Mehr als zwei Geschlechter?

Biogisch zwei, Identitäten deutlich mehr 47%
Ja, es gibt mehr als zwei 25%
Nein, es gibt nur zwei 23%
Andere Meinung 5%

57 Stimmen

16 Antworten

Von Experte emyness bestätigt

Sex (biologisches Geschlecht), Gender (soziales, juristisches, psychologisches Geschlecht), Gender Expression (Geschlechterrolle) und sexuelle Orientierung sind eine Bandbreite bzw ein Spektrum (Continuum):

Bild zum Beitrag

In keinem der erwähnten Themen gibt es eine scharfe und eindeutige Trennung.

Sex und Gender sind ein Spektrum, mit männlich und weiblich als Extreme an den beiden Rändern in der Grafik. Es gibt also keine genaue Anzahl:

Bild zum Beitrag

Bild-Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28813372/

Neuere medizinische Definitionen von Geschlecht sind mehrdimensional. Es gibt nicht nur eine Definition von biologischem Geschlecht (somatische Geschlecht), sondern mehrere: chromosomales, genitales, gono­duk­tales und gonadales Geschlecht.

Und ein psychisches, juristisches und soziales Geschlecht (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch).

Im Detail: https://www.pschyrembel.de/geschlecht/K08P4/doc/

Die Fachzeitschrift nature meint: nur männlich und weiblich ist eine Vereinfachung von einem Spektrum:

The idea of two sexes is simplistic. Biologists now think there is a wider spectrum than that.

https://www.nature.com/articles/518288a#Tab1

Biologisches Geschlecht (Sex) ist komplexer als nur männlich und weiblich

The research and medical community now sees sex as more complex than male and female, and gender as a spectrum that includes transgender people and those who identify as neither male nor female.

Gender Identity ist nicht nur eine rein soziale Geschlechterrolle. Und wird vermutlich durch Genetik und Hormone beeinflusst:

Some evidence suggests that transgender identity has genetic or hormonal roots, but its exact biological correlates are unclear.

https://www.nature.com/articles/d41586-018-07238-8

Aus dem Fachgebiet Anatomie die Fachzeitschrift Anatomical Sciences Education: Sex (Geschlecht) ist ein Continuum

Consequently, the binary division in male and female sex has been called into question and a more fluid understanding of sex has been proposed.
Some of the major textbooks teach anatomy, particularly of the urogenital system, as a male-female binary.
Anatomical sciences curricula need to adopt a more current approach to sex including the introduction of the category of "intersex"/"differences in sexual development" and present sex as a continuum rather than two sharply divided sets of characteristics.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32735387/

Sex (Geschlecht) ist nicht auf Human Reproduction (Fortpflanzung) reduziert. Aus American Journal of Public Health:

Furthermore, despite the binary that is suggested by human reproduction, both sex and gender are fluid.
Variations in chromosomes, hormone levels, and reproductive organs result in more than 2 sexes, reflecting complex processes of sex development across multiple levels, and suggesting that sex itself is culturally constructed.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3786754/
 - (Sex, Biologie, LGBT+)  - (Sex, Biologie, LGBT+)

Zwetschke0815  10.02.2023, 11:47

Poste doch mal bitte ausführlich die Entstehung und Geschichte dieser Ideologie oder lässt du die immer absichtlich weg?

Mayahuel  10.02.2023, 11:58
@Zwetschke0815

Ich rate, du meinst John Money.

Der hat auch den Begriff "sexuelle Orientierung" geprägt:

 introduced the term sexual orientation in place of sexual preference,

https://en.wikipedia.org/wiki/John_Money

Was genau möchtest du über die Ideologie "Sexuelle Orientierung" wissen?

Zwetschke0815  10.02.2023, 12:02
@Mayahuel

Ich meine nicht nur Money sondern auch Kinsey und das Experiment an den Reimer Zwillingen wo jeder gesehen hat wie "richtig" diese Theorie ist.

Du bist doch so gut darin lange Antworten zu schreiben.
Beschreibe es doch mal mit deinen Worten wie du es oben auch getan hast und poste dann den Link.

Oder erkläre uns doch mal das Genderparadox aus Skandinavien und wie dies mit der Gender Ideologie vereinbar ist ;)

Fakt ist, wenn es um wirkliche Wissenschaft geht die man auch beweisen kann, scheitert die Idee eines sozialen Geschlechts krachend auf allen Ebenen.

