Warum ist die Bindungsenergie negativ?

3 Antworten

Hallo lilli5555,

wo würdest Du in einem Gelände einen Ball postieren, wenn der da liegen bleiben soll - auf einem Hügel oder in einer Kuhle?

Entscheidend ist, da hat gabr1eL44 ganz Recht, die Potentialdifferenz zum „offenen Raum“ r→∞. Allerdings halte ich die „reine Konvention“ das - wie auch immer geartete - Potential im offenen bzw. leeren Raum gleich Null zu setzen, für sehr sinnvoll.

Bei einem Kepler-Problem (Gravitation, Coulombfeld) kann man auch anhand der Summe E aus potentieller und kinetischer Energie - nämlich an dem Vorzeichen - erkennen, ob die Bahn elliptisch (kreisförmig eingeschlossen, dann ist E<0), parabolisch (E=0) oder hyperbolisch (E>0) ist. Natürlich kann man nur bei E<0 von Bindungsenergie sprechen.

Allgemeiner gesprochen ist die Bindungsenergie diejenige Energie, die man als Arbeit aufbringen müsste, um die Bindung zu lösen.

Weil es keine absoluten Energiewerte gibt, sondern immer nur relative. Das bedeutet, dass du auch den Nullwert für die Energie quasi frei wählen kannst und für ein Elektron nimmst du eben den freien Zustand ohne Bewegungsenergie als Nullwert für die Energie.

Wird nur ein Elektron an ein Atom gebunden wird Energie freigesetzt, welche du später wieder zuführen musst um ein freies Elektron zu erzeugen. Du führst also positive Energie in die negative Bindungsenergie zu, um wieder auf Null zu kommen.

Ist aber reine Definitionssache.


lili5555 
Beitragsersteller
 08.04.2018, 13:35

Den ersten Teil habe ich nicht wirklich verstanden 😂 aber den zweiten. Dankeee

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gabr1eL44  08.04.2018, 13:49
@lili5555

Der erste Teil bedeutet einfach nur, dass es physikalisch nicht möglich absolute Energiewerte zu bestimmen. Du kannst also nicht einfach hingegen und an einem Objekt die Energie bestimmen und diese an einer Zahl festmachen. Du kannst immer nur die Differenz zwischen zwei Werten bestimmen, also die Energie relativ bestimmen.

Die absolute Höhe eines Berges kannst du auch nicht bestimmen, sondern du kannst z.B. nur die relative Höhe zum Meeresspiegel bestimmen. In dem Fall würdest du die Meereshöhe als 0 Meter festlegen und dann relativ dazu die Höhe des Berges bestimmen.

Beim Elektron machst du das genau so. Wie viel Energie in einem ruhenden und ungebunden Elektron steckt weißt du nicht (es gibt z.B. auch immer noch die Ruhemasse und damit die Ruheenergie des Elektrons). Du legst aber einfach willkürlich die Energie hier auf 0 fest und bestimmst du die anderen Werte relativ dazu. Bewegt sich das Elektron kommt Bewegungsenergie hinzu, also positive Energie, bindest du das Elektron, verliert es Energie, und deswegen kommst du dann auf negative Werte.

Du könntest aber genau so gut einem Elektron im tiefst gebunden Elektronenzustand den Energiewert 0 zuweisen. In dem Fall hätte dann ein freies und ruhendes Elektron nicht mehr die Energie 0, sondern positive Werte.

An den qualitativen Ergebnissen ändert das in der Physik nichts, das sind einfach mathematisch (wenn gleich auch sinnvolle) Tricks.

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lks72  08.04.2018, 14:04

Der Teil mit der Höhe über dem Meeresspiegel taugt nicht als Beispiel, denn das ist ein anderes Problem. Die Höhe ist im Rahmen der potentiellen Energie die intensive Größe der extensiven Größe Masse, E = m • g • h. Wenn nun eine Größe wie hier die Masse eine Erhaltungsgröße ist, dann kann man die intensive Größe h bezüglich des Nullpunkts nehmen wie man will, bei Nichterhaltungsgrößen wie etwa der Entropie geht das nicht, deshalb muss man dort auch die absolute Temperatur T nehmen und kann den Nullpunkt nicht wählen wie man will. Bei der Frage geht es aber um was anderes : Natürlich hat ein Körper eine bestimmte Energie, mit E = m • c² kann man diesen Wert auch genau bestimmen, negative Werte gibt es hier nicht. Da diese Größen aber für Prozesse zu groß sind, nimmt man einfach Differenzen, und das Vorzeichen dieser Differenzen hängt natürlich vom Bezugssystem ab, das ist klar.

