Sarrazin: Deutschland schafft sich ab. Muss ich dieses Buch lesen?

4 Antworten

Von Experte adabei bestätigt

Kann man sich defintiv sparen. So harmlos, wie es aussieht, ist es allerdings nicht.

Neben den üblichen rechtspopulistischen Thesen zur Zuwanderung macht er an ein paar Stellen ein anderes, eigentlich seit 80 Jahren überwunden geglaubtes Fass auf, sortiert Menschen nach genetischer Wertigkeit, bezeichnet ganze Volksgruppen als per se weniger intelligent und bringt Eugenik, notfalls mit Zwangsmaßnahmen, ins Spiel. Dazu kommen ein neoliberales Witschaftsverständnis und eine Abneigung gegen nicht-traditionelle Rollenbilder.

Ein paar Zitate:

""Alle Juden teilen ein bestimmtes Gen."

"Aufgrund der üppigen Zahlungen des deutschen Sozialstaats ziehen wir eine negative Auslese von Zuwanderern an. Das Transfersystem setzt auf deren Fruchtbarkeit hohe Prämien aus und zieht so die migrantische Unterschicht von morgen heran. "

" Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt(...) und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert.“

„Ganze Clans haben eine lange Tradition von Inzucht und entsprechend viele Behinderungen. Es ist bekannt, dass der Anteil der angeborenen Behinderungen unter den türkischen und kurdischen Migranten weit überdurchschnittlich ist."

„Eroberung durch Fertilität“

"Der Erwerb von Vermögen (...) entzieht sich also moralischen Kategorien."

"Der Wirtschaftsflüchtling muss weder idealisiert noch verteufelt werden, er muss (...) schlichtweg verhindert werden."

"Der übergriffige Charakter der Okkupation des Ehebegriffs durch die Schwulenbewegung ist es, der Widerstände hervorruft."

"„Die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate. Das würde mir gefallen, wenn es osteuropäische Juden wären mit einem um 15 Prozent höheren IQ als dem der deutschen Bevölkerung.“

"die weniger Qualifizierten und weniger Tüchtigen (sind) tendenziell fruchtbarer sind als die Qualifizierteren und Tüchtigeren(...). Das Kindergeld ist ein maßgeblicher Grund dafür, dass die Unterschicht deutlich mehr Kinder bekommt als andere Schichten."

Wäre das Buch von einem AfD-Politiker oder einem NPD-Mann verfasst worden, hätte man es schnell als den Schrott entlarvt, der er ist. Da Sarrazin aber formal aus einer anderen Ecke kam, schaffte er es auf die Bestsellerlisten. Mittlerweile haben sich eine Menge Leute an widerlegenden Faktenchecks versucht:

https://www.zeit.de/gesellschaft/2010-08/sarrazin-bildung-faktencheck

https://www.fr.de/meinung/sarrazin-faktencheck-11314030.html

https://www.migazin.de/2010/09/24/deutschland-schafft-sich-nicht-ab/

https://mediendienst-integration.de/fileadmin/Dateien/Sarrazins_Thesen_Dossier.pdf.

Kurzum: Defintiv keine Leseempfehlung.

Selbstverständlich kann sich das jeder sparen.

Schon zu Beginn seine kurzen Erläuterungen zur Politik und Wirtschaft des tausendjährigen Römischen Reichs sind so erschreckend simplifiziert und deshalb schlichtweg falsch, dass sie in jeder Schule in Wirtschaft/Politik die schlechteste Note bekämen.

Interessant ist nur, dass dieses Buch immer absolute Egoisten*innen für ein Lehrbuch halten. Und schlimm ist, dass Hr. Sarrazin als ehemaliger Finanzsenator Berlins in allen Punkten für Berlin versagt hat, die er in seinem Pamphlet als schlecht für Deutschland beklagt, was ihm aber seine Fans verzeihen, wenn sie das erkennen, weil er ja zu machtlos gewesen wäre.

Wir leben eben in einer sehr komplexen Demokratie. Da darf nicht nur jeder mitwirken, sondern er soll es auch, zum Beispiel in Vereinen, Berufsverbänden, Parteien. Jede Gleichgültigkeit überlässt egomanen Demagogen die Macht in allen Dingen: Macht in einer Demokratie ist andere Menschen für das Gute für alle zu überzeugen, nicht andere diktatorisch beherrschen zu wollen und gar zu irgendeiner selbst ernannten Wahrheit zwingen.

Sarrazins Buch wollte aber zu Letzterem aufrufen, was er selbst nicht einmal begreift. Grausam!

Wenn du dich für politische Bildung interessiert sind solche Bücher immer interessant. Nur zu lesen damit man es gelesen hat, ist nicht gut. Und ein "Klassiker" ist es nicht... da gibt es ganz andere aktuellere Bücher.

ich habe bisher auch keinen Wert drauf gelegt, dieses Buch überhaupt anzufangen zu lesen