Passen Buddhismus und Christentum zusammen, oder ist es eine Sünde wenn ich Beides praktiziere?

14 Antworten

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Ich selbst bin Buddhist und versuche dir zu helfen

Wenn es dir nur darum geht, buddhistische Meditation zu üben, dann sehe ich dabei kein Problem. Es gibt sogar christliche Geistliche, die buddhistische Meditation in ihren Gemeinden anbieten.

Ich kenne den evangelischen Pfarrer Stefan Matthias persönlich. Er leitet die Tabor-Gemeinde in Berlin Kreuzberg und ist gleichzeitig buddhistischer Lehrer, der auch Meditation anbietet.

Doch auch katholische Geistliche, wie etwa der Jesuit Stefan Bauberger, der Benediktiner Willigis Jäger und der Jesuit Arul M. Arokiasamy sind zugleich buddhistische Lehrer, die Meditation in buddhistischer Tradition vermitteln.

Ich selbst habe schon mit vielen Menschen unterschiedlicher Weltanschauung gemeinsam meditiert - Christen, Juden, Muslime, Hindus, Neo-Paganisten, Agnostiker, Atheisten...

Aus meiner Sicht ist buddhistische Achtsamkeitsmeditation für Christen unbedenklich, da sie keinen Verehrungscharakter hat.

Zudem dürfte die Meditation für liebendes Mitgefühl (Metta) in ihrem Gedanken her auch Christen ansprechen.

Die buddhistischen Lehren und das Christentum haben dagegen Widersprüche, die einen Glauben an beide Lehren schwierig machen.

So gibt es im Buddhismus keinen personifizierten Gott, die Vorstellung eines ewigen Selbst ("Seele") wird bestritten und das Nirvana bedeutet die völlige Verlöschung der individuellen Existenz.

Es gibt also aus meiner Sicht keine Probleme, als Christ buddhistische Meditation zu üben. Die Lehren beider Religionen sind dagegen nicht ohne weiteres miteinander vereinbar - da bedarf es dann schon einer sehr offenen Interpretation.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit etwa 40 Jahren praktizierender Buddhist

Hermannson 
Beitragsersteller
 12.02.2016, 14:47

Danke,

ich sehe soviel Potential

in der Buddhistischen Meditation und Denklehre.

Ich glaube es könnte sogar zB Spielsüchtigen oder Menschen mit anderen Problemen helfen ihre Gedanken in den Griff zu kriegen und ihren Geist zu stärken. 

Der Buddhismus ist in meinen Augen die einzige, gute Schulung für Geist und Stärkung des Willens und allgemein des Kopfes. 

MfG

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Enzylexikon  12.02.2016, 14:56
@Hermannson

Keine Ursache. :-)

Nach meinem Verständnis sollte man buddhistische Meditation ohne ein bestimmtes Ziel üben und keine Hoffnungen darauf projizieren, da dies dem Sinn der Meditation widerspricht.

Buddhistische Meditation ist keine Methode um den Menschen zu "optimieren", oder irgendeine Form von Therapie und sollte meiner Meinung nach auch nicht als solche verstanden werden.

Es ist sicher ein positiver Nebeneffekt, wenn sich gesundheitliche und psychische Probleme dadurch lindern, aber das ist nicht der Zweck der Meditation.

Zudem verfügt auch die christliche Tradition über Methoden zur Innenschau und Kontemplation, wie etwa die stille Öffnung für Gott, den katholischen Rosenkranz, oder das orthodoxe Jesusgebet.

Man sollte trotz aller Begeisterung immer eine gesunde Kritikfähigkeit bewahren und in der Lage bleiben, Lehren zu hinterfragen.

Für mich ist beispielsweise die Vorstellung einer nachtodlichen Wiedergeburt ohne große Bedeutung, da ich unter dem Kreislauf der Wiedergeburten etwas anderes verstehe.

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Enzylexikon  13.02.2016, 16:52

Vielen Dank für den Stern. :-)

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Hermannson 
Beitragsersteller
 13.02.2016, 17:03
@Enzylexikon

War keine leichte Entscheidung, 

hab mir wirklich Mühe gemacht fair zu entscheiden.

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Hallo Hermannson, die Aussagen des Christentums und des Buddhismus unterscheiden sich grundlegend. Es geht nicht darum, ob es Sünde ist, beides zu praktizieren. Es geht nicht, oder es bleibt an der Oberfläche.Wenn Du es praktizieren wolltest, mußt Du Dich - theoretisch - in zwei Hälften teilen, von der die eine das glaubt und die andere jenes. Oder sonntags das, montags das andere, dienstags wieder das von sonntags usw. Du kannst auch nicht gleichzeitig katholisch und evangelisch sein. Welcher Lehre würdest Du glauben? Welche würdest Du in Deinem Alltag leben? Mach eines richtig, oder es zerreißt Dich. Und wenn Du es wirklich richtig machst, wirst Du erkennen, ob der eingeschlagene Weg Dein Weg ist. Man kann einen Weg nur dann erkennen, wenn man ihn geht. Wenn man ihn nicht wirklich geht, kann er so richtig sein wie er will, es/er wird Dir nichts nützen.G

Worum geht es denn im Buddhismus? Richtig, es geht um dich, also wie du zu dir finden kannst, wie du selbst erleuchtet wirst und das aus eigener Kraft. 

