Wann ist eine Art eine Art?
Im Biologieunterricht haben wir gelernt, dass Arten dadurch Arten sind, dass sie nur innerhalb der eigenen Art fortpflanzungsfähige Nachkommen zeugen können. So kann z.B. ein Elefant mit einem Nashorn keine Nachkommen zeugen, dadurch sind Elefant und Nashorn verschiedene Arten. Doch gilt z.B. der Eisbär ebenfalls als eigene Art, obwohl der Eisbär mit dem Braunbär fortpflanzungsfähige Nachkommen zeugen kann. Demnach dürften Eisbär und Braunbär nicht als eigene Arten gelten bzw. wäre die Definition von Arten, die wir im Biologierunterricht gelernt haben, falsch.
Was sind also Tierarten?
4 Antworten
Es gibt nicht die eine Definition einer Art. Tatsächlich gibt es eine ganze Reihe verschiedener Artkonzepte, von denen nicht weniger als 11 mehr oder weniger geläufig sind. Alle Artkonzepte haben ihre Vor- und Nachteile sowie Grenzen, weshalb die Wahl des "richtigen" Artkonzepts immer von der jeweiligen Fragestellung, von der Verwandtschaftsgruppe oder/und den möglichen Untersuchungsmethoden abhängt.
Das Konzept, das du meinst, ist das biologische Artkonzept, das tatsächlich das geläufigste ist. Es geht in seiner heutigen Form auf den Evolutionsbiologen Ernst Mayr (1904-2005) zurück und definiert eine Art als Fortpflanzungsgemeinschaft. Vorteil des biologischen Artkonzepts ist, dass es in vielen Fällen recht eindeutig ist - entweder können die Individuen sich fortpflanzen (und bilden eine Art) oder nicht (und gehören somit verschiedenen Arten an). In diesem Fall hast du recht damit, dass Eis- und Braunbär als Angehörige einer einzigen Art geführt werden müssten, wenn wir nur das Konzept der biologischen Art berücksichtigen.
Ein Hauptproblem des biologischen Artkonzeptes ist, dass seine Überprüfung aufwändig ist, weil dafür Kreuzungsexperimente durchgeführt werden müssen. Viele Tierarten lassen sich aber in menschlicher Obhut nicht züchten, weil über ihre Fortpflanzungsbiologie kaum etwas bekannt ist. Und in vielen Fällen lässt sich das Biospezieskonzept gar nicht anwenden, etwa bei ausgestorbenen Arten (mit denen verständlicherweise keine Kreuzungsexperimente mehr durchgeführt werden können) und bei sog. Agamospezies, also all den Organismen, die sich nicht sexuell vermehren und somit gar keine Fortpflanzungsgemeinschaft bilden, etwa Bakterien und all die vielen anderen Einzeller, die sich nur durch Zellteilung fortpflanzen.
In diesen Fällen kommt häufig das morphologische Artkonzept zum Einsatz. Es definiert eine Art als Individuengemeinschaft mit einer Reihe gemeinsamer morphologischer Merkmale. Das morphologische Artkonzept ist beispielsweise das Artkonzept der Paläontologen, häufig als sog. Chronospezies noch um den Faktor der Zeit erweitert, also als Individuengemeinschaft mit ähnlichem Aussehen zu einem bestimmten Zeitpunkt. Es berücksichtigt also, dass eine Abstammungslinie im Lauf der Evolution morphologischen Veränderungen unterworfen sein kann. Beispielsweise werden in unserer eigenen Abstammungslinie die verschiedenen Chronospezies aufgrund ihres unterschiedlichen Aussehens etwa als Homo habilis, Homo erectus und Homo sapiens bezeichnet. Auch das biologische Artkonzept lässt sich übrigens um den Faktor der Zeit erweitern und führt dann zum evolutionären Artkonzept. Eine Art "beginnt" dann zu dem Zeitpunkt, zu dem sie eine Fortpflanzungsgemeinschaft bildet und "endet", wenn sie sich in zwei reproduktiv getrennte Arten aufspaltet. Da dieser Prozess graduell erfolgt, kann es dabei natürlich Übergangsformen mit noch gelegentlich auftretendem Genfluss geben, was die Einteilung der Arten nicht immer eindeutig möglich macht, so wie im Beispiel von Eis- und Braunbär. Als weiteres Beispiel seien Schrei- (Aquila pomarina) und Schelladler (Aquila clanga) genannt, die gelegentlich miteinander hybridisieren oder Schwarz- (Ciconia nigra) und Weißstorch (Ciconia ciconia). Der Genfluss zwischen den Arten ist meist noch umso größer, je kürzer die Artaufspaltung zurückliegt.