Mayahuel  10.02.2023, 12:27
@Zwetschke0815
Ich meine nicht nur Money sondern auch Kinsey und das Experiment an den Reimer Zwillingen

Das ist Money:

Seine Eltern entschieden sich daher auf Rat des Sexualwissenschaftlers John Money,

https://de.wikipedia.org/wiki/David_Reimer

Reimer ist ein Beleg, dass sich Geschlechtsidentität nicht umerziehen lässt (bzw erziehbar ist).

SchakKlusoh  10.02.2023, 11:59

Jede Abweichung von der Norm XX oder XY zu einem Geschlecht zu erklären, ist rein ideologisch.

Bei kurzem Überfliegen der verlinkten Artikel zeigt sich, daß es Meinungsartikel sind.

US proposal for defining gender has no basis in science

A move to classify people on the basis of anatomy or genetics should be abandoned.

Auch in Fachzeitschriften gibt es Meinungsartikel. Dein Link: https://www.nature.com/articles/d41586-018-07238-8

Biologie ist (in bestimmten Bereichen) keine exakte Wissenschaft. Das ist keine Teilchenphysik, wo man über bestimmte Formeln subatomare Partikel voraussagen und beschreiben kann.

Furthermore, despite the binary that is suggested by human reproduction, both sex and gender are fluid.
Variations in chromosomes, hormone levels, and reproductive organs result in more than 2 sexes, reflecting complex processes of sex development across multiple levels, and suggesting that sex itself is culturally constructed.

Es ist einfach Nonsense hier Sex und Gender zusammenzuwerfen.

  1. Menschen mit Entwicklungsstörungen, Defekten oder Behinderungen JETZT zu gültigen Varianten in einem Spektrum zu erklären, Defekten und Behinderungen, die schon lange bekannt sind, ist rein ideologisch. Wissenschaftlich gibt es dafür keinen Grund.
  2. Auch wenn eine Bodybuilderin (Beispiel aus dem Leben gegriffen) massenhaft "russische <Vitamine>" einwirft, sodaß ihre Klitoris pflaumengroß hervorsteht, ist sie trotzdem kein Mann.
Mayahuel  10.02.2023, 12:00
@SchakKlusoh
US proposal for defining gender has no basis in science
😎 🤡 🙃

Dein Kommentar ist soooooo geil :)

Zwetschke0815  10.02.2023, 12:05
@Mayahuel
Dein Kommentar ist soooooo geil :)

Vor allem ist er korrekt.

Gender ist nicht mehr als eine Ersatzreligion die man glauben kann, oder auch nicht.
Da können die Leute noch so sehr versuchen dieser irgend eine wissenschaftliche Basis zu geben .. sie werden und können es niemals schaffen.

Sieht man ja allein schon daran dass alle "wissenschaftlichen" Publikationen dazu nicht mehr zu bieten haben als Konjunktive oder nie etwas konkretes.

Mayahuel  10.02.2023, 12:20
@SchakKlusoh
 Nonsense hier Sex und Gender zusammenzuwerfen.

ist nicht das gleiche, aber Biologie beeinflusst Gender bzw Gender Expression.

Hormone während der Schwangerschaft können bestimmend sein, welches Spielzeug man bevorzugt, welche Hobbys und Interessen man hat:

Activity interests and participation – from childhood toy preferences to adult hobbies and occupations – continue to be strongly linked to prenatal androgen exposure

Androgene können ein männliches Verhalten bestimmen (typisch männliches Spielzeug und Interessen):

Increasing evidence confirms that prenatal androgens have facilitative effects on male-typed activity interests and engagement (including child toy preferences and adult careers),

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4681519/

Neben Hormonen könnte auch die Genetik bei transgender eine Rolle Spiele:

Scientists at Hudson Institute of Medical Research, Melbourne analysed DNA from 380 transgender women (male-to-female transgender people) and found that certain ‘versions’ of 12 different genes were significantly overrepresented in transgender women, compared to non-transgender males.

https://www.hudson.org.au/news/written-in-dna-study-reveals-potential-biological-basis-for-transgender/

SchakKlusoh  10.02.2023, 19:16
@Mayahuel

Danke ;o)

Er ist aber copy and paste zu Deiner früheren copy and paste Antwort.

Mayahuel  10.02.2023, 19:48
@SchakKlusoh
 copy and paste

So what?

Was Wissenschaft zu diesem Thema zu sagen hat, interessiert dich eh nicht.

Warum sollte ich ständig etwas Neues heraussuchen?

SchakKlusoh  10.02.2023, 20:51
@Mayahuel

Was Du schreibst ist nicht Wissenschaft, sondern Ideologie. Du interpretierst falsch.