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gabr1eL44  08.04.2018, 14:27
@lks72

Sind das dann absolute Werte? Nimm ein ruhendes Elektron. Dann kannst du mit der Ruhemasse m0 die Energie nach E=m0c^2 berechnen. Wechselst du nun das Bezugssystem und bewegst dich mit hoher Geschwindigkeit, so bewegt sich nun das Elektron und erhält plötzlich eine höhere Masse. Damit hat das Elektron auch eine höhere Energie. Welche von diesen beiden absoluten Energien ist dann deiner Meinung nach die richtige? Absolute Werte sind unabhängig von der Wahl des Beobachters, eben wie die Ladung eines Elektron oder die Lichtgeschwindigkeit. Die Masse ist eben keine absolute Größe, sondern lediglich die Ruhemasse.

Ebenso ist auch die potentielle Energie immer relativ, da du den Koordinatenursprung frei wählen kannst. Und auch die Energie eines freien und ruhenden Elektrons ist mit 0 willkürlich gewählt, da eben auch der Ruhezustand eines Elektrons nicht absolut ist, wie man durch Wechsel des Inertialsystems feststellen kann.

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lks72  08.04.2018, 15:09

Natürlich ist die Energie bezzugsystemabhängig, dies stellt ja hier niemand in Frage. Dies ändert aber nichts daran, dass es bei der Frage um Differenzen geht. Meine Wortwahl im letzten Satz war natürlich unglücklich, es geht nicht um verschiedene Bezugssystem als solche , sondern um verschiedene Nullpunkte, also Bezugspunkte.

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lks72  08.04.2018, 15:14

Um es deutlich zu machen : Zuerst wird das Bezugssystem festgelegt ... Danach kommt die Frage nach der negativen Bindungseneegie , und dies ist eine Frage der Differenzen . In einem vorher festgelegten Bezugssystem kannst du den Nullpunkt der intensiven Größe h danach aber trotzdem beliebig festlegen, weil eben die Masse eine Erhaltungsgröße ist, wohlgemerkt , das Bezugssystem ist ja vorher festgelegt. Ein Bezugssystemwechsel ist eine alternative mathematische Beschreibung derselben Situation, es ist damit klar, dass sich die Werte mancher physikalischen Größen, die ja nur Variablen in der physikalischen Theorie sind, auch ändern.

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lili5555 
Beitragsersteller
 09.04.2018, 20:02

Viel zu kompliziert 😩😩😩

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gabr1eL44  09.04.2018, 20:34
@lili5555

Welches Beispiel hattest du den ursprünglich? Die Bindungsenergie in der Chemie oder Physik? Ein Elektron das an den Atomkern gebunden ist oder ein Atom in einer Molekülverbindung? Nehmen wir mal das einfache Wasserstoffatom mit einem Proton und einem Elektron. Der normal ungebundene Zustand wäre einfach ein freies und ruhendes Proton und ein freies und ruhendes Elektron. Diesem Grundzustand weist du nun die potentielle Energie 0 zu. Bringst du nun das Elektron in die Nähe des Protons so wird dieses daran gebunden. Bei der Bindung, also wenn das Elektron vom Proton eingefangen wird, wird Energie in Form von Photonen freigesetzt. Dies ist die Bindungsenergie. Wenn du nun das Elektron wieder vom Proton befreien willst musst du diese freigewordene Bindungsenergie dem Elektron wieder zuführen. Die Bindungsenergie ist positiv, weil Photonen nur positive Energie davontragen können. Der Grundzustand des Elektrons wurde mi 0 festgelegt. Energie_gebundenesElektron + positive_Bindungsenergie = 0 => positive_Bindungsenergie = MINUS Energie_gebundenesElektron. Aus diesem Grund muss die potentielle Energie eines gebundenen Elektrons negativ sein. Analog geht es auch bei allen anderen Bindungen. Die Energie ist also quasi negativ, weil du dich unter dem Grundpotential des freien Zustandes befindest.

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lili5555 
Beitragsersteller
 13.04.2018, 15:35

Vielen Dank!!🙏🏼🙏🏼🙏🏼 Habe vorgestern Physik Abi geschrieben 😂😂 nie wieder Physik

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Warum sind Schulden bei einer Bank negativ? Weil du Kapital aufbringen musst, um in Freiheit (ins Unendliche) entlassen zu werden...


lili5555 
Beitragsersteller
 09.04.2018, 20:05

Sehr anschaulich, Danke. Aber sowas kann ich nicht in einer Klausur schreiben 😂 falls es im Abi dran kommen sollte

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