Ein Hauptproblem des Morphospezieskonzepts ist, dass es oft einen großen Interpretationsspielraum gibt und die Artabgrenzung damit unweigerlich immer auch einer gewissen Willkür unterliegt. Oft herrscht z. B. Uneinigkeit darüber, welchen Merkmalen man einen großen diagnostischen Wert zuschreibt und wie groß die innerartliche Variationsbreite des Merkmals ist. So haben sich innerhalb der Taxonomie zwei verschiedene Schulen ausgebildet, die Lumper und die Splitter. Anhänger der lumping taxonomy betonen stärker die Ähnlichkeiten und gestehen einer Art daher eine größere Variationsbreite zu. Die splitting taxonomy betont hingegen stärker die Unterschiede und rechtfertigt schon bei kleineren Unterschieden eine Aufsplittung in verschiedene Arten. So zählen z. B. Lumper alle Giraffen zu Vertretern einer einzigen Art (Giraffa camelopardalis), während Splitter aufgrund verschiedener Fellzeichnungen, der Anzahl der Stirnhöcker und neuerdings genetischer Merkmale (dazu später im Abschnitt phylogenetisches Artkonzept mehr) bis zu fünf verschiedene Giraffenarten unterscheiden wollen.
Ein anderes Problem kann sein, dass die Variationsbreite innerhalb der Art so groß ist, dass sie für verschiedene Arten gehalten werden, obwohl sie eine Fortpflanzungsgemeinschaft bilden (also nach dem Biospezieskonzept nur eine Art bilden). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Art ein sehr großes Verbreitungsgebiet hat oder wenn verschiedene Morphotypen nebeneinander existieren. Man denke hier nur an die helle Farbmorphe und an die Carbonara-Morphe des Birkenspanners (Biston betularia). Und beim Edelpapagei (Eclectus roratus) sehen Männchen und Weibchen so verschieden aus, dass sie einst für zwei separate Arten gehalten wurden. Aber auch das Gegenteil kann der Fall sein, dass zwei (oder mehr) Arten morphologisch nicht voneinander unterscheidbar sind und für eine einzige Art gehalten werden/wurden, aber reproduktiv voneinander getrennt sind. In diesem Fall spricht man auch von kryptischen Arten. Beispiele dafür sind die Östliche (Lacerta viridis) und Westliche Samaragdeidechse (Lacerta bilineata), die afrikanischen Stumpfkrokodile (Osteolaemus) oder Nördliche (Leopardus tigrinus) und Südliche Tigerkatze (Leopardus guttulus).
In der Mikrobiologie hilft das morphologische Artkonzept häufig ebenfalls kaum weiter, weil Einzeller sich eben nur in wenigen diagnostischen Merkmalen voneinander unterscheiden. Manche Zellen sind rund, andere länglich, aber das war's im Prinzip auch schon. Deshalb wird das Artkonzept in diesem Fall traditionellerweise erweitert zum physiologischen Artkonzept. Hier untersucht man nicht nur die morphologischen Unterschiede unterm Mikroskop (also Zellfotm, Größe und Gramfärbung), sondern auch die Stoffwechseleigenschaften, z. B. das Verhalten gegenüber Sauerstoff (strikte Anaerobier, fakultative Anaerobier, Aerobier) oder die Verwertbarkeit verschiedener Substrate (z. B. Stärke). Das Problem ist, dass die verschiedenen Stoffwechselleistungen oftmals mehrfach unabhängig entstanden sind, sodass die Einteilung anhand des physiologischen Artkonzepts nicht unbedingt die wirklichen Evolutionsverhältnisse widerspiegelt. Auch ist es ziemlich aufwändig und zeitintensiv, all die verschiedenen Tests durchzuführen, um sich dann mühsam durch riesige Bücher durchzuschlagen, ehe man bei der "richtigen" Art ankommt. Aus diesem Grund wird heutzutage meist das genetische Artkonzept angewendet. Dabei hat man festgelegt, dass alles, was genetisch mehr als 3 % voneinander abweicht, zu getrennten Arten gezählt wird. Die Wahl dieser 3-%-Grenze ist aber wiederum rein willkürlich und folgt keinem rationalen Grund. Man hätte ebenso 5 % wählen können oder 1 % oder 3.14159 %.
