"Satire tritt immer nur nach oben"?

6 Antworten

Damit ist gemeint, daß Satire ein Waffe gegen sozial Höhergestellte ist, deren Fehler sie aufzeigt un der Lächerlichkeit preisgibt. Man spottet also gegen Leute, die gesell­schaft­liche Macht innehaben, und nicht gegen die, die ohnehin in Elend und Armut leben.

Als Faustregel ist das sicher richtig, aber „Macht“ ist eine komplizierte Sache, und auch Leute an der Basis der sozialen Pyramide haben bestimmte Formen von Macht, z.B. Männer über Frauen. Daher ist es auch durchaus möglich, daß jemand mit hoher Bilung und privilegierter Stellung sich über Menschen, die als einzelne eigentlich macht­los sind, lustig machen kann, ohne dabei das Wesen der Satire zu verletzen.

Ein wunderbares Beispiel dafür ist Der Herr Karl, einer der besten satirischen Texte der deutschen Literatur und von einer solchen Abgründigkeit, daß der Zuhörer nicht weiß ob er lachen oder weinen soll. Darin machen sich zwei bürgerliche Autoren über die Geistlosigkeit der „kleinen Leute“ lustig. Das klingt auf den ersten Blick gar nicht witzig, aber der Twist dabei ist, daß diese „kleinen Leute“ in Masse ja durchaus ge­fähr­lich sind. Das Opfer des Spottes ist der namensgebende Herr Karl, der sich in einem ein­stündigen inneren Monolog selbst als gedankenloser Nazi-Mitläufer, Kriegs­profi­teur, Korruptnik und allgemein gewissenloser Mensch entpuppt. Auch wenn der Herr Karl selbst wenig zu den Nazi-Greueln beigetragen hat, so spielt der Text doch ständig mit em Gedanken, wie viel Unheil Heerscharen von solchen Leu­ten anrichten können (oder angerichtet haben).

Bei dieser Gelegenheit: Liebe almanlar und Bewohner von Germanistan: Lest das (oder hört es euch bei Youtube an), es ist großartig und leider außerhalb Österreichs weit­gehend unbekannt. Ich gebe zu, daß der schwere Wiener Dialekt und der häufige Bezug auf Wiener Topographie und Ge­schich­te erhebliche Hürden errichtet (auch mir als Grazer fällt es schwer, die Details zu verstehen; das Internet hilft), aber es lohnt sich und ist ein höl­lisch–witziges Vergnügen.

Woher ich das weiß:Hobby – Angelesenes Wissen über Sprach­geschich­te und Grammatik

Satire bezieht sich nicht immer auf Personen sondern z.B. auch auf das Verhalten von bestimmten Gruppen.

Die Gesellschaftsschicht spielt dabei keine Rolle.

Fragwürdig. "Nach oben treten" soll ja vermutlich heißen, dass damit irgendwelche dem Verfasser der Satire übergeordnete, also in der Macht-Hierarchie höherstehende Personen oder Institutionen gemeint sind.

Das KANN zwar sein, ist aber keineswegs die Regel. Satire ist beißender Hohn und Spott. Warum sollte der nur Höherstehende treffen?

Wers verdient, kriegt sein Fett weg.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – ehemaliger Lehrer für Deutsch, Mathe, Sachkunde u. Kunst

Dogetastisch 
Beitragsersteller
 21.07.2021, 18:05

Ich habe das Zitat in dem Kontext mitbekommen, dass es sich nur dann um Satire handle, wenn man gegen "mächtige" schießt. Gegenüber Minderheiten sei es jedoch keine Satire mehr.

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TMA01  21.07.2021, 18:12
@Dogetastisch

Das ist dann eindeutig Unsinn. Satire hat keinen Alleinvertretungsanspruch in Sachen Kritik an "höheren Mächten". Sowas mag abstrakt philosophisch von irgendwem so gesehen werden, aber hat nichts mit der gelebten Praxis zu tun.

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"Satire tritt immer nur nach oben".....................sie sollte den "Herrschenden" ans Bein pinkeln , aber nicht die Unterschicht durch den Kakao ziehen.

Letzteres lässt sich nicht immer vermeiden , wenn die rechten Populisten satirisch angegangen werden.

Satire entfaltet nur dann ihre Wirkung wenn der bzw. das auf den sie sich bezieht auch einen hohen Bekanntheitsgrad hat.

Bei Lieschen Müller aus Klein Kleckersdorf trifft das selten zu.