Das ist so ziemlich das exakte Gegenteil davon Jesus nachzufolgen, wo es darum geht, dass er in dir immer mehr wird.

Wenn du wissen willst, ob es eine Sünde ist, müssen wir erstmal klären, was Sünde überhaupt bedeutet. Sünde ist nämlich nicht das was du tust, sondern ein Zustand. Sünde bedeutet getrennt zu sein von Gott und das ist hier auf der Erde der Normalzustand, den jeder hat und aus dem es unmöglich ist, sich aus eigener Kraft zu befreien.

Erlösung aus dem Zustand der Sünde kann man nur erreichen, wenn man sein Leben Jesus anvertraut, was auch bedeutet, sich einzugestehen, dass man selbst nicht in der Lage dazu ist.

In sofern ist da ein klarer Widerspruch zum Buddhismus. Wenn du nämlich glaubst, dich aus eigener Kraft verwirklichen / erleuchten / finden o.ä zu können, dann ist das Problem nicht dass du Buddha anbetest ( was du ja nicht tust) sondern dass du dich selbst an die Stelle stellst, die eigentlich Gott einnehmen sollte.

Er ist es, der dich befreit, Er ist es, der dir deine Bestimmung zeigt, Er ist es, der dir ruhe schenkt. Nicht du oder deine Bemühungen mit Meditation und sonstigen Ritualen. Du kannst da NULL dazu tun, außer ihm die Kontrolle zu überlassen und ihm zu vertrauen.

Sprüche 3,5+6: Verlass dich auf den Herrn von ganzem Herzen und nicht auf deinen Verstand, sondern gedenke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen. 


Enzylexikon  12.02.2016, 15:09

Zumindest die Praxis der buddhistischen Meditation wird dadurch nach meinem Verständnis aber nicht ausgeschlossen, wenn nicht die Absicht zur "Selbsterlösung" die Motivation darstellt.

Viele Menschen sehen Meditation lediglich als Methode zu mehr Achtsamkeit und innerer Ruhe an, ohne religiöse Inhalte damit zu verbinden. Darin sehe ich nichts "unchristliches".

Im Bezug auf theologische bzw. philosophische Diskrepanzen stimme ich dir allerdings zu - da bedarf es dann schon sehr undogmatischer Auslegung um Buddhismus und Christentum zusammenzuführen.

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kindgottes92  12.02.2016, 15:12
@Enzylexikon

Ich stimme dir in so fern zu, dass es auch christliche Meditation gibt. Einfach zur ruhe zu kommen und die Umgebung mal eine Zeitlang auszublenden ist ja nichts schlechtes. Aber die Frage war ja nicht ob Christsein und Meditation zusammenpassen, sondern Christsein und Buddhismus. 

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Enzylexikon  12.02.2016, 15:45
@kindgottes92

Es ging ja auch darum, ob die Praxis des Buddhismus kompatibel zum christlichen glauben ist und Meditation ist halt die wichtigste buddhistische Praxis

Ob andere buddhistische Praktiken wie Zeremonien, Sutra-Rezitationen usw. mit dem Christentum vereinbar sind, ist dann natürlich eine andere Frage.

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Hermannson 
Beitragsersteller
 13.02.2016, 16:35
@Enzylexikon

Vielen Dank kindgottes92 für die Antwort und Dir auch Enzylexikon!

Die Antwort und die Kommentare finde ich sehr Hilfreich!

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Meine Antwort kommt spät ich weiß, dennoch ..

Ich glaube viele Probleme rühren einfach von der Sprache und unseren Konzepten her.

Die Grenzen unserer Sprache sind  die Grenzen unserer Welt.

Wenn man sich nicht so auf Glaubensdogmen und Konzepte versteift, werden die Gemeinsamkeiten doch offenbar, auch wenn sie ganz anders benannt werden mögen.

Vielleicht sind die Wege unterschiedlich, doch man trifft sich oben dann doch wieder. :)

Ein schönes Zitat aus der Bhagavad Gita passt an dieser Stelle

"Auch die Anhänger, die, gläubig folgend,
andere Götter verehren,
auch diese, o Kunti-Sohn, verehren eben mich,
wenn auch auf andere Weise."

..und um noch eine große Lehrerin zu Wort kommen zu lassen ..

https://youtube.com/watch?v=rHsyHWMKHoI

Ihre Vorträge (allesamt auf Youtube) kann ich nur empfehlen!

Moin.

Buddhas Lehren sagen, glaube nur was Du selbst erfahren hast. Hinterfrage Deine Erfahrungen stets auf neue, reflektiere über sie.

Das Christentum sagt, glaube bedingungslos an das, was Jesus angeblich irgendwann mal gesagt haben soll und wage Dich ja nicht, nicht mal bei offensichtlichen Widersprüchen, diesen Glauben, diese Lehren zu hinterfragen.

Allein aus diesem Aspekt halte ich die beiden Lehren für unvereinbar.

ASRvw de André


Hermannson 
Beitragsersteller
 13.02.2016, 16:36

ASRvw, 

Dir auch vielen Dank!

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