In jüngerer Zeit hat v. a. das phylogenetische Artkonzept an Bedeutung gewonnen, nicht zuletzt wegen der immer leistungsfähigeren, schnelleren und kostengünstigerrn Möglichkeiten in der Molekularbiologie (DNA-Sequenzvergleich einzelner Gene oder sogar ganzer Genome). Es definiert eine Art als Individuengemeinschaft, die derselben phylogenetischen Linie angehört, also einer Abstammungsgemeinschaft angehören. Begründet wird es durch Merkmale, die die Eigenständigkeit einerAbstammungslinie belegen, sog. Apomorphien. Das können klassische morphologische Merkmalr sein, z. B. ist eine Apomorphie der Säugetiere das Vorhandensein eines sekundären Kiefergelenks und von je drei (statt nur einem) Gehörknochen in jedem Mittelohr. Eine Apomorphie, auch abgeleitetes Merkmal genannt, ist also ein Metkmal, das alke Angehörigen der Abstammungsgemeinschaft teilen und das in keiner anderen Abstammungslinie vorkommt (es gibt kein anderes Landwirbeltier einer anderen Abstammungslinie, das ebenfalls ein sekundäres Kiefergelenk hat). Solche Apomorphien können aber auch einzigartige genetische Merkmale sein. Der Vorteil genetischer Merkmale liegt darin, dass man eine riesengroße Anzahl von Einzelmerkmalen miteinander vergleichen kann (jedes Nukleotid eines Gens ist ein separates Merkmal, sodass man schon bei einem einzigen Gen, das aus hunderten Nukleotiden besteht, ebenso viele Einzelmerkmale vergleichen kann). Außerdem ist der Vergleich ander als bei morphologischen Merkmalen jeweils eindeutig, da jedes Merkmal ja nur vier Ausprägungsformen (A, T, G oder C) annehmen kann. Der große Nachteil des phylogenetischen Artkonzepts ist einmal mehr, dass es willkürlich ist. Das heißt, es gibt keine logisch begründbare Grenze, ab welchem Anteil an einzigartigen genetischen Merkmalen man eine phylogenetische Linie als eigenständig betrachtet. Wenn wir das phylogenetische Artkonzept auf die Spitze treiben und nur mit dem genügenden Feinheitsgrad suchen, müsste eigentlich jedes Individuum als separate Spezies betrachtet werden, da ja jedes Individuum genetisch einzigartig ist und sich von allen anderen unterscheidet. Die neuen Möglichkeiten, die die Molekularbiologie bietet, haben deshalb nicht immer nur zu Klarheiten geführt, sondern auch dazu, dass einige Tiergruppen durch eine rigorose Anwendung einer splitting taxonomy geradezu inflationär aufgebläht werden, indem einfach etliche früher nur als Unterarten geführte Populationen von Anhängern dieser Taxonomie in den Rang einer eigenen Art gehievt werden. Neben den bereits erwähnten Giraffen seien hier die Hornträger (Bovidae) genannt, deren Artzahl durch eine derartige Aufsplittung mal eben verdoppelt werden würde (traditionell unterscheidet man etwas über 100 Arten dieser auch als Rinderartige bezeichneten Gruppe, während eine höchst umstrittene Revision aus dem Jahr 2011 deutlich über 200 Arten differenzieren möchte). Das mag in Einzelfällen (z. B. dem Kirk-Dikdik-Komplex, bei dem es sich wohl um mehrere reproduktiv getrennte kryptische Arten handelt, die sogar unterschiedliche Karyotypen (Chromosomensätze) haben) gerechtfertigt sein, in den meisten Fällen fehlt es aber an einer nachvollziehbaren Begründung und führt nur zu einer hohen Unübersichtlichkeit und unnötigen Konsequenzen im Artenschutz. Denn wo eine vormals vielleicht nur als "bedroht" geführte Art nun plötzlich in mehrere Arten getrennt wird, müsste jede dieser getrennten Arten nun als eigenständige Linie behandelt werden und dürfte beispielsweise nicht mehr mit Individuen aus einer anderen nun einer anderen Art zugerechneten Population gekreuzt werden. Dadurch würde nicht nur die Anzahl der jeweiligen Individuen einer Art sinken, sondern auch deren genetische Variabilität sinken, was sie jeweils anfälliger fürs Aussterben macht. Aus einer "bedrohten" werden also plötzlich zwei (oder mehr) "vom Aussterben bedrohte" Arten, um die man sich nun kümmern muss. Auf der anderen Seite muss man diesem Konzept aber zugute halten, dass dadurch genetische Eigenheiten, die lokale Anpassungen darstellen, besser erhalten werden können, weil sie etwa durch Auszuchtdepression verschwinden könnten. Es gibt also gute Gründe, die sowohl für die traditionelle lumping taxonomy als auch für die splitting taxonomy sprechen. Es gibt kein "richtig" und kein "falsch", beide Sichtweisen sind möglich, solange sie sich gut begründen lassen. Ich persönlich bevorzuge eher die traditionelle Sichtweise, sofern nicht sehr triftige Gründe für eine Aufsplittung sprechen.
