Sekundäre Darlegungslast bei Parkdepot Parkverstoß?
Sehr geehrte Community,
ich habe ein Schreiben von Parkdepot erhalten, in dem es heißt ich habe zu einem gewissen Zeitpunkt auf einem von Parkdepot überwachten Rewe Parkplatz geparkt. Auf dem Foto im Schreiben ist mein Auto zu sehen, allerdings hatte ich zu dem Zeitpunkt mein Auto nicht und weiß auch nicht wer gefahren ist (Ja, es fahren viele Leute meinen privaten PKW, Familie und Freunde).
Das habe ich Parkdepot so mitgeteilt; ich habe zu dem fraglichen Zeitpunkt weder meinen PKW genutzt, noch kann/möchte ich Angaben zu dem Fahrer machen (das ist ja auch mein gutes Recht).
Sie haben geantwortet, dass laut dem Bundesgerichtshof vom 18.12.2019 (AZ XII ZR 13/19) dem Fahrzeughalter die Strafe als "sekundäre Darlegungslast" auferlegt werden kann. Das heißt: wenn sich kein Schuldiger findet, dann haftet eben einfach der Fahrzeughalter.
Das kommt mir jedoch sehr suspekt vor..?
Kann eine private Parkplatzüberwachung mir eine Strafe aufbinden, wenn ich nicht gefahren bin und auch nicht ersichtlich ist, wer gefahren ist? Ich weiß, dass das Ordnungsamt ihre Forderung eintreiben kann, egal ob schuldig oder nicht. Aber wir sprechen hier wie gesagt von einem privaten Unternehmen.
Ich wäre über hilfreiche Antworten wirklich sehr dankbar!
7 Antworten
ich habe zu dem fraglichen Zeitpunkt weder meinen PKW genutzt, noch kann/möchte ich Angaben zu dem Fahrer machen (das ist ja auch mein gutes Recht).
Das ist nicht korrekt. Wir sind hier im Zivilrecht. Um wirksam deine Fahrereigenschaft zu bestreiten, musst du der Behauptung der Fahrereigenschaft explizit entgegentreten und konkrete Angaben zum Sachverhalt machen. Das bedeutet, dass du zumindest die Personen angeben musst, die als Fahrzeugführer zum fraglichen Zeitpunkt in Betracht kommen. Das gilt auch dann, wenn diese Personen Angehörige sind, für die ein Zeugnisverweigerungsrecht bestände.
Den Fahrzeughalter, den der Betreiber eines unentgeltlichen Parkplatzes als Fahrzeugführer auf ein "erhöhtes Parkentgelt" in Anspruch nimmt, trifft jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Um seine Fahrereigenschaft wirksam zu bestreiten, muss er vortragen, wer als Nutzer des Fahrzeugs im fraglichen Zeitpunkt in Betracht kommt.
BGH, Urteil vom 18.12.19 – XII ZR 13/19, juris.bundesgerichtshof.de, Leitsatz d)
Dass zu den zu benennenden Personen dann gegebenenfalls auch Angehörige zählen, steht der Zumutbarkeit nicht entgegen.
BGH, Urteil vom 18.12.19 – XII ZR 13/19, juris.bundesgerichtshof.de, Rn. 42, S. 3
Hinweis: Spätestens vor Gericht wirst du wahrheitsgemäße Angaben machen müssen (§ 138 Abs. 1 ZPO). Vorsätzliche Falschangaben können als Prozessbetrug und damit als Straftat gewertet werden.
In der Regel kommt man aber aus der Geschichte raus, wenn man nachweisen kann, dass man zum fraglichen Zeitpunkt in dem Supermarkt eingekauft hat. Kassenzettel habt ihr hoffentlich aufgehoben? Der Supermarkt möchte ja nicht seine Kunden verärgern, sondern nur unberechtigte Nutzer des Parkplatzes abschrecken.
Ich gehe grundsätzlich von BRD-Recht aus. Keine Anwendbarkeit auf das Recht anderer (deutschsprachiger) Länder.
Hier juristischer Laie
Das kommt mir jedoch sehr suspekt vor..?
