Ultimatum Österreich Ungarns an Serbien?

6 Antworten

Die Forderungen Österreichs bestanden aus sechs Punkten:

Von der serbischen Regierung wurde eine offizielle Distanzierung von der südslawischen Vereinigungspolitik gefordert, die auf einen Zusammenschluss aller Südslawen unter serbischer Führung abzielte und die territoriale Integrität Österreich-Ungarns in Frage stellte.

Weitere Punkte waren die Forderung nach einer Säuberung der serbischen Armee und Beamtenschaft von anti-österreichischen Agitatoren und die Unterdrückung der Österreich-feindlichen Propaganda in der serbischen Presse. In direktem Zusammenhang mit dem Attentat stand die Forderung nach einer Verfolgung von gegen Österreich operierenden extremistischen Geheimorganisationen.

Vor allem der sechste Punkt, in dem Wien auf einer Mitwirkung von österreichischen Beamten bei der Aufklärung des Attentates und der Verfolgung der politischen Drahtzieher auf serbischem Territorium bestand, wurde so formuliert, dass eine Ablehnung Serbiens zu erwarten war. Denn die Annahme dieser Bedingung hätte die staatliche Souveränität Serbiens verletzt.

Von Serbien wurde eine Reaktion binnen 48 Stunden verlangt. Bei Nicht-Eingehen auf die Forderungen von serbischer Seite wurde zunächst mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen gedroht. Eine explizite Kriegsdrohung wurde nicht ausgesprochen, war aber der unausgesprochene nächste Schritt.

Die letzten naiven Hoffnungen, den Krieg auf einen lokalen Konflikt zwischen Serbien und Österreich beschränkt zu halten, wurden spätestens am 24. Juli, also noch vor dem Auslaufen der Frist des Ultimatums, enttäuscht, als in Russland, dem wichtigsten Bündnispartner Serbiens, die Teilmobilisierung angeordnet wurde. Spätestens jetzt war klar, dass jeder weitere Schritt zu einer Eskalation mit fatalen Folgen führen würde.

Am 25. Juli traf fristgerecht die Antwort Serbiens ein, das den Großteil der Forderungen bedingungslos akzeptierte; nur der letzte Punkt betreffend die Ermittlungen österreichischer Beamter auf serbischem Hoheitsgebiet wurde abgelehnt. Das weitreichende Entgegenkommen vonseiten Serbiens kam für Wien unerwartet. Die ablehnende Reaktion des österreichischen Außenministers bezüglich weiterer Verhandlungen machte offenkundig, dass Wien an einer diplomatischen Lösung nicht interessiert war.

Es war ein Geschacher - keiner wollte für den Krieg schuldig sein, aber trotzdem sein Gesicht wahren, den Krieg in Kauf nehmen, wenn der andere ihn erklärte oder den Kriegsgrund lieferte. Deshalb gab Serbien weitgehend nach, aber nicht uneingeschränkt. Österreich wollte den Krieg gegen Serbien, also hat es ihn erklärt, weil das Ultimatum nicht restlos akzeptiert wurde.

Hier kannst Du mehr nachlesen: http://geschichte-forum.forums.ag/t650-ware-der-erste-weltkrieg-ohne-das-attentat-von-sarajevo-ausgebrochen#7520

Serbien hat alle Punkte, außer den Kern des Ultimatums, die Aufklärung des Attentats mit Beteiligung österreich-ungarischer Beamter, angenommen. Ob diese Ablehnung gerechtfertigt war, ist in der heutigen Forschung umstritten. Die einen sagen, die Ablehnung dieses Kernpunktes ist auf dem Hintergrund serbischer Souveränität zu sehen, welche dadurch gefährdet worden wäre. Die anderen sehen das nicht so, betrachten diese Forderung sogar in Anbetracht der Geschehnisse als legitim und die serbische Ablehnung dieses Punkts als Teil einer größeren serbischen Taktik. Die Mitwirkung der ausländischen Beamten hätte eine Vertuschung der Umstände deutlich erschwert. Fakt ist nämlich, dass der serbische Geheimdienst, unabhängig von der Regierung gehandelt und das Attentat ermöglicht hatte. Die Regierung, insbesondere der serbische Premierminister, der sogar vor dem Attentat noch von den Plänen mitbekommen hatte, konnte nicht nachweisen, dass sie nicht aktiv daran beteiligt war - eher im Gegenteil. Hätte es diese Wendung bei den Untersuchungen gegeben, wäre Serbien das Risiko eingegangen sich ins diplomatische Aus, auch in Hinsicht des großen Protektors Russland, zu schießen. Die Annahme zumindest der anderen Punkte war wichtig, um ein serbisches Entgegenkommen zu suggerieren, einerseits, da tatsächlich erhofft wurde, dass es den Habsburgern reichen könnte, andererseits, weil auch vor Russland der gute Willen demonstriert werden musste, um so Rückendeckung zu erhalten.

Hi. 

Die beiden kompetenten bisherigen Antworten möchte ich nur in einem Punkt wertend ergänzen: 

Serbien hat - zum Leidwesen der österreichischen Kriegstreiber - das Ultimatum weitestgehend akeptiert. Das Akzeptieren ALLER Punkte hätte ein völliges Aufgeben der serbischen Souveränität bedeutet. 

Gruß, earnest



Österreich hatte Serbien bereits am 18. Oktober 1913 ein viel härteres Ultimatum gestellt, das die Serben innerhalb von sieben Tagen bedingungslos erfüllten. Man war daher überzeugt, dass dies die einzige richtige Art sei, um mit den eroberungslustigen Serben zu reden.