Mann ist ein Spektrum, Frau ist ein Sepktrum, aber es gibt kein Spektrum wo Mann und Frau irgendwo neben anderen Geschlechtern vorkommen. Auch das hatte ich schon irgendwo in einem Kommentar geschrieben.

Meine generelle Formulierung ist "Es gibt 2* Geschlechter".

Für mich ist das Spektrum von Geschlechtern wie zwei Pegelstände. Oder zwei Schieber auf einem Musik-board, wie es DJs haben oder im Nebenraum von Tonstudios ist.
Der eine Pegel oder Schieber ist die Männlichkeit. Der andere die Weiblichkeit.
Beide können auf 0 stehen, beide auf 100, oder nur einer auf 100. Aber es kann zb auch sein, das einer auf 50% steht und der andere auf 0. Oder einer 70%, der andere 20%. Kann sich auch verschieben, und muss nicht zusammen 100 geben
Da würde ich mein Geschlecht zb so darstellen, dass sowohl der männliche als auch der weibliche Schieber auf ca 90% sind.

Die andere Darstellung, die für mich Sinn macht, ist ein zweidimensionales Farbspektrum. Zwei gegenüberliegende Ecken sind männlich und weiblich, die anderen beiden Ecken sind androgyn und geschlechtslos. Jemand kann genau an einem Punkt sitzen, eine größere Fläche einnehmen, mehrere einzelne Punkt darstellen, sich durch das Feld bewegen usw.
Da würde ich mein Geschlecht darstellen als ein Dreieck, nämlich die Diagonale zwischen männlich und weiblich, und die Hälfte des Spektrums, die auf der androgynen Seite liegt.

Im wesentlichen gehen also alle Geschlechter darauf zurück, wie sehr männlich und wie sehr weiblich man ist. Sowohl biologisch als auch psychisch und sozial.

Xenogender sind mehr dafür da, zu beschreiben, wie man sein Geschlecht nach außen zeigt, welche Faktoren die eigene Geschlechtswahrnehmung beeinflussen, oder wie es sich innerlich anfühlt. Die Leute sind trotzdem irgendwo auf diesen Pegeln oder diesem Spektrum zu finden. Sie vereinfachen die Kommunikation, indem man das Geschlecht personifiziert oder verbildlicht.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Bin bisexuell und nichtbinär & kenne viele andere 'Queere'.

LunarEclipse 
Beitragsersteller
 10.02.2023, 13:13

Sehr schöne Veranschaulichung!

Ja, es gibt mehr als zwei

Der einzige Fall, nach dem es nur 2 Geschlechter gibt, sowohl biologisch als auch soziologisch, wäre der, dass man das Geschlecht danach bestimmt, ob jemand einen Penis oder eine Vagina hat. Das wäre aber dann etwa der wissenschaftliche Stand vom 19. Jahrhundert.

Was bestimmt also biologisches Geschlecht? Die Hormone? Da gibt es eine Vielzahl an Ausprägungen. Die Chromosome? Auch die liefern keine binäre Aufteilungsmöglichkeit außer man beruft sich auf Biologiekenntnisse der 5. Klasse, da hat man das noch ganz simplifiziert gelernt mit X und Y.

Das Thema ist rundum so schwammig dass für mich die einzig richtige These folgende ist: es gibt alle Geschlechter und es gibt keine Geschlechter. Wenn man das Fass aufmachen möchte... Unsere binäre Einteilung stammt aus einer Zeit, in der man es nicht besser wusste und versucht hat so etwas wie eine Kategorisierung vorzunehmen. Was war damals wichtig? Es gibt Menschen, die befruchten können, und es gibt Menschen, die befruchtet werden. Das ist das binäre System, welches Jahrtausende unser Denken bestimmt hat. Wenn man nun mit Biologie argumentieren möchte, muss man sich eingestehen, dass dieses Neandertaler-Denken der heutigen Wissenschaft nicht den nötigen Tribut zollt.

Rein nach Biologie, ist die Aufteilung in Mann und Frau keine faire. Wenn wir sagen "es ist unfair wenn Männer und Frauen im Sport gegeneinander antreten weil sie eine unterschiedliche Biologie haben" dann muss man auch so konsequent sein und sagen "es ist unfair wenn Männer mit unterschiedlicher hormoneller Ausprägung gegeneinander antreten". Das Feld besitzt eine Komplexität, die wirklich faire Wettbewerbe komplett ausschließt. Da hat man sich eben darauf geeinigt, nach Mann und Frau zu gehen, um eine grobe Einteilung vornehmen zu können.

