Warum gibt es in Deutschland keine Militärparaden mehr?

11 Antworten

Früher tingelte die BW Bigband und hat sogar Platten aufgenommen. Gibts die nicht mehr?


MatthiasHerz  04.11.2017, 09:26

Doch, gibt es, außerdem noch fünf Heeresmusikkorpse, die jeweils bei Veranstaltungen der Bundeswehr auftreten oder bei Staatsbesuchen.

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maxxxmann  04.11.2017, 09:40
@MatthiasHerz

beim Heeresmusikkorps 4 bin ich aufgewachsen. Dass es nur 5 gibt, wusste ich nicht.

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Der Stolz der Deutschen liegt in seiner Wirtschaftskraft.

Kraftmeierei sollten die Deutschen geflissentlich vermeiden, zum einen haben sie keine Siege zu feiern und zum anderen sind sie fuer die letzten zwei Weltkriege zur Verantwortung gezogen worden.

Das duerfte in der Summe doch wohl reichen, um in dieser Richtung, ein bisschen Demut zu zeigen.

Ich will das nicht sehen. Ich kenne auch niemanden, der das gerne sehen will. Kostet Geld, und bringt nichts.

Um das Ganze ein wenig einzuordnen:

  • Die Vorbereitungen einer großen Parade (Absperrungen, Antransport des schweren Geräts, Üben der Marschblöcke etc.) sind ungeheuer aufwendig und ungeheuer kostenintensiv - und kosten Ausbildungszeit, die für die militärischen Aspekte des Dienstes deutlich sinnvoller zu verwenden ist. Die Paraden der NVA z.B., auf die du in der Frage anspielst, waren längst in weiten Teilen der NVA-Führung genau aus diesen Gründen nicht mehr unumstritten - es wurde längst überlegt, solche militärischen Spektakel auf (halb)runde Staatsgeburtstage o.ä. zu reduzieren, anstatt jährlich - z.T. mehrfach - Verbände in Divisionsstärke für Wochen mit dem Klimbim der Paradevorbereitung zu binden. Ein Hauptgrund für das Beibehalten der Paraden bis zum bitteren Ende soll dann die Vorliebe des Genossen Honecker für solcherart Schaustellungen gewesen sein...
  • Die Bundeswehrführung hat von Anfang an die Übernahme von pompösen militärischen Zurschaustellungen aus der Zeit vor 1945 bewusst abgelehnt. Die Bundeswehr sollte sich als Bürgerarmee in einem möglichst zivilen Anstrich zeigen und nicht als martialisches Machtinstrument auftreten (einer der Gründe, warum z.B. kriegsgediente Offiziere sich vehement gegen eine Wiedereinführung des Stechschritts wehrten). Die Bundeswehr kennt bzw. kannte im großen Stil lediglich sog. "Feldparaden", Vorbeimärsche motorisierter Truppenteile, anlässlich von Manövern - bewusst ohne Paradeglanz und Uniformenglitter. Was du suchst, widerspricht also der Führungs- und Einsatzphilosophie der Bundeswehr grundsätzlich.
  • Was viele leider nicht sehen, ist die Tatsache, dass die Bundeswehr anstelle einer 08/15-Großparade öffentliche Zurschaustellungen kennt, die weltweit gesehen sehr viel individueller und einzigartiger sind. Den Großen Zapfenstreich gibt es in dieser Form nirgends anders auf der Welt, und er ist in seiner erhabenen Schlichtheit und der musikalischen Ausdruckskraft etwas ganz Besonderes, das gleichzeitig viel eher für die Philosophie der Bundeswehr steht. Auch öffentliche Gelöbnisse und Vereidigungen gibt es so nur in ganz wenigen Ländern der Erde. In meinen Augen sind das deutlich wertvollere Elemente einer öffentlichen Zurschaustellung von Militär als eine Parade.
  • Es gibt genügend Anlässe, zu denen die Bundeswehr auch öffentlich Vorbeimärsche durchführt (z.B. anlässlich von Jubiläen, Gelöbnissen oder Rückkehrerfeiern aus Einsätzen). Diese haben aber einen regionalen Bezug und sind Zeichen einer echten Verbundenheit zwischen einem Verband und "seiner" Heimatgemeinde, und keine aufgesetzte Massenveranstaltung.
  • Deutschland hat durch die Brüche seiner Geschichte - das ist nun einmal eine Besonderheit unserer Historie - eine historisch nachvollziehbare Tradition für militärischen Pomp verloren. Dass z.B. Frankreich den 14. Juli mit einem militärischen Aufmarsch feiert, ist nachvollziehbar - französische Truppen kämpften für die Ideale der Revolution in ganz Europa. Trooping the Colour in London zum Geburtstag der Queen - dahinter steckt die jahrhundertelange persönliche Bindung der britischen Garden an ihren Souverän. Moskau feiert den Sieg seiner Armee über Nazideutschland am 9. Mai - auch hier wird nachvollziehbar militärisch gefeiert... Aber in Deutschland? Was sollte hier den militärischen Pomp einer Parade legitimieren? Die Barrikadenkämpfe der Zivilisten gegen (!) das Militär 1848? Die friedliche Revolution in der DDR vor der Wiedervereinigung? Nein. Die Bundesrepublik ist das jüngste Kind der über tausend Jahre alten föderalen Geschichte Deutschlands, und nicht ein Abklatsch der schwarzweißroten Glorie des kurzlebigen preußisch-deutschen Reiches.
  • In Deutschland ist es gut, dass man - so man denn will - eine Zuneigung zum eigenen Land empfinden kann, die frei ist von "Flitter und Standartengold" (eines der besten Zitate aus Nolls "Werner Holt", nur am Rande). Diese ist vielleicht ein wenig anstrengender, dafür aber vielleicht auch ein wenig echter und tiefer als der oberflächliche Hurra-Patriotismus, der Marschstiefel und rollende Panzer braucht, um sich zu entzünden.

Zardom  04.11.2017, 08:40

Das ist eine wahre hilfreiche Antwort. 👍👍

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MatthiasHerz  04.11.2017, 09:17

Dem schließe ich mich an.

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Warum gibt es in Deutschland keine Militärparaden mehr?

Es will niemand so eine Kriegs- und Militärverherrlichung sehen.

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Es wäre ein enormer Imagegewinn

Nein es wäre unheimlich peinlich und würde allen klar machen, welche Rückschritte die Zivilgesellschaft hingelegt hat.

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würde auch den Nationalstolz der Deutschen stärken

Nationalstolz brauchen nur Gesellschaften, die auf starken Hierarchien fußen und wo es eine große Masse gibt, die nichts zu melden hat.


BTSV1895ev  23.02.2023, 20:07

Mit "niemand" hast du schonmal Unrecht. 😂

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