Zum einen gibt es viele Christinen, die das sehr wohl tun. Wird z.B. in vielen Brüdergemeinden praktiziert und vor nicht all zu langer Zeit war das auch in den Landeskirchen in Deutschland gängig.
Das andere ist, dass man die Bibel immer in ihrem Gesamtkontext sehen muss, wenn man sie verstehen will.
Da ist z.B. Paulus (der gleiche, der auch den Korintherbrief geschrieben hat), der sagt, dass wir zur Freiheit berufen sind und nicht mehr Knechte des Gesetzes. Die Vorschriften in der Bibel sollen uns nicht quälen, sondern uns helfen, Gott näher zu kommen.
Wenn ich diesen Grundgedanken der Bibel verstanden habe, kann ich im nächsten Schritt fragen, wie mich die Kopftuchvorschrift Gott näher bringt, bzw. wie sie im damaligen Kontext gemeint war. Ein befreundeter Theologe hat mir mal erklärt, dass das Kopftuch damals von verheirateten Frauen getragen wurde. Es war das Zeichen der Zugehörigkeit zu ihrem Mann. Das Haar der Frau darunter war sozusagen für den Mann reserviert. Wenn eine Frau das Kopftuch zum beten ausgezogen hätte, wäre das ungefähr so gewesen, als hätte sie demonstrativ ihren Ehering in die Ecke gepfeffert. Dieser Kontext trifft heute nunmal nicht mehr zu. Man kann allerdings überlegen, ob es vergleichbare Handlungen heute gäbe, die die Frau (und der Mann entsprechend auch) lieber lassen sollten.
Wenn man all das durchüberlegt hat, sollte man auch noch abschließend eines bedenken: Die Bibel ist ein Liebesbrief von Gott an jeden einzelnen Menschen und es steht mir nicht zu, über die persönliche Gottesbeziehung meiner Geschwister zu urteilen. Wenn es einer Frau wichtig ist, beim beten ihren Kopf zu bedecken, soll sie es tun. Wenn man in einer Gemeinde ist, wo es alle tun und andere daran Anstoß nehmen würden, wenn man es nicht tut, ist es auch besser, es zu tun, um die Geschwister nicht in Bedrängnis zu bringen. Ansonsten ist man frei, denn genau das ist ja die Kernaussage der Bibel, dass Gott möchte, dass wir frei sind und nicht dass wir uns knechten.