TVöD EG12 als Betriebsingenieur mit Bereichleitung?
Hi
schaue mich mich gerade auf dem Stellenmarkt um und auch wenn es vielleicht arrogant klingt, aber ich finde eine Stellenanzeige für einen Betriebsingenieur mit Bereichsleitung der nach TVÖD nach EG12 eingestellt/bezahlt werden soll.
Ich frage mich nun ob ich so daneben liege, aber das bedeutet ein studierter Ingenieur mit Bereichsleitung inkl. Personalverantwortung soll hier für 46k€ p.a. brutto eingestellt werden. Ich frage mich ob ich hier etwas übersehe oder ist dies so. Wenn ich den TvÖD grob überfliege geht es um 39h Woche.
Ich würde jetzt nicht behaupten in der freien Wirtschaft, dass dort mit dieser Qualifikation und Verantwortung öfters das Doppelte üblich ist.
Wie gefragt, übersehe ich hier etwas beim TVÖD oder entsteht so das Märchen von den gesuchten aber nicht gefunden Fachkräften?
Thx
2 Antworten
Es ist in der Tat so, daß der öD in vielen Bereichen wesentlich schlechter bezahlt als die freie Wirtschaft (so auch in deiner Berufssparte) - eine Eingruppierung nach TVöD 12/13 ist hier vorgesehen.
Im öD hat man dagegen eine weitgehende Arbeitsplatzsicherheit, es wird pünktlich bezahlt, es ist i. d. R. eine familienfreundliche Arbeitszeitgestaltung möglich und auch ansonsten können die unterschiedlichen ArbN-Rechte (wie Elternzeit etc.) selbstverständlicher in Anspruch genommen werden; auch häufigere oder längere Krankheitszeiten stellen im öD kein Problem dar; Fortbildungen werden großzügig gewährt.
Der "negative Streßfaktor" im öD ist um einiges geringer als in der freien Wirtschaft.
- Es sollte also abgewogen werden, ob alleine die Gehaltshöhe das entscheidende Kriterium für die Auswahl des ArbG sein muß.
Auf der anderen Seite hast Du völlig Recht, daß die niedrigere Bezahlung dazu führt, daß die Auswahl an Bewerbern nicht so üppig ist.
Der TVöD hat den damaligen Bundesangestelltentarif (BAT) abgelöst und die Tabellenvergütungen verringerten sich erheblich für Neueinstellungen.
Im Zweifelsfall könnte man die Stelle auch vorübergehend ausüben, um Berufserfahrung zu sammeln und man könnte sich ja weiter bewerben - dann ist man nicht in einer Arbeitslosigkeit aus der man sich heraus bewirbt - das ist oft ein Negativpunkt; man muß nur beachten, daß die Kündigungsfristen im öD verhältnismäßig lang sind.
Danke. Auch für Deine ausführliche Antwort. Natürlich gibt es weitaus mehr Kriterien für einen Job als das gezahlte Gehalt. Ich frage nur (so blöd) da mir der Unterschied doch recht extrem vorkommt. Denn jeder der diesen Job annimmt wohnt erst einmal im etwa gleichen Mietspiegelbereich und schlägt sich mit identischen Lebenskosten rum. Vergleiche ich dies mit einem IG Metall Tarifvertrag sind es dort 35% mehr Jahresbrutto bei 11% weniger Arbeitszeit. AT-Verträge liegen hier oft drüber nach meiner Erfahrung wobei +50% keine Seltenheit sind, dann natürlich werden es auch locker +35% mehr Arbeitszeit die oftmals nicht extra vergütet wird. Aber alles nur mal um es objektiv festzustellen auf Richtigkeit und was jeder daraus macht ist ja sehr individuell.
Du übersiehst, dass die Verwaltungen Spielräume haben, in welcher Stufe die Neueinstellung erfolgt. Bei solchen Stellen würde ich mindestens von Stufe 3 ausgehen.
Das Märchen entsteht dadurch, dass viele Personen einfach nur viel Geld verdienen wollen und zumeist kein Interesse an eine geregelte Arbeitswoche legen. Als Führungskraft im Ingenieurswesen wirst du in der freien Wirtschaft in der Regel weit über 40h in der Woche Arbeiten und die Überstunden wirste sehr lange vor dir her schieben. Beim ÖD kannst du theoretisch nach deiner Regelarbeitszeit den Stift fallen lassen und los gehen. Ganz nach dem Motto "Was heute nicht erledigt, macht man morgen".
Weiterhin darf die VBL nicht unterschätzt werden.
Die VBL macht jährlich ca. 4.600 EUR in Stufe 3 aus. Der Arbeitnehmeranteil ist bei den von dir recherchierten 57k schon rausgerechnet.
Ob du Dienst nach Vorschrift machen möchtest, liegt bei dir. Die meisten machen es nicht. Und im Ingenieurswesen des ÖD ist es auch nicht immer lockerflockig :).
Weiterhin noch ein Tipp: es gibt Möglichkeiten, zukünftig höher eingruppiert zu werden.
@FinisTerrae Danke. Die Einstufung in Stufe 3 kann ich mitlerweile aus der "Bemerkung" "x-Jahre relevante Berufserfahrung wünschenswert" auch erkennen und denke hier ist Spielraum. Wie verhält es sich jedoch mit der EG12, die gemäß Pflichtangabe genannt ist? Habe Eingruppierungsinfos gesehen wonach Master oder Universitätsabschlüsse mindestens mit EG13 einzustufen sind. Hier wird dann wohl die Stelle zählen und eine "Überqualifizierung" ist dann mein Problem oder gibt es so gute Chancen flott in EG13 zu kommen. Würde sowas ja ungern im Vorstellungsgesprächen andiskustieren wollen, auch wenn alles Andere viel Raum für Enttäuschung aus unrealistischen Erwartungen schafft.
Genau, der Arbeitgeber bewertet die Stelle nach EG12. Die Bewertungen der Stellen sind nicht einheitlich und jeder öffentliche Arbeitgeber kann diese selbst bewerten.
Nicht die Qualifikation des Angestellten gibt die Eingruppierung vor, sondern die Eingruppierung einer Stelle setzt einen gewissen Bildungsgrad voraus. Ab EG9b bis EG12 wird in der Regel ein Bildungsniveau eines Bachelors vorausgesetzt. Ab EG13 wird in der Regel ein Bildungsniveau eines Masters vorausgesetzt.
Durch eine Bewertung einer Stelle in die EG12 anstatt EG13 wird also auch der Bewerberpool erweitert.
Danke. In der Stufe 3 sind es 57k€. Das liegt grob da (leicht drüber) wo derzeit Bachelor frisch von der Uni/FH eingestellt werden im Ingenieurbereich. Bzgl. VBL habe ich noch nicht finden können was das effektiv bedeutet und diese ist nätürlich dazu zu rechnen.
Im Punkt Arbeitszeit ist sicher etwas dran, aber wieviel davon ist Gerücht nach dem Motto "da wird eh nur Dienst nach Vorschrift gemacht"? Gerade im Technikbetrieb zB von Krankenhäusern handelt es sich um Wirtschaftsunternehmen und da kann ich mir schwer vorstellen, dass man da konstant auf 70% Leistung läuft. Ergänzend werden es sicher weniger und weniger Betriebe, aber es gibt noch große Teile die gemäß Tarifvertrag zB IG Metall & Elektro beschäftigen. Da hat man auch wenig Chance beim Thema Zeiterfassung dort grob drüberzugehen (35h Woche). Ausstempeln und weiter arbeiten geht natürlich, aber das ist sicher kein Regelfall.