Sicht auf Bismarck heute?

Ich finde Bismarck gut 81%
Wer ist Bismarck 12%
Ich finde Bismarck schlecht 7%

42 Stimmen

13 Antworten

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War Bismarck "gut" oder "schlecht"? Mit diesen unklaren Begriffen kann man Bismarck historisch nicht bewerten!

Was ist denn "gut" oder "schlecht" - und war das, was heute als gut oder schlecht gesehen wird, auch z. Zt. Bismarcks gut oder schlecht?

Wer war der Politiker Bismarck? Er verstand sich in erster Linie als Diener seines Monarchen und seines Landes, Preußen. Darin war er erfolgreich: er hat Preußen zur Vormacht in Deutschland gemacht und aus seinem König Wilhelm einen "Kaiser Wilhelm". Außerdem wurde unter ihm Deutschland zur Großmacht in Europa - wenn auch keine Weltmacht, aber Bismarck war damit zufrieden, weil er begriff, dass Deutschland dem britischen Weltreich keine Konkurrenz machen konnte. Sicher, Bismarck hat Kriege geführt, aber Krieg galt damals als legitimes Mittel der Politik. Als Außenpolitiker war Bismarck durchaus erfolgreich, allerdings hat er durch seine komplizierten, auch widersprüchlichen Bündnisse seinen Nachfolgern eine Bürde auferlegt, deren Folgen er aber nicht absehen konnte. "Schlecht" war seine hartnäckige Weigerung, sich mit Frankreich zu einigen und dieses permanent in Europa zu isolieren. Auch nach damaligen Verhältnissen konnte diese Politik auf Dauer keinen Bestand haben, und hier hat er seinen Nachfolgern den falschen, einen fatalen Weg gewiesen - was er nicht wissen konnte. Die Verantwortung dafür, diesen Irrweg einer dauerhaften Feindschaft mit Frankreich verstetigt zu haben, tragen allerdings Bismarcks Nachfolger, denn sie hatten Alternativen!

Und wie soll man den Innenpolitiker Bismarck bewerten? Er hat Deutschland geeint, aus vielen deutschen Monarchien ein Monarchenbündnis geschmiedet und in ihrer Mitte seinen König als Kaiser installiert. Zwar waren weder die anderen Monarchen noch ihre Völker Untertanen des Kaisers, aber die Verfassung gab dem Kaiser erhebliche Machtbefugnisse. Die Verfassung hatte Bismarck auf sich und seine Fähigkeiten zugeschnitten, er, nicht der Kaiser, war der wahre Regent des Reiches. Gewiss, er hatte Machtbewusstsein, aber ihm fehlte staatsmännische Vorausschau. Denn ohne ihn bzw. einen fähigen Nachfolger, ohne einen kooperativen, fähigen Kaiser war die Reichsregierung überfordert - die Regierungen Wilhelms II. und seiner Kanzler belegen dies. Gewiss hat Bismarck seinem Kaiser, Wilhelm I., erhebliche politische Macht bewahrt, aber im Hinblick auf die Zukunft wäre sowohl eine Demokratisierung als auch Parlamentarisierung der preußischen bzw. der kaiserlichen Monarchie der Hohenzollern sinnvoller und vielleicht dynastieerhaltend gewesen. Insofern erweist sich Bismarck lediglich als Kind seiner Zeit und seiner Herkunft, ohne politischen Weitblick. Diesen besaß er auch nicht bei seiner Sozialpolitik, für die ihn manche Bewunderer heute noch loben - obwohl sie nur allerniedrigstes Niveau der Bevölkerung unzureichend absicherte. Im internationalen Maßstab war diese Politik allerdings fortschrittlich, sicher lobenswert, auch von einem gewissen patriarchalisch-sozialfürsorglichen Gedanken bewegt. Vorallem aber war sie durch Bismarcks Feindschaft gegen alles Sozialdemokratische motiviert. Nie hat Bismarck versucht, zu einem Ausgleich mit der Sozialdemokratie und ihrem Wirken für die Interessen der großen Gruppe der Arbeiterschaft zu kommen, sondern er hat in ihnen immer nur Reichsfeinde sehen wollen. Auch hier war Bismarck wenig vorausschauend, in keinem Falle demokratisch gesonnen, und hat er die Zeichen der Zeit nicht erkannt oder erkennen wollen. So ist auch seine Bilanz als Innenpolitiker recht gemischt.

