Spezielles Nyquist Kriterium?

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Diese Verwirrung kenne ich nur zu gut...

Hier musst du etwas aufpassen: Die Geschichte mit dem Bode-Plot und Gain-Margin ist leider nicht die ganze Wahrheit und gilt zwar oft (unter "nicht pathologischen" Bedingungen), aber eben nicht immer ;-)

Anhand des Bildes siehst du Ortskurven der Schleifenverstärkung Fo (open loop gain). Beginnen wir mit der blauen Ortskurve. Hier hat man bei 180° eine Verstärkung |Fo|> 1, somit folgert man: das geschlossene System ist instabil.

Dies ist tatsächlich der Fall, da der Punkt -1 topologisch einmal umschlungen wird (Nyquist Kriterium).

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Nun vergrößern wir die Schleifenverstärkung, indem wir z.B. die Rückkopplung um einen Faktor vergrößern. Was passiert? Aus der blauen wird die rot strichlierte Ortskurve.

Hier haben wir sogar zwei Punkte, A, B, die Anlass zur Vermutung geben könnten, das System müsse erst recht instabil sein: Das ist aber nicht der Fall, denn der Punkt -1 wird hier nicht umschlungen!

Eine Vergrößerung der Verstärkung führte also dazu, dass das System stabil wird (bzw. eigentlich "bedingt stabil" oder "conditionally stable").

Bedingt stabil ist das System deshalb, da die Stabilität auf einer Mindestverstärkung basiert, die durch Überschreiten der Aussteuergrenze eines Verstärkers oder schon durch Nichtlinearitäten in der Aussteuercharakteristik wieder kleiner werden kann und somit das System instabil machen.

Beispiel:

Dieses Bode Diagramm ist von einem (bedingt) stabilen System, obwohl man bei den 180° Frequenzen jeweils eine Verstärkung > 1 hat:

Bild zum Beitrag

Aus dem Nyquist Diagramm sieht man, dass der Punkt -1 nicht umschlungen wird, das System also (bedingt) stabil ist:

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Verringert man die Proportionalverstärkung von 20 auf 0.7 , so findet man dieses Bode-Diagramm:

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Jetzt wird der Punkt -1 umschlungen und das System ist instabil:

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Man sollte meiner Meinung nach immer das Nyquist Kriterium in der allgemeinen Form verwenden, da das simple Kriterium mit der Phasenreserve an nur einem Punkt im Bode-Diagramm, so wie man es oft hört, zu Verwirrungen und falschen Folgerungen führen kann, wenn man es unreflektiert gebraucht. Bei mir hat es zu dieser Einsicht lange gedauert, da man es mir in der Ausbildung "falsch" beigebracht hat.

Übrigens wird sogar in ansonsten sehr guten Büchern (Tietze-Schenk) das Stabilitätskriterium falsch bzw. zu vereinfacht dargestellt.

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Um was geht es? Signalverstärker?

Was ist gegenüber was verschoben?

Einmal um 180 Grad verschieben = gegenphasig

Nochmal um 180 Grad verschoben = wieder im Phase (aber evtl. um eine Periode verschoben)

Je nachdem, wie dein Verstärker genau aufgebaut ist und wie er angeschlossen ist, kann er durch ungünstige Rückkopplungen ins schwingen geraten.