Warum hat Friedrich Nietzsche von übermäßigen Lesen abgeraten?
Hallo. Bei uns ist Sommerferien und hatte eigentlich viel vor aber es regnet nur noch und dieses Wetter deprimiert mich und bringt mich dazu nur zuhause zu bleiben und übermäßig zu lesen. Ich habe das Gefühl dass ich Menschenhass langsam entwickele..und dann habe ich mich Nietzsches Worte erinnert.
Er hat in seinem Werk "Also sprach Zarathustra" die Idee geäußert, dass übermäßiges Lesen und intellektuelle Beschäftigung dazu führen könnten, dass Menschen zu Misanthropen werden, also eine Abneigung gegenüber anderen Menschen entwickeln.
Kann jemand mir erklären warum da eine Zusammenhang besteht ? Ich meine man könnte vielleicht zurückhaltender werden aber Menschenhass ist was spezielles. Kann mir es jemand erklären ?
Danke im Voraus
6 Antworten
Nietzsche war sehr arrogant, meiner Meinung nach und deshalb geht es wohl darum, das man sich durch viel lesen und verstehen über die breite Masse von Menschen stellen kann. Wenn man das macht, dann könnte man auch Verachtung fühlen und dann ist Hass auf sie nicht mehr weit entfernt.
Nietzsche hat selber übermäßig gelesen. Er sah das aber nur als Erholung von seiner Arbeit:
„In meinem Fall gehört alles L e s e n zu meinen Erholungen: folglich zu dem, was mich von mir losmacht, was mich in fremden Wissenschaften und Seelen spazieren gehn lässt, — was ich nicht mehr ernst nehme. Lesen erholt mich eben von m e i n e m Ernste. In tief arbeitsamen Zeiten sieht man keine Bücher bei mir: ich würde mich hüten, Jemanden in meiner Nähe reden oder gar denken zu lassen. Und das hiesse ja lesen…“
-- Friedrich Nietzsche - „Ecce Homo - Warum ich so klug bin - Punkt 3“
Die Leute in den Kommentaren verhalten sich ja fast wirrer als Nietzsche 1899.
Bei uns ist Sommerferien und hatte eigentlich viel vor aber es regnet nur noch und dieses Wetter deprimiert mich und bringt mich dazu nur zuhause zu bleiben und übermäßig zu lesen.
Was ja erstmal eine sehr löbliche Handlungen ist.
Er hat in seinem Werk "Also sprach Zarathustra" die Idee geäußert, dass übermäßiges Lesen und intellektuelle Beschäftigung dazu führen könnten, dass Menschen zu Misanthropen werden, also eine Abneigung gegenüber anderen Menschen entwickeln.
Nietzsche stand, wie jeder brauchbare Philosoph, unter dem Einfluss Schopenhauers. Schopenhauer schrieb dazu:
Lesen heißt mit einem fremden Kopfe, statt des eigenen, denken.
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Lesen ist ein bloßes Surrogat des eigenen Denkens. Man lässt dabei seine Gedanken von einem anderen am Gängelbande führen.
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Lesen soll man also nur dann, wann die Quelle der eigenen Gedanken stockt; was auch beim besten Kopfe oft genug der Fall sein wird.
Kann jemand mir erklären warum da eine Zusammenhang besteht ? Ich meine man könnte vielleicht zurückhaltender werden aber Menschenhass ist was spezielles. Kann mir es jemand erklären ?
Ich weiß ja nicht, was du so außer Nietzsche sonst so liest, aber vielleicht solltest du dir überlegen, ob du nicht vielleicht doch viele schlechte Bücher liest.
Friedrich Nietzsche ist später selbst durchgeknallt und konnte sich die letzten zehn Jahre seines Lebens nicht mal mehr allein anziehen. Sich an so jemandem ohne Hinterfragung zu orientieren ist also nicht unbedingt so gut. Es sei denn man will auch so enden. Du willst doch nicht, dass deine Mama dich die letzten zehn Jahre deines Lebens anziehen muss, wie es bei Nietzsche war.
Der Misanthrop entwickelt keine Abneigung gegen andere Menschen, sondern gegen die Menschheit. Er kann also auch ein Philanthrop sein, sofern er einzelne Menschen mit bestimmten Eigenschaften mag.
Ich denke nicht, dass das Lesen grundsätzlich etwas mit Misanthropie zu tun hat. Aber da du von - vermutlich kompromisslosem - Menschenhass schreibst bist du kein Misanthrop sondern ein Menschenfeind.
