Verehren Buddhisten die Götter des Hinduismus?

8 Antworten

Garkeine - und der Buddhismus sollte auch nicht mit dem Hinduismus in einen Topf geschmissen werden, nur weil beides aus Indien kommt.

Ich bin selbst Soto-Zen-Buddhist und möchte mich dazu äußern.

Grundlegendes

Im Buddhismus gibt es weder einen allmächtigen Schöpfergott, noch eine Art von Polytheismus, wie er von einigen Anhängern des Hinduismus praktiziert wird.

In der Lehre des Buddha gibt es auch keine göttlichen Gebote, keine ewige Seele, kein Konzept der "Sünde" oder ein Modell von Belohnung und Bestrafung.

Eigentlich ist die buddhistische Sichtweise damit klar - doch gibt es verschiedene Faktoren, die dabei verwirren oder irritieren könnten.

Textkritik

Texte müssen immer im Rahmen der Zeit und Kultur gesehen werden, in denen sie entstanden. Zur damaligen Zeit waren blumige Ausschmückungen üblich.

Es war praktisch nicht vorstellbar, dass Geschichten über bedeutende Personen niedergeschrieben wurden, ohne nicht etwas "Besonderes" hineinzubringen

Wenn also von "himmlischen Wesen" (Devas) und angeblichen "Wundern" des Buddha die Rede ist, kann man das ruhig als Ausschmückung ansehen.

Viele heutige Buddhisten gehen davon aus, dass alles, was nicht relevant für die Inhalte der Lehre ist, gewissermaßen überlesen werden kann.

So heißt es zB bei der Geburt des späteren Buddha ließen Devas einen Blütenregen fallen und bei seinem Tod hätten auch Naturgeister geweint.

Aber welche Relevanz haben diese Erzählungen für die Lehre des Buddha? Keine - und deshalb werden sie auch nicht als Wesentlich angesehen.

Kulturelles

Bei der Verbreitung des Buddhismus verbot dieser die zuvor geltenden Vorstellungen des Volksglaubens nicht, sondern gliederte sie in einen neuen buddhistischen Kontext ein.

Somit wurde also zB die Verehrung der schlangenartigen Wassergeister (Nagas) nicht untersagt, sondern sie wurden zu "Schutzgottheiten" der Lehre erklärt.

Auch hier gilt - diese Wesen haben keine Relevanz für die Lehre des Buddha, man kommt damit lediglich dem Glauben der einfachen Leute entgegen.

Wie auch in anderen Religionen hat der buddhistische Volksglaube viele Inhalte, die gar nichts mit der ursprünglichen Lehre des Buddha zu tun haben.

Dazu gehört beispielsweise der Glaube an Amulette und Talismane, die glückbringende Kraft von Ritualen usw.

Magie und Rituale

In manchen Formen des Buddhismus, insbesondere des Vajrayana (Diamantweg) gibt es vergleichsweise viele "magische" Elemente.

Dazu gehören zB verschiedene Schulen des so genannten "tibetischen Buddhismus", aber auch die Schulen des Tendai- und Shingon-Buddhismus in Japan.

Dabei gibt es oft wieder Diskrepanzen zwischen buddhistischen Geistlichen mit einem gewissen Bildungsgrad und der einfachen Bevölkerung.

Während der Priester zB die Darstellung von "Gottheiten" als eine Art Meditationhilfe nutzt, um zB besondere Persönlichkeitsaspekte bei sich selbst zu stärken, sieht das einfache Volk darin eine Verehrung dieser "Wesen".

Was für den einen also einfach ein psychologisches Hilfsmittel darstellt, wird vom Anderen als "Anbetung" missverstanden - und so übernommen.

Der Westen

Leider ist die westliche Welt, die sonst so stolz auf Rationalität, Aufklärung und Textkritik ist, teilweise extrem naiv, wenn es um den Buddhismus geht.

Da werden dann Volkslegenden, die eine asiatischer Priester erzählt, tatsächlich für bare Münze genommen und als "Lehre Buddhas" missverstanden.

