Warum glauben Buddhisten an keine Götter, obwohl der Buddhismus aus dem Hinduismus hervorgegangen ist?
6 Antworten
Ich bin Soto-Zen-Buddhist und möchte mich dazu äußern:
Es gibt auch im Hinduismus Anhänger der so genannten "Unpersönlichkeitslehre", die der Meinung sind, es gäbe nur das abstrakte Göttliche (Brahman) und die Vorstellung unterschiedlicher Gottheiten stehe nur für unterschiedliche Aspekte dieses Göttlichen
Solche Lehren finden sich z.B. im Advaita Vedanta.
Der Buddhismus geht also nur einen Schritt weiter, wenn er sowohl das ewig Göttliche (Brahman), als auch den unsterblichen göttlichen Wesenskern (Atman) des Menschen verneint und alle Gottheiten lediglich als Projektionen ansieht.
Der Fürstensohn Siddharta versuchte sich in den verschiedenen Formen von Askese und Befreiungswegen, wie sie im Hinduismus gelehrt werden - und verwarf sie, weil sie ihm zu körperfeindlich und wirklichkeitsfremd waren.
Er entdeckte dann den "mitteleren Weg" - das ist nicht nur der Weg, der die Extreme von Luxus und Askese vermeidet, sondern auch der Weg zwischen Materialismus und wirklichkeitsfremder Vergeistigung.
Dass es heute noch "Himmelswesen" (Deva) in verschiedenen Formen des Buddhismus gibt liegt daran, dass der Buddhismus bei seiner Verbreitung die bereits vorhandenen spirituellen Traditionen nicht gewaltsam unterdrückte.
Stattdessen wurden Elemente des asiatischen Volksglaubens, wie etwa die regenbringenden schlangenartigen Quellgeister (Naga) eben in die buddhistische Gedankenwelt integriert und neu interpretiert.
So kommt es, dass gerade die einfache Bevölkerung in Asien diese "Gottheiten" nach wie vor verehrt - nur eben im Rahmen buddhistisch angepasster Rituale.
Für die Lehre des Buddha sind sie nicht von Belang.
Somit müsste man sie im Mahayana mit einschließen.
Ich persönlich differenziere bei den Zeremonien zur Verdienstübertragung an "alle fühlenden Wesen" nicht nach Art des Lebewesens.
Um zu verdeutlichen was ich meine, beziehe ich mich mal auf die Unterschiede in den verschiedenen christlichen Glaubensbekenntnissen.
Dort heißt es einmal, man glaube an den "Schöpfer des Himmels und der Erde" und in der erweiterten Fassung "der sichtbaren und der unsichtbaren Welt".
Für mich wäre klar, dass der "Allmächtige der alles geschaffen hat", auch die "sichtbare und unsichtbare Welt" geschaffen hat. Das bedürfte keiner besonderen Erwähnung.
Ob es diese Wesen nun gibt oder nicht - den karmischen Verdienst aus der Übertragung bei Sutra-Rezitationen kriegen sie jedenfalls von mir.
Die Existenz von Höllen und Götterhimmeln wird m.E. in den Sutren erwähnt
Ja das ist meines Wissens nach der Fall - aber ich wüsste nicht, dass sie tatsächlich Bedeutung für die Lehre hätten.
Selbst wenn es Textstellen geben würde im Stil von:
"Und es begab sich, dass ein hungriger Geist an den Erhabenen herantrat, sich niederwarf und fragte..."
Dann ist die reale Existenz dieser Wesen zumindest für mich letztlich unbedeutend. Die gleiche Frage hätte auch ein hungriger Mensch stellen können.
Buddhisten sehen Götter weitgehend als "Funktionen" an, im metaphorischen Sinne!
In vielen buddhistischen Schriften ist von Göttern die Rede - meistens in Schützender Funktion.
Ich vermute, Buddha wollte die zu seiner Zeit hinduistischen Brahmanen nicht vor den Kopf stoßen und seiner Lehre bessere Chancen eröffnen, weshalb er die "alten Götter" der Hindus - wenn auch nur schemenhaft und ansatzweise - übernahm.
Die Götter "in schützender Funktion" gibt es nur im tibetischen Buddhismus ( das sind dann entweder Götter, die aus der Bön-Religion übernommen wurden, oder Bodhisattvas ).
Ich denke nicht, dass Buddha "die Brahmanen nicht vor den Kopf stoßen" wollte. Dazu hat er sich zu oft und zu deutlich über bestimmte Aspekte brahmanischen Glaubens geäußert.
Auch über einzelne Götter hat er mehr als nur "schemenhaft" gesprochen. Viele "Begebenheiten" mit dem einen oder anderen Gott hat er sogar ausführlich beschrieben ( siehe z.B. Majjhima Nikaya 49: Brahmanimantanika Sutta, wo er sich sehr klar über das "Gottesbild" der damaligen Zeit ausließ ).
Götter sind im Buddhismus eben auch Wesen, die dem Kreislauf des Samsara unterworfen sind ( wenn auch ihre Existenz sehr viel länger dauert als unsere ). Kein Gott ist "Schöpfer" des Universums, und keiner "erlöst" uns...
Liebe Grüße: Manu
Buddhisten kennen durchaus Götter. Sie werden aber als Wesen angesehen, die auch irgendwann sterben. Eine Existenz und eine Wiedergeburt als Gott wird nicht als erstrebenswert angesehen, weil sie in einem Umfeld leben, indem sie keine Veranlassung sehen, die Befreiung anzustreben. Sie werden ihren Status verlieren und dann in einem niedrigeren Bereich wieder geboren.
Das Judentum ist auch aus der polytheistischen "Religion" des alten Kanaan hervorgegangen. Warum beten Juden also nicht zu Baal?
Die Antwort ist in beiden Fällen gleich:
Buddhismus und Judentum haben sich von ihren Mutter-"religionen" gelöst und eine eigenständige Theologie entwickelt. Im Falle des Judentums war der Umbruch radikal, beim Buddhismus nicht ganz so sehr, deshalb finden sich dort noch mehr Glaubensinhalte bzw. Begriffe aus dem Hinduismus (Karma, Dharma, Dukkha usw).
Auch im Buddhismus ist von Göttern (z. Teil übereinstimmend mit dem Hinduismus) die Rede.
Allerdings wird diesen nicht die Bedeutung beigemessen, die sie im Hinduismus oder bei unseren monotheistischen Religionen haben.
Bei "uns" sind das "Wesen wie du und ich", nur daß diese (aufgrund ihres vorhergehenden Wirkens) in übermenschlichen Daseinsebenen (vorübergehend!) leben.
Schöpfer, Herrscher, Richter, ewig, allwissend - all das kannst du getrost vergessen.
Nur, wenn man ihre Existenz verneint. Ansonsten gehören sie zu all den Wesen, die sich an Samsara gefesselt nach Befreiung von Leiden sehnen. Somit müsste man sie im Mahayana mit einschließen.
Die Existenz von Höllen und Götterhimmeln wird m.E. in den Sutren erwähnt 🤔