In vielen Fällen führt uns die Anwendung nur eines Artkonzeptes nicht unbedingt weiter. Oft sollten bzw. müssen verschiedene Konzepte miteinander kombiniert werden, z. B. das phylogenetische mit dem biologischen Artkonzept (wo es möglich ist). Um etwa noch mal zum Beispiel der Giraffen zurückzukehren: tatsächlich lassen sich anhand genetischer Merkmale mehrere phylogenetische Linien unterscheiden, die auch belegen, dass seit vergleichsweise langer Zeit kein Genfluss mehr zwischen den einzelnen Linien stattfindet. Die Anzahl der unterscheidbaren Linien schwankt aber je nach den verwendeten Markern/Genen zwischen drei und fünf, auch stimmen die Ergebnisse zwischen auf Kern-Genen und mitochondrialen Genen beruhenden Vergleiche nicht überein und morphologisch gibt es Übergänge zwischen den Populationen. Außerdem sind die Giraffen alle untereinander uneingeschränkt kreuzbar und beispielsweise in Zoos in der Vergangenheit häufig gekreuzt worden. In der Natur kommt Genfluss zwischen den Linien zwar kaum vor, ist aber gelegentlich schon dokumentiert worden. Obwohl die einzelnen Linien sich für gewöhnluch nicht mischen, gibt es also noch keine Barrierrn, die eine Fortpflanzung verhindern würden. Das spricht eher dafür, dass alle Giraffen nur zu einer Art gehören und die verschiedenen phylogenetischen Linien eher als Unterarten geführt werden sollten.
Der Vollständigkeit halber sollen abschließend nur stichpunktartig ein paat weitere Artkonzepte erwähnt werden, auf die wir hier nicht näher eingehen können:
- General Lineage: dieses Konzept berücksichtigt, dass ein begrenzter Genfluss zwischen verschiedenen phylogenetischen Linien vorkommen kann, die verschiedenen Linien aber als eigenständige Einheiten betrachtet werden sollten, solange ihre allgemeine Eigenständigkeit erkennbar bleibt. Einen Hinweis darauf kann dann z. B. liefern, dass die Fitness hybrider Nachkommen gegenüber "reinblütigen" Nachkommen reduziert ist. Im Schwarzwald gibt es beispielsweise eine schmale Kontaktzone zwischen der neuerdings als separate Arten geführten Ringelnatter (Natrix natrix) und der Barren-Ringelnatter (Natrix helvetica). Studien deuten aber darauf hin, dasd hybride Nachkommen nur selten auftreten und gegenüber reinblütigen Nachkommen geringere Nachkommenzahlen haben.
- populationsgenetisches Artkonzept: Es definiert eine Art als Individuengemeinschaft, deren Genpool im Hardy-Weinberg-Gleichgewicht (HWE) ist. Wie das biologische Artkonzept setzt es also eine geschlechtliche Fortpflanzung voraus.
- ökologisches Artkonzept: Es definiert eine Art als Individuengemeinschaft, die dieselbe ökologische Nische besetzt.
Sie sind alle Teil der Gattung Ursus, jedoch verschiedene Arten seit ca. 600.000 Jahren. Da man Teile der DNA beider Arten im jeweils anderem Genom finden kann, jedoch die Kernpopulationen sich kaum überschneiden sodass keine Hybride vorkommen, sind es auch aufgrund der großen Unterscheide im Genom zwei arten. Die Morphologie und das Verhalten sind auch grundlegend anders und die Ernährung, Verdauung + Jagtverhalten
"Große Unterschiede" ist relativ und keine feste Definition. Gibt es also gar keine feste Definition von Art?
Nein, da das ein fließender Wandel ist
Die standartdefinition funktioniert aber um Großteil der Fälle
Die gelernte Definition ist selbstverständlich falsch. Wäre sie richtig, so wäre jede einzelne Amöbe eine eigene Art, denn Amöben paaren sich nicht. Da sieht man mal, was man für einen Unsinn lernt.