Auch homophobe oder frauenfeindliche Aussagen oder Textpassagen werden zum Teil einfach akzeptiert, anstatt hier die notwendige Kritik walten zu lassen.

Deshalb ist es wünschenswert, wenn der Buddhismus nicht als "exotische Religion" mit asiatischem Klimbim, sondern als echter Lebensweg verstanden wird.

Deshalb ist für westliche Buddhisten wichtig, nicht einfach nur Buddhismus-Gläubige, sonder Buddhismus-Verstehende und - noch wichtiger - Buddhismus-Praktizierende zu sein.

Dafür bedarf es keinerlei Gottesglaubens.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit etwa 40 Jahren praktizierender Buddhist

Der "reine" Buddhismus verehrt keine Götter - auch Buddha oder Bodhisatvas sind Menschen (nur eben "erleuchtet").

Allerdings verbietet er auch keine Götteranbetung, falls der Gläubige diese als notwendig erachtet. Der Buddhismus ist also "kompatibel" mit anderen Religionen.

Je nach Region findet man daher die Kombination mit z.B. hinduistischen, shintoistischen oder auch animistischen Gottheiten.

Jain.

Es kommt darauf an welche Richtung des Buddhismus man betrachtet.

Nimmt man den zB. tibetischen Buddhismus dann sieht man die starke gegenseitige Beeinflussung / Synkretismus von Hinduismus und Buddhismus die sich darin widerspiegelt.

Hier sind viele Gemeinsamkeiten im Pantheon aufzufinden (Götterwelt), so gibt es zB.Thangkas (religiöse Wandbilder) von Ganesha und Saraswati u.a. Hindu Göttern.

Daneben haben die tibetischen Buddhisten allerdings auch eigene "Götter" die teilweise noch aus vorbuddhistischer Zeit stammen (als in Tibet noch das magisch-schamanistische Bön vorherrschte), andererseits wurden durch die indischen Siddhas (Magier) auch verschiedene Tantras (esoterische Texte) nach Tibet überliefert in deren jeweiligem Zentrum auch die Verehrung verschiedener "Götter" steht, zB. Kalachakra u.a

Diese heute genuin tibetisch buddhistischen "Götter" stammen also auch aus Indien ursprünglich, sind meines Wissens aber im heutigen Hinduismus nicht vorzufinden.

Wie dann die jeweiligen "Götter" interpretiert werden ist dann wieder eine andere Frage, die sich nach der jeweiligen Philosophie richtet.

In jedem Fall sind diese Götter nicht als Schöpfergott im abrahamitischen Sinne zu verstehen, sondern im buddhistischen Kontext als verschiedene Buddhas.

In anderen heutigen buddhistischen Traditionen fehlt dagegen eine Göttervorstellung völlig.

Es kommt also wie gesagt auf die Tradition an.

Sehr lesenswert in dem Kontext ist auch folgender Aufsatz:

" Die Einheit von Buddhismus und Hinduismus in der Lehre und Erfahrung des Dalai Lama"

http://web.uni-frankfurt.de/irenik/relkultur19.pdf

Für den Dalai Lama gibt es keinen grundlegenden Unterschied.

nein, tun sie nicht. Im Palikanon werden Begegnungen geschildert, wo Buddha einigen Hindu Göttern die Edlen Vier Wahrheiten predigt und sie zur Einsicht in die Daseinsmerkmale führt: Alle Daseinsmomente sind flüchtig, alle Daseinsmomente leer von eigenem Sinn, alle Daseinsmomente sind leidbehaftet.

Andere Hindu-Götter fallen der Lächerlichkeit anheim, wie der Feuergott, und seine Anbeter nehmen danach Zuflucht zur Buddha-Lehre.

In der Buddha-Lehre werden keine Götter verehrt, sondern man meditiert über den eigenen Geist, seine Inhalte und wie diese Inhalte, unerkannt, permanentes Leiden unter der Wirklichkeit verursachen. Religiöse Glaubenssätze, das bloße Glauben überhaupt, wird als nicht dienlich, als nicht heilsam, als nicht zum Ziel führend angesehen.