Fakt ist aber, dass die Zoos nur wenige % der Einnahmen in Artenschutzprojekte investieren
Selbstverständlich kann ein Zoo nicht alle Einnahmen in Artenschutzprojekte investieren. Ein Zoo muss nun mal auch seine Mitarbeiter:innen bezahlen. Du möchtest für deine Arbeit ja auch bezahlt werden, oder etwa nicht? Auch das Futter kostet Geld, ebenso die tiermedizinische Betreuung. Und wie alle anderen haben auch Zoos mit den gestiegenen Energiepreisen zu kämpfen. Es versteht sich also von selbst, dass Zoos nicht ihre kompletten Einnahmen in Artenschutzprojekte investieren können, selbst wenn sie wollten. Ich möchte außerdem einmal darauf hinweisen, dass fast alle wissenschaftlich geführten Zoos nicht betrieben werden, um Gewinne zu erzielen und auf finanzielle Unterstützung der Kommunen angewiesen sind.
Ansonsten gilt: alle wissenschaftlich geführten Zoos unterstützen Artenschutzprojekte weltweit sowohl finanziell als auch materiell oder bzw. und personell. Der Zoo Leipzig beispielsweise kommt alleine zur Hälfte für die Personalkosten des Endangered Primate Rescue Center (EPRC) in Vietnam auf, dessen Träger der Zoo ist. Ein anderes Beispiel: Der Artenschutzeuro im Frankfurter Zoo. Im Jahr seiner Einführung konnten allein von März bis Oktober 2021 trotz Pandemie über 50 000 Euro eingenommen werden, die zu 100 % an die unterstützten Naturschutzprojekte weitergeleitet wurden. Ähnliche Konzepte gibt es mittlerweile in mehreren deutschen Zoos, in Leipzig schon seit 2017. Hier wurden in diesem Jahr (Stand: 27.06.2024) bereits über 364 000 Euro an Spenden eingenommen.
und auch die Wildentnahmen die Auswilderungen weit übersteigen (2500 importierten Tieren stehen 149 exportierte Tiere)
Erstens: was sagen Ex- und Importe über die Anzahl ausgewilderter Tiere aus? Wenn der Leipziger Zoo in Sachsen hochbedrohte Feldhamster wieder auswildert, ist dafür kein Export ins Ausland notwendig.
Zweitens: Ein Großteil der Importe fällt auf Fische und andere Meereslebewesen, in der Regel handelt es sich bei den meisten importierten Arten um nicht bedrohte Arten, sodass die Haltung in Zoos deren Bestände in der Natur nicht gefährdet. Das ist notwendig, weil viele Meeresbewohner noch nicht leicht gezüchtet werden können. Bei Doktorfischen beispielsweise gelang die erste erfolgreiche Zucht in menschlicher Obhut erst 2015.
Und drittens: die Artenschutzarbeit der Zoos umfasst eben mehr als nur die Auswilderung bedrohter Tierarten. Zoos unterstützen in situ-Artenschutzprojekte (s. o.) und erhalten bedrohte Arten in menschlicher Obhut, die in freier Natur längst ausgestorben sind oder vor dem Aussterben stehen. Darüber hinaus sensibilisieren Zoos die Zoobesucher für den Artenschutz. Und nicht zuletzt hilft auch die Forschung in Zoos dabei, die Tiere und ihre Lebensräume besser zu schützen.
Bildungseinrichtung ist der Zoo nur da wo die Leute an einer Zooführung teil nehmen. Ansonsten gehen die Leute mit Stereotypen aus dem Zoo und nicht mit Bildung.
Das stimmt nicht. Der edukative Nutzen von Zoos ist durch eine Vielzahl an Studien belegt, z. B. zeigt Jensen (2014), dass Kinder selbst ohne edukative Begleitung (Zooführung) 34 % mehr über Artenschutz und Tiere wussten als vor ihrem Zoobesuch. Erst kürzlich wurde eine Metaanalyse veröffentlicht, die 50 Studien ausgewertet hat und klar belegt, dass Menschen, die Zoos besuchen, ein erhöhtes Umweltbewusstsein haben (McNally et al. 2024). Auch über das weitere Bildungsangebot von Zoos wie etwa interaktiven Lernstationen und geführten Touren gibt es eine breite Palette an Studien, die deren Wirkung zweifelsfrei belegt, z. B. Lindemann-Matthies & Kamer 2005, Jensen 2014, Moss et al. 2017, Kleespies et al. 2020, Moon et al. 2020, Mooney et al. 2020, Kleespies et al. 2022.
Aber braucht es die eingesperrten Tiere für den Artenschutz wirklich
Ja. Meiner Meinung nach auf jeden Fall. Die im Zoo gehaltenen Tiere erfüllen eine wichtige "Botschafterfunktion". Es sind Flaggschiffarten, die bei den Zoobesuchern nun mal aus verschiedenen Gründen sehr beliebt sind und die Besucher für den Artenschutz begeistern. Wenn diese Arten besser geschützt werden, weil es Leute gibt, denen ihr Schutz am Herzen liegt, dann profitieren auch alle anderen Arten, die im gleichen Lebensraum vorkommen, von deren Schutz. Wir wollen eben nur das schützen, was wir im wahrsten Wortsinn be-greifen können und was uns als schützenswert erscheint. Zoos können hier etwas leisten, was keine noch so gute Naturdoku auf dieser Welt leisten kann; denn eine Doku spricht eben nur zwei Sinne an, ein Zoobesuch alle. Und nicht jeder kann es sich nun mal leisten, die Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum zu besuchen - von den negativen Auswirkungen, die der Tourismus bei allen positiven Aspekten für den Naturschutz hatt einmal ganz zu schweigen.
und sind die Gehege wirklich Artgerecht und fördern sie das natürliche Verhalten der Tiere?
Ja. Die Zoos sind wie jeder andere Tierhalter auch zur EInhaltung des Tierschutzgesetzes angehalten. Die zuständigen Veterinärbehörden überwachen das auch und ohne deren Genehmigung darf ein Zoo gar keine Tiere halten (darüber hinaus muss man auch eine Genehmigung durch die Naturschutzbehörde haben, um einen Zoo betreiben zu dürfen). Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat Gutachten erarbeitet, in denen Mindestanforderungen aufgeführt werden, welche eine Zoohaltung mindestens erfüllen muss, um als artgerecht angesehen werden zu können. An deren Ausarbeitung waren neben Vertretern von Zoos auch unabhängige Experten und Vertreter von Tierschutzorganisationen beteiligt. Du findest diese Gutachten kostenlos zum Download auf der Homepage des Bundeslandwirtschaftsministeriums.
Darüber hinaus werden fast alle Tiere im Zoo deutlich älter als ihre Artgenossen in der Natur. Auch würden sich die meisten Arten im Zoo gar nicht vermehren, wenn es ihnen nicht gut ginge.