Plusquamperfekt oder nicht?
Hallöle!
Normalerweise weiß ich meist instinktiv wie ein Satz geschrieben gehört, nun bin ich aber über einen gestolpert der mir etwas Kopfschmerzen bereitet:
"Ich hatte die Hälfte gar nicht mitbekommen, bis ich meinen Namen hörte." Ist das so nun richtig oder nicht? Mich irritiert das Plusquamperfekt in Verbindung mit dem Temporalsatz total. Ist das Plusquamperfekt hier nicht komplett überflüssig, da das "bis" ja bereits eine Zeitspanne angibt?
"Ich bekam die Hälfte gar nicht mit, bis ich meinen Namen hörte." klingt hingegen besser und auch nicht falsch. Also was ist denn nun grammatikalisch korrekt und warum?
Hoffe jemand kann mich aufklären, Google scheitert daran gerade.^^
LG
6 Antworten
"Ich bekam die Hälfte gar nicht mit, bis ich meinen Namen hörte" - ist falsch.
Der Grund ist ganz einfach: In diese Satz gibt es zwei Verben, also zwei verschiedene Handlungen bzw Aktionen, die nicht gleichzeitig stattfinden.
Dieselbe Zeit kann man nur dann für mehrere Handlungen verwenden, wenn sie auch alle zu demselben Zeitpunkt stattfinden - das ist der Grund, warum es das Plusquamperfekt überhaupt gibt, denn nicht alles, was in der Vergangenheit passiert ist, ist zum selben Zeitpunkt passiert - das Plusquamperfekt ist die am weitest zurückliegende Vergangenheit.
Die Hälfte nicht mitbekommen hast Du, bevor Du Deinen Namen gehört hast - das liegt also weiter in der Vergangenheit zurück als das Hören Deines Namens, deshalb muss es heißen:
"Ich hatte die Hälfte gar nicht mitbekommen, bis ich meinen Namen hörte"
Gegenbeispiel: Während ich den Rasen mähte, machten die Kinder ihre Hausaufgaben - das geschieht gleichzeitig.
Gleicher Zeitpunkt - gleiche Zeit
unterschiedliche Zeitpunkte - unterschiedliche Verwendung der Zeiten
Das Plusquamperfekt ist nicht die am weitesten zurückliegende Vergangenheit, sondern drückt an einer vergangenen Handlung aus, dass sie zu dem Zeitpunkt bereits abgeschlossen war. "Vorgestern war ich um 12 Uhr noch in der Schule, während ich sie gestern um 12 Uhr bereits verlassen hatte." Die Handlung im Plusquamperfekt liegt hier zeitlich nach der im Präteritum, wird aber als vollendete beschrieben (Im Englischen: past perfect)
Das nennt man Vorzeitigkeit.
Sie existiert im Deutschen zwischen einem unter- und einem übergeordneten Satz, zum Beispiel zwischen Nebensatz und Hauptsatz.
Sie wird aus dem Prädikat des Nebensatzes heraus definiert.
Es gibt eine Reihenfolge:
Plusquamperfekt
Präteritum und Perfekt auf einer Zeitstufe
Präsens
Futur II
Futur I
Das nennt man Zeitenfolge. Wenn das Tempus des Nebensatzes in der Liste über der des Hauptsatzes steht, handelt es sich um Vorzeitigkeit.
Sind die Tempora gleich, nennt man es Gleichzeitigkeit.
So isses! Nur als Ergänzung:
Die Konjunktionen bevor, bis, ehe implizieren bereits Nachzeitigkeit. Hier können die verbundenen Sätze ohne Weiteres den selben Tempus haben:
- Er rannte, bis ihm die Puste ausging.
- Ich frage lieber, bevor es zu spät ist.
Dagegen kann die Konjunktion als auch gleichzeitige Ereignisse verbinden. Hier ist die Zeitenfolge also wichtig:
- Ich aß gerade, als das Telefon klingelte.
- Ich hatte gerade gegessen, als das Telefon klingelte.
Eindeutig Vorzeitigkeit und Nachzeitigkeit !
Anderes Beispiel: NACHDEM ich den Kinofilm gesehen hatte, ging ich nach Hause.
Egal ob vor- oder nachgestellter Temporal (oder anderer)-Nebensatz: Die Syntax, der Inhalt deines Satzes, seine zeitliche Abfolge ERFORDERT/N das Plusquamperfekt, dann das Präteritum !!
pk
Grammatikalisch ist meiner Meinung nach beides möglich, doch der Leser bekommt einen anderen Eindruck.
Ich hatte die Hälfte gar nicht mitbekommen, bis ich meinen Namen hörte. Ich verstehe hier, dass es einen langen Vortrag o.ä. gegeben hatte, bevor du deinen Namen hörtest.
Ich bekam die Hälfte gar nicht mit, bis ich meinen Namen hörte. Hier erscheint mir der Vortrag kürzer oder gar zeitgleich.
Das ist doch mal eine interessante Sichtweise die ich gar nicht bedacht habe. Klar, durch das Plusquamperfekt wirkt die Zeitspanne natürlich erheblich größer als ohne. Danke für den Hinweis! :)
Das zweite also "Ich bekam die Hälfte gar nicht mit, bis ich meinen namen hörte" dass ist richtig mit der bereits erwähnten zeitspanne "bis"
Das war auch mein erster Grundgedanke. Ich war mir nur nicht sicher ob das auch gilt, wenn es sich nur um Minuten handelt und nicht um einen größeren Zeitraum, noch dazu in Verbindung mit diesem verdammten "bis" das mich aus dem Konzept brachte. Das "bis" impliziert ja bereits, dass es nicht gleichzeitig stattfindet, sondern nacheinander. Daher war ich mir unsicher, ob das Plusquamperfekt hier überhaupt noch eingesetzt werden muss.
Aber wenn Du dir sicher bist, dann bin ich nun wieder etwas schlauer. Danke (auch für die ausführliche Erklärung)! :)