Psychoterror durch Eltern?
Hallo ihr Lieben,
Ich bin mittlerweile 28 Jahre alt und habe es nie wirklich für notwendig erachtet, von zuhause auszuziehen, da ich nach meinem Schulabschluss stets in der Region gearbeitet habe und im Haus meiner Eltern eine eigene Wohnung hatte, in der ich bestens ausgestattet war.
Nun ist es so, dass ich im Dezember - auch wegen meiner Freundin - einen neuen Job begonnen habe, der knapp 100km weg liegt. Aktuell bin ich aufgrund der pandemischen Lage zwar noch zu 100% im Home Office, jedoch wird dieser Zustand wohl nicht ein Leben lang anhalten und ich kann es ehrlich gesagt kaum erwarten, meine Kollegen auch mal in real zu sehen. Da auch meine Freundin in der Region meines neuen Jobs lebt, wollen wir in Kürze zusammenziehen und ich werde somit das Nest wohl endgültig verlassen. Seit ich meine Mutter über dieses Vorhaben informiert habe, beginnt allerdings der Terror. Sie redet die Eltern meiner Freundin schlecht, dass sie daran schuld seien, dass ich ausziehen will, meint, dass sie sterben würde, wenn ich wegziehen sollte und geht jedem Gespräch aus dem Weg, in dem es um dieses Thema geht. Heute hatte sie ihren "Höchstpunkt" und fast einen Nervenzusammenbruch erlitten und meinte, dass sie mich niemals dort besuchen kommt, sobald ich dann dort wohne.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr weiter. Ich liebe meine Mutter sehr, und ich weiß, dass sie es tatsächlich kaputt machen könnte. Man muss dazu sagen, dass ich vor 2 Jahren fast an einer Krebserkrankung gestorben wäre und meine Mutter seitdem einen sehr starken Beschützerinstinkt entwickelt hat und aus diesem Grund wahrscheinlich noch mehr klammert als ohnehin schon.
Dass ich auf meine Bedürfnisse hören muss, ist mir klar. Aber hat jemand eine ähnliche Situation durchgemacht und kann mir eventuell weiterhelfen, wie ich das am besten angehe, ohne selbst kaputtzugehen?
2 Antworten
hallo Jay,
was gesund ist und üblich sein sollte, hat Snake34 gut beschrieben.
Eltern, die - warum auch immer - nicht loslassen wollen und sich gegen Selbstständigkeit des inzwischen erwachsenen Kindes heftig sträuben, neigen auch leicht dazu, den Sohn oder die Tochter unter Druck zu setzen, emotional zu erpressen. Auch Selbstmorddrohungen werden als Waffe benutzt.
Je extremer sich Eltern verhalten, desto mehr sind sie therapiebedürftig. Das Problem liegt meistens darin, dass diese Eltern ihr Verhalten nicht reflektieren und sich als sehr gesund empfinden. Hier kann man nur Empfehlungen geben, sich an Psychologen oder Seelsorger zu wenden. Motiviere Deinen Vater, sich für psychische Vitalisierung der Mutter Hilfe zu holen. Vor allem Dein Vater hat die Pflicht, seiner Frau beizustehen, die Situation gesund zu verkraften. Und ihr auch noch beizupflichten ist eine Förderung ihres ungesunden Verhaltens.
Einerseits empfehle ich Dir, verständnisvoll und einfühlsam mit mit der Mutter umzugehen, die im Moment eine Krise durchmacht. Andererseits wäre es grundfalsch, wenn Du Dich von Deiner gesunden Entwicklung abbringen lässt.
Je konsequenter Du alles durchziehst, desto stärker wird der Widerstand wachsen. Da kommt es sicherlich noch zu atemberaubenden Szenen mit der Mutter. Aber keine Sorge. Sobald Du ausgezogen bist, hat Deine Mutter auch die Möglichkeit zu erkennen, dass die Welt trotzdem nicht untergeht. Und spätestens mit fachlicher Hilfe oder seelsorgerliche Begleitung wird sie das auch gut überstehen. Es wird halt nur nicht von einer Woche auf die andere sein. Das Überwinden von Krisen braucht Zeit. Du bist dabei die geringste Hilfe.
Du bist auch nicht der Grund für ihre Krise, sondern nur der Auslöser. Grund für ihre Krise liegt vermutlich im Bereich der Frage: Was macht mein Leben sinnvoll? Und auf diese Frage hat Deine Mutter bisher keine wirklich tragende Antwort gefunden. Und genau das wird jetzt durch Deine Auszugspläne aufgedeckt.
Wenn Udo sagen würde: "Sinn meines Lebens ist das schöne Sommerwetter" (die Anwesenheit der Sonne), dann wissen wir jetzt schon, wann Udo in eine Lebenskrise geraten wird. Das scheint mir - im übertragenen Sinn - die Situation Deiner Mutter zu sein.
Du solltest dich gar nicht erst terrorisieren lassen.
Du hast deinen Eltern schon erklärt, dass du in den Ort umziehen willst, an dem dein Arbeitsplatz ist - was ja selbstverständlich ist, wenn er 100 km entfernt liegt. Der Zeitaufwand allein für Hin- und Rückfahrt steht einfach nicht dafür. Zeit ist eins der wichtigsten Güter im Leben. Nichts kann sie ersetzen.
Offensichtlich ist es auch nicht so, dass du noch in der Ausbildung steckst und dir keine eigene Wohnung leisten kannst. In unserem kulturellen Umfeld verlässt man sein Elternhaus normalerweise spätestens nach Beendigung von Studium/ Ausbildung, es sei denn, ganz besondere Umstände zwingen einen zu bleiben (z.B. Krankheit eines verbliebenen Elternteils oder beider), bis vielleicht eine für beide Seiten bessere Lösung gefunden ist.
Du bist 28 und längst erwachsen, solltest also eigentlich schon seit langem deinen eigenen Hausstand haben. Außerdem ist es für keine Freundin angenehm, zu ihrem Freund in eine Wohnung im Hause seiner Eltern zu ziehen. Ich als junge Frau würde solch einen Vorschlag ablehnen. Würde mein Freund mit 28 dann allein bei seinen Eltern wohnen bleiben, wäre das für mich ein Trennungsgrund, denn mit "Mamas Liebling" möchte ich mir keine Zukunft vorstellen.
So wie du deine Mutter beschreibst, würde sie sich permanent in eure Angelegenheiten einmischen und insbesondere deiner Freundin das Leben zur Hölle machen, weil diese "dich ja ihr, deiner Mutter, wegnimmt".
Aus meiner Sicht gibt es da gar nichts behutsam anzugehen. Je süßere Flötentöne du anschlägst, um deine Mutter zu überzeugen, desto mehr wird sie die Leidende raushängen lassen und dich damit unter Druck setzen, dass du ein undankbarer Sohn bist (nach allem, was sie für dich getan hat, besonders, als du so krank wars!), dass du ihr das Herz brichst und dass sie es nicht verkraftet, wenn du gehst.
Lass dich auf so etwas gar nicht erst ein! Du musst endlich einmal Rückgrat zeigen, ein richtiger Mann sein und eine ganz klare Position einnehmen. Sonst wird das nichts. Kein Rumeiern mehr, kein Gequatsche von deiner Mutter mehr anhören, sondern jetzt endlich mal Nägel mit Köpfen machen. Such dir schnellstmöglich eine Wohnung! Sag dann deiner Mutter, wann genau du ausziehst, und basta!
P.S. Corona und Homeoffice sind doch kein Grund, um nicht umzuziehen. Das schiebst du doch jetzt schon wieder vor, um dich vor der Entscheidung zu drücken.