"Unsinn" glaub ich ist in diesem Fall zu hart, da Definitionen nie 100 % richtig sein können, sondern lediglich der Versuch sind, Dinge begrifflich einzuordnen. So sprechen wir z.b. auch von "Krankheit", ohne dass es eine allgemeingültige Definition davon gibt, was "Krankheit" überhaupt ist.
Ja, du hast recht. Definitionen sind immer nur ein Versuch eine Begriffsklärung zu erreichen. Aber man hat auch ohne Definition eine intuitive Vorstellung was der Begriff bedeutet und die ist besser als die Definition. Manchmal widerspricht sie auch der Intuition, wie das Beispiel Amöbe zeigt. Ein weiteres Beispiel: Es gibt Möven, da paaren sich Möven der Population A mit denen der Population B und Möven der Population B mit denen der Population C. Aber: Möven der Population A paaren sich nicht mit Möven der Population C. Nach der Definition sind dann die Möven der Population A und C zwei verschiedene Arten. Auch das ist nicht im Einklang mit der Intuition, da ja ein genetischer Austausch zwischen den Populationen A und C stattfindet. Vor noch größeren Unklarheiten steht die Paläo-Biologie, vor allem die Paläö-Antropologie. Waren Homo Habilis und Homo Rudolfensis eine oder 2 Arten? Jede diesbezügliche Klassifizierung ist reine interpretatorische Willkür.
Übrigens: Interessant in diesem Zusammenhang finde ich auch den philosophischen Aspekt hierzu, vor allem die sokratischen Dialoge. Die sind dadurch gekennzeichnet, dass es den Gesprächspartnern von Sokrates nicht gelingt, Definitionen zu finden, die mit der Intuition übereinstimmen. Zum Beispiel zeigte sich: Niemand kann sagen, was Tapferkeit ist, alle Definitionsversuche scheiterten. Trozdem weiß jeder was Tapferkeit ist.
Trozdem weiß jeder was Tapferkeit ist.
Ist das so? Würdest Du z.B. im Falle der russischen Soldaten, die gerade im Angesicht des Todes in der Ukraine kämpfen, von "Tapferkeit" sprechen? Vermutlich nicht. Doch im Falle der ukrainischen Soldaten, die das selbe tun, schon viel eher, oder nicht? Würde man jedoch Menschen in Russland fragen, welche Soldaten hier gerade Tapferkeit beweisen, fiele die Bewertung wohl anders aus.
Platon beschreibt die Tapferkeit im sokratischen Dialog "Laches". In dem Dialog sind sich alle einschließlich Sokrates darüber einig, dass Tapferkeit nur vorliegen kann, wenn man für eine gerechte Sache kämpft. Teilnehmer eines Angriffskrieges, der nur zu Elend, Zerstörung, Raub und Mord führt, wie ihn die Russen führen, können niemals tapfer sein, denn Tapferkeit ist eine Tugend, aber die Teilnahme an einem ungerechten Krieg ist eine Untugend.
Da würde ich Sokrates widersprechen. Zum einen, weil es keinen allgemeingültigen Maßstab dafür gibt, was gerecht und was ungerecht ist. Waren z.b. die vielen Kriege und das unzählige Morden unserer Vorfahren gerecht, denen wir heute unsere Staatsgrenzen und damit unseren Staat verdanken?
Zum anderen wüsste ich nicht, wie man dann noch innerhalb einer angeblich ungerechten Sache unterscheiden könnte. Wenn z.b. der russische Soldat, der an der Front gegen ukrainische Soldaten kämpft, nicht tapfer ist, ist er dann feige? Und der russische Soldat, der vor dem Feind aus Angst davonläuft, ist der dann doppelt feige? Und was ist mit einem russischen Soldaten, der sich in den Kugelhagel wirft, um seinen verletzten Kameraden zu retten? Ist das dann eine Tugend oder Untugend, tapfer oder feige?
Eine frühere Definition, die ich immer noch recht passend finde, ist: Eine Art ist, was sich schart und paart.
Die Definition mit den fortpflanzungsfähigen Nachkommen ist für die allermeisten Arten gültig. Die Übergänge zwischen Art und Unterart sind allerdings gelegentlich fließend. Schließlich entwickeln sich ja Arten aus Unterarten, dieser Prozess ist nie abgeschlossen.
Danke für diese sehr umfangreiche wie interessante Antwort!