Preis bei Angebot und Nachfrage?
Ich lese immer überall: Je höher die Nachfrage, desto höher der Preis.
Als Animefan hab ich aber immer die gegenteilige Erfahrung gemacht. Da Animes ein Nischenprodukt sind, sind die Preise unglaublich hoch, um das investierte Geld wieder reinzukriegen und einen möglichen finanziellen Verlust auszugleichen. Das heißt hier wiederum: Je höher die Nachfrage wäre, desto niedriger wäre der Preis.
Steht das nicht konträr zu der eigentlichen Aussage? Ich bin etwas verwirrt. Und ich konnte nichts dazu finden. Kann mir das Jemand erklären?
Schon mal vielen Dank im Voraus.
3 Antworten
TLDR: Skaleneffekte und Massenproduktion
Der Preis wird nicht nur durch die Nachfrage bestimmt, sondern entwickelt sich immer in Relation zum Angebot. Wie du erwähnst ist "Anime" ein Nischenprodukt, und hat dementsprechend im Vergleich zum Beispiel zu alltäglichen Gütern wie Brot eine niedrigere Nachfrage. Allerdings sind "Anime" oft keine homogenen Güter, das heißt Unikate (Kunst) bzw. in geringer Menge vorhanden. Doch bezogen auf die Sammler ist die Nachfrage für so-wenig Anime vergleichsweise hoch. Daher der hohe Preis.
Wichtig zu beachten ist, dass Angebot und Nachfrage keine Zahl, zum Beispiel die Anzahl der Käufer oder der Verkäufer. Mit "Nachfrage" (ebenso Angebot) ist stets gemeint, was die Nachfrager bereit sind zu zahlen (Angebot, die Anbieter am mindesten Verlangen). Selbst wenn es also nur wenige Nachfrager (Personen) gibt, ist die Nachfrage hoch, wenn diese entsprechend bereit sind sehr viel Geld zu bezahlen, oder mehrere/viele Güter erwerben wollen.
Du kennst doch bestimmt solche Angebot-Nachfrage Kurven. Was da stehts steht, ist die Anzahl an gekauften/verkauften Gütern zu einem gegebenen Preis. Es ist also wie eine Auktion. Wer am meisten bietet, dem wird es verkauft. Und wenn Nachfrager (wie Beispielsweise Sammler) bereit sind viel Geld auf den Tisch zu legen, bietet sich der Preis folglich nach oben. Auf der anderen Seite wollen auf der Anbieter (c.p.) das meiste Geld verdienen. Daraus ergeben sich die Folgen für die Entwicklung auf dem Markt:
Wenn der Preis hoch ist, dann setzt das stets den Anreiz, mehr dieses Gutes zu produzieren und zu verkaufen, um an diesen Markt mehr oder ebenso zu profitieren. Heißt: Wenn Anime teuer ist, dann könnten gewisse Interessen eine ungestillte Nachfrage (im Vergleich zum Verfügbaren Angebot) wahrnehmen, und in dieses Geschäft einsteigen. Das Angebot erhöht sich, der Preis sinkt, bis die Nachfrage gesättigt ist.
Die Produktionskosten spielen eine Rolle (ebenso wie die Einnahmen) ob eine solche Investition profitabel ist. In einer Gesellschaft der 1920 Jahre macht es keinen Sinn Anime zu produzieren, obzwar das einige schauen würden, aber die Preise für Computer/Animationstudio und entsprechende Animatoren-Arbeitskraft zu teuer (fast unbezahlbar ist).
Worauf will ich damit hinaus? Nun, bei Gütern wie Brot oder Kleidung, die quasi jedermann konsumiert, also eine hohe nominale Nachfrage (in Vergleich zu Nischenprodukten wie Anime), scheinen wirklich billiger zu sein, wenn es mehr Käufer gibt... Aber das ist ein tückischer Trugschluss, es ist immer wahr dass wenn die Nachfrage eines Gutes in Relation zu ihrem Angebot steigt, dass dann ceteris paribus immer der Preis auch steigt. Die Ursache kann nicht die Nachfrage per se sein, sondern der Grund ist etwas, dass man Skaleneffekte nennen tut.
Das Prinzip der Massenproduktion setzt voraus, dass eine Masse (=hohe Nachfrage), die das jeweilige Gut auch kauft, damit es sich überhaupt lohnt. Auf der anderen Seite erlaubt die Massenproduktion eine deutliche Senkung der Kosten. Wenn ich ein Haus in die Höhe baue, sagen wir 5 Stockwerke. Dann teilen sich die Kosten des Grundstücks auf die 5 Stockwerke auf, damit muss jedes Apartment weniger Miete bezahlen. Sofern es eine hohe Nachfrage gibt, ist Massenproduktion möglich: Wenn ich jetzt also statt 1.000 Leute die pro Monat, 250.000 Leute eine Anime Sendung schauen, dann ergibt sich rechnerisch eine kleinere Summe Geld pro Person, um auf dieselben Einnahmen zu kommen. Im Falle von digitalen Gütern wie Anime ist offentsichtlich, das jeder weitere Zuschauer nur weitere Einnahmen bringt, aber kaum zusätzlichen Aufwand hat (er vernascht das Produkt ja nicht, dass andere es nicht mehr schauen könnten).
Meine Güte. Vielen, vielen Dank für diese ausführliche Antwort. So eine hab ich im ganzen Internet nicht gefunden. Jetzt hab ich es ziemlich gut verstanden. Ich danke Ihnen vielmals dafür.
@LDanne Das war nicht meine Frage. Ich bin ein Sammler, der wahrscheinlich mehr Geld für physische Medien (CD's, Blurays, etc.) ausgibt, als 98% der restlichen Einwohner in diesem Land. Ich respektiere Künstler und Urheber mehr als die meisten anderen Leute. Also urteilen sie nicht über mich. Sie kennen mich nicht.
@ZwiebelWein
Um Ihnen meinen Gedankengang nochmal zu veranschaulichen.
Wenn 1000 Leute zu einem Obstladen gehen und einen Apfel kaufen STEIGT der Preis von 1 Euro auf zwei Euro. Weil die Ware GEWÜNSCHT ist. Wenn nur 100 Leute den Apfel kaufen, SINKT der Preis von 1 Euro auf 50 Cent, weil die Ware NICHT GEWOLLT ist.
Wenn aber 1000 Leute einen Anime kaufen SINKT der Preis hingegen und STEIGT wiederum, wenn ihn KAUM JEMAND will.
Das ist vollkommen gegensätzlich. Und steht im Widerspruch zu Angebot und Nachfrage. Was übersehe ich hier und wie nennt man das?
Das sind Aussagen über einen vollkommenen Markt mit idealisierten Bedingungen. In der Praxis gibt es diese vollkommenen Märkte nicht.
In der Praxis bezieht sich das Konzept von Angebot und Nachfrage nicht auf Hirngespinste wie "Vollkommende Märkte", sondern auf die direkte Realität