfach nichts mehr besonderes. Zumindest hier auf dem Land braucht aber die Frau ebenfalls das Auto. Wie sonst soll sie einkaufen fahren, die Kinder zu ihren Aktivitäten fahren, zum Arzt fahren und und und? Wenn viele hier das zweite Auto als Luxus beschreiben, kann ich darüber nur verständnislos den Kopf schütteln. Denn hier ist das Auto das einzige Transportmittel, das einen von  A nach B bringt.

Von den anderen gestiegenen Kosten in puncto Auto möchte ich erst einmal gar nichts sagen.

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