Dazu aus https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2019/2019164.html
Denn beim Parken auf einem privaten Parkplatz handelt es sich um ein anonymes Massengeschäft, bei dem der Parkplatz nicht einem bestimmten Vertragspartner, sondern der Allgemeinheit zur - regelmäßig kurzzeitigen - Nutzung angeboten wird. Zu einem persönlichen Kontakt zwischen Betreiber und Fahrer als den beiden Vertragsparteien kommt es regelmäßig nicht. Dies hat zwangsläufig zur Folge, dass dem Verleiher die Person des Fahrzeugführers als des Entleihers nicht bekannt ist. Dass der Parkplatzbetreiber das Abstellen des Fahrzeugs nicht von einer vorherigen Identifizierung des Fahrzeugführers abhängig macht, ist Bestandteil dieses Massengeschäfts und liegt im Interesse der auf den einfachen Zugang auch zu privaten Parkplätzen angewiesenen Verkehrsöffentlichkeit. Er hat keine zumutbare Möglichkeit, die Identität seines Vertragspartners bei Vorliegen eines unberechtigten Abstellvorgangs und damit einer Verletzung seiner letztlich aus dem Eigentum folgenden Rechte im Nachhinein in Erfahrung zu bringen. Selbst wenn er - mittels gesteigerten Personalaufwands - den Fahrer bei dessen Rückkehr zum Fahrzeug anhalten würde, könnte er dessen Personalien ebenso wenig ohne weiteres feststellen wie auf der Grundlage etwa von Videoaufnahmen. Jedenfalls von demjenigen, der Privatparkplätze unentgeltlich zur Verfügung stellt, kann auch nicht die Errichtung technischer Anlagen (etwa eines Schrankensystems) gefordert werden, die letztlich allein der Verhütung des Missbrauchs dieses Angebots dienen.
Im Gegensatz dazu ist es dem Halter, der unter Beachtung seiner prozessualen Wahrheitspflicht bestreitet, selbst gefahren zu sein, regelmäßig selbst mit einem gewissen zeitlichen Abstand ohne weiteres möglich und zumutbar, jedenfalls die Personen zu benennen, die im fraglichen Zeitraum die Möglichkeit hatten, das Fahrzeug als Fahrer zu nutzen. Denn er hat es regelmäßig in der Hand, wem er das Fahrzeug überlässt.
Da kann ich nichts erkennen, was man als suspekt bezeichnen könnte.
Offensichtlich haben die das Urteil, auf das sie sich beziehen selbst nicht gelesen.
dieses besagt nur, dass Sie, um Ihre „Fahreigenschaft“ wirksam zu beschreiben (also anzugeben, dass Sie nicht Gefahren sind) zumindest einen Personenkreis angeben müssen, der die Möglichkeit hatte, das Fahrzeug zu nutzen
Ob sich daraus am Ende der konkrete Fahrer ermitteln lässt, oder es im Sand verläuft, ist unerheblich, jedenfalls müssen Sie keine einzelne Person benennen und können auch nicht haftbar gemacht werden, wenn der Betreiber des Parkplatzes den Fahrer nicht ermitteln kann
Im übrigen sollte man das nicht bei Bußgeldbescheiden von Behörden machen. Im Gegensatz zu privaten Parkplatzbetreibern mit zivilrechtlichen Ansprüchen kann dort in dem Fall (also bei vielen möglichen Fahrern wo sich im Zweifel einer nicht mehr ermittelten lässt) die Auflage erteilt werden, künftig ein Fahrtenbuch zu führen
Die Firma hat das Urteil scheinbar nichtmal gelesen.
Sie schreibt, du müsstest den konkreten Fahrer bennen.
Sie zitiert ein Urteil, in dem es heißt, du musst lediglich den in Frage kommenden Fahrerkreis benennen. Und das gemäß §138 der Zivilprozessordnung, dort zu finden unter Abschnitt 3, "mündliche Verhandlung".
allerdings hatte ich zu dem Zeitpunkt mein Auto nicht und weiß auch nicht wer gefahren ist
Die übliche lahme Ausrede. Wenn du das nicht weißt, kann also auch jemand ohne Führerschein sich einfach dein Auto krallen. Dann hast du ein noch größeres Problem. An deiner Stelle würde ich in Zukunft darauf acht geben, sonst kann man von dir das Führen eines Fahrtenbuches verlangen.
Das habe ich auch nicht behauptet. "In Zukunft" steht da, bei seiner Praxis braucht man ja nur darauf zu warten, bis es soweit kommt.
Wohl kaum wegen einer zivilrechtlichen Vertragsstrafe.