- Probiere es mit einem Film anstatt mit Büchern. Die Filme „Menschenfeind“ und „Irreversible“ könnten deine Fragen erweitern. Darin geht es um Personen die Menschen hassen und was aus ihnen so wird oder was sie mal waren.
- Ziehe einen Therapiehund in Betracht. Da du Menschen nicht mehr so magst, könntest du es übergangsweise mit einem speziellen Hund probieren, der einen Bezug zu dir aufbaut und dein externalisiertes Ego verkörpert. Dann kannst du dich ganz um ihn kümmern und er ist dein Spiegelbild in Form einer Kreatur.
- Such dir ein Hobby in dem du ganz aufgehst und dich mit anderen (Menschen) direkt messen kannst, die das Hobby auch betreiben. Menschen sind nun mal kompetitiv. Aber wenn einer was zehn mal besser kann, was du am liebsten auch können würdest, fängst du an ihn dafür nicht mehr zu hassen, sondern zu lieben.
Auch wenn man vielleicht kein Fan von Nietzsche ist, etwas netter könnte man das schon formulieren.
Ich merk bei mir genau das gleiche.
Ich bin 17 und weiß - das soll nicht arrogant klingen - deutlich mehr über die Welt als die aller meisten in meinem Alter und - das soll wirklich nicht arrogant klingen - auch als die meisten Erwachsenen - in meinem Umfeld. Ich lese, denke und höre, aber ich spreche nicht viel.
Ich bin heilfroh, wenn ich aus einer langweiligen sozialen Situation entfliehen kann, wo über alltäglichen Nonsens geschwätzt wird.
Nietzsche meine wohl auch, dass man durch lesen die Realität vernachlässigt, wobei man doch ironischerweise über sie lernt.
Also dass man sich von den Menschen entfremdet und in seiner Gedankenwelt versinkt und so die Wirklichkeit vernachlässigt, das Sozialleben.
Das Gehirn ist prädiktativ, d. h. in jeder wachen Sekunde deines Lebens sagt es - basierend auf Wahrscheinlichkeit - voraus, was als nächstes passiert und was man als nächstes tut, das haben einige Studien gezeigt. Das hat mich ziemlich überrascht, als ich das gehört hab, weil ich dachte, dass das Gehirn reaktiv ist, dass es reagiert. Anyways..
Je mehr ich weiß, desto mehr existential crises bekomme ich, sind zwar nur kleine Schocker, die sich aber summieren.
Und je mehr ich mir die Menschen ansehe, desto mehr widern sie mich an, egal wie sehr sie mich faszinieren. Ehrlichkeit ist mir fremd. Konformität ist die Norm.
seems like a me problem
In dem Buch geht es ja teilweise auch um die ekelige Seite der Menschen, die Gier nach Macht. Wer will schon keine Macht über andere? Ich denke nicht viele. Aber viele geben es vor. Das K-Wort. Fühle mich wie ein unmotivierterer Zarathustra.... naja nicht wirklich
Der Wille zur Macht erinnert mich auch an das Buch von Peter Thiel, Zero to One. Wirklich die Welt verändern nur die, die etwas Neues schaffen und es von Null zur Eins schaffen, anstatt von 1 zu n.
Amor fati und die Stoa finde ich auch sehr interessant.
Anyways... was laber ich
Ich glaub nicht, dass er meinte, dass man zwangsläufig zum Misanthrop wird, wenn man viel liest, sondern, dass man sich von Menschen entfremdet, zu viel denkt, grübelt, etc. und man so zu einem depressiven, in Misere versunkenen, eventuell vulnerabel-narzisstischen Häufchen Elend werden kann... aber nicht muss.
Ein optimistischer Idiot oder ein wenig lesender Mensch zu sein kann wunderschön sein, weil man die Welt und die Menschen nicht so stark hinterfragt.
Wir alle machen uns die Welt erträglicher, belügen und und andere, und das alles auch noch mehr oder weniger automatisch.. krass wa
Sehr interessant! danke für die indirekte Buchempfehlung.
Oh. Was für eine wunderbare Antwort. Was für hilfreiche Infos die ich jetzt gelernt habe. Echt vielen Dank.
Und ja. menschen sind so. Ich lese gerade ein Buch über die Psychologie des Bösen und ich lese erstaunliche Dinge. Ich fühle mich entfremdet.
Und was liest du gerade für ein Buch ? Würde mich interessieren