Fazit: Bismarck war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein bedeutender preußisch-deutscher und europäischer Politiker, der Leistungen und Fehlleistungen vorzuweisen hat. Ihn als deutschen Heros in höhere Sphären zu erheben, wie es insbesondere in nationalistischen Kreisen schon des Kaiserreiches selbst geschehen ist, überschätzt Bismarck als Mensch und Politiker in erheblichem Maße!

MfG

Arnold


treppensteiger  22.05.2019, 15:48

War die Sozialpolitik tatsächlich "väterlich-herrschend-fürsorglich" oder nicht vielleicht eher "berechnend fürsorglich" in dem Sinne, sich keine größeren Aufstände leisten zu wollen? Bzw. wenn er denn so Sozialdemokratiefeindlich war, er diesen halbwegs dauerhaft die Grundlage entziehen wollte. Wäre ja wenigstens denkbar.

ArnoldBentheim  22.05.2019, 15:57
@treppensteiger

Ich hatte geschrieben, dass seine Sozialpolitik "auch von einem gewissen patriarchalisch-sozialfürsorglichen Gedanken bewegt (war). Vorallem aber war sie durch Bismarcks Feindschaft gegen alles Sozialdemokratische motiviert." Bismarck befürchtete weniger Aufstände, sondern wollte vielmehr die Arbeiter von der Sozialdemokratie abziehen und mit dem monarchischen Herrschaftssystem aussöhnen.

Ich finde Bismarck gut

Bezüglich der Frage ob man ihn gut findet oder nicht, muß man seine Fähigkeit in den Vordergrund stellen das Deutsche Reich durch ein Bündnisgeflecht vor einem vernichtenden Krieg zu bewahren. Durch seine Entlassung durch Kaiser Wilhelm II. und dessen diplomatische Ungeschicktheit geriet das Deutsche Reich dann nicht nur in den Ersten Weltkrieg, sondern als Folge davon schließlich auch in den Zweiten. Dieses ist für mich die tragischste Tatsache bezüglich Bismarck.

Wer ist Bismarck

Ich habe nur den Namen bisher gehört. Falls ich mal wusste wer es ist, habe ich es vergessen und kann mich nicht erinnern.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Ich finde Bismarck gut

Wir viele andere, wichtige historische Figuren.

Tat einige gute Dinge, tat einige schlechte Dinge.

Lehne aber eher auf die Seite, dass er im Endeffekt mehr gut als schlecht für unser Land war.

Ich finde Bismarck gut

Bei weitem nicht alles war an Bismarck gut, aber er stand für eine Annäherung an Russland und wäre er heute Kanzler würden wir uns niemals einem anderen Land, derzeit eben den USA, unterordnen. Bismarck spielte in einer anderen Liga als Merkel, die Amateurin, die nur der Zufall aufs Schild gehoben hat.


ArnoldBentheim  18.05.2019, 16:03
aber er stand für eine Annäherung an Russland und wäre er heute Kanzler würden wir uns niemals einem anderen Land, derzeit eben den USA, unterordnen.

Das ist unhistorischer Quatsch! Schon damals hat Bismarck die Russen als rückständig und die Zarenregierung als Despotismus erkannt. Freilich, das Land war ein Koloss, mit dem in irgendeiner Weise verbündet zu sein ihm damals als für Preußen/Deutschland sinnvoll erschien.

Das heutige Deutschland ist mit den USA verbündet und hat, trotz aller Verwerfungen, ein diplomatisch akzeptables Verhältnis zu Russland. Deutschland ist keiner Macht untergeordnet, im Gegenteil. Die Einstellung zu den USA seit Trump ist nurmehr freundlich-distanziert, unsere Politiker sparen nicht mit berechtigter Kritik an beiden Staatslenkern, Trump und Putin. Bismarck war kein Dummkopf, und mit dem heutigen geistigen Rüstzeug würde es Bismarck auch nicht anders sehen und halten! Wahrscheinlich würde er sogar die Fortentwicklung der EU energischer vorantreiben als die derzeitige deutsche Regierung, weil er erkennen würde, dass dies auch im Sinne Deutschlands ist!