Letztlich muss man bei all der Komplexität dann einfach sagen: ist doch völlig Banane sich da jetzt aufzuregen und Diskussionen drum zu führen wann wer nach welchen Standpunkten und biologischen Aspekten welches Geschlecht hat. Jeder soll sich in seiner oder ihrer Identität so ausleben können, dass das niemandem schadet und dann ist doch alles in Ordnung. Ich verstehe diese ganze Diskussion immer gar nicht, wenn jemand sich als Mann sehen möchte ist das doch okay, inwiefern stört mich das in meinem Leben? Das einzig sinnvolle wäre eine gleichgültige Haltung gegenüber Geschlechter zu entwickeln.

Biogisch zwei, Identitäten deutlich mehr

Um diese Frage zu beantworten müsste zunächst geklärt werden, was hier überhaupt mit "Geschlecht" gemeint ist, denn dieses Wort wird inzwischen für deutlich verschiedene Konzepte gebraucht. Deshalb sollte man diesen Begriff heutzutage nicht mehr ohne Qualifikation verwenden (also z.B. biologisches Geschlecht, Geschlechterrolle, …).

Bei Geschlechtsidentität gilt das selbe. Es müsste geklärt sein, auf was sich die Identität bezieht.

Hier ein Überblick:

Biologisches Geschlecht

Das ist die Art von Geschlecht, die in Aussagen wie den folgenden vorkommt.

  • Ein Hahn ist ein männliches Huhn
  • Die geschlechtliche Fortpflanzung macht Arten anpassungsfähiger
  • Ein erwachsener, männlicher Mensch ist ein Mann
  • Bei Seepferdchen werden die Männchen trächtig
  • Clownfische können ihr Geschlecht von männlich zu weiblich ändern
  • Marihuana wird aus Blüten der weiblichen Hanfpflanze gewonnen.
  • Die meisten anderen Blütenpflanzen sind allerdings Zwitter. Das heißt, eine einzige Pflanze trägt sowohl weibliche als auch männliche Blüten.

Worauf sich das Geschlecht in allen diesen Aussagen bezieht, das sind (Größen)unterschiede in den Keimzellen der Organismen (Anisogamie). Hiebei werden die Organismen, welche darauf angelegt sind, die kleineren Keimzellen (Spermien, Pollen) produzieren männlich genannt. Diejenigen Organismen, welche darauf angelegt sind, die größeren Keimzellen (Eizellen) produzieren, weiblich genannt.

Es gibt also innerhalb einer Art immer nur zwei Geschlechter. Wobei bei vielen Arten ein Organismus beide Geschlechter hat. Eine einzelne Wassermelonenpflanze beispielsweise bildet zugleich männliche und weibliche Blüten aus.

Siehe hierzu z.B.

Rifkin, Maximiliana Jewett & Garson, Justin (2023). Sex by design: a new account of the animal sexes. Biology and Philosophy 38 (2):1-17.

Roughgarden, J. (2013). Sex versus Gender. In Evolution’s Rainbow: Diversity, Gender, and Sexuality in Nature and People. University of California Press.

Grammatikalisches Geschlecht

Englisch "gender", deutsch "Genus"

Im deutschen und englischen werden drei Genus unterschieden: weiblich, männlich, neutral (she, he, it / die, der, das). Im Spanischen zwei (el, la)

Im deutschen geht es dabei allerdings ziemlich durcheinander und biologisches und grammatikalisches Geschlecht stimmen regelmäßig nicht überein: Die Frau, der Mann, das Mädchen, die Person, der Mensch, das Individuum, der Tisch, der Mond, die Sonne… Der Diminutiv ist immer neutral: Das Männchen, das Weibchen, das Knäblein, das Tischlein…

Personenstandsregister

Dort gibt es drei mögliche Geschlechtseinträge: weiblich, männlich, divers. Außerdem besteht die Möglichkeit, den Eintrag leer zu lassen. Divers ist nicht mit "intersexuell" gleichzusetzen. Siehe dazu auch weiter unten.

Geschlechtsmerkmale

Primäre Geschlechtsmerkmale sind diejenigen Unterschiede zwischen den zwei (biologischen) Geschlechtern einer Art, welche direkt der Fortpflanzung dienen. Beim Menschen sind dies Eierstöcke, Eileiter, Gebärmutter, oberer Anteil der Scheide, Vulva bzw. Hoden, Nebenhoden, Samenleiter, Bläschendrüse, Prostata, Penis. Diese sind, wenn keine DSD (disorder of sex development / Störung der Geschlechtsentwicklung) vorliegt eindeutig einem Geschlecht zuzuordnen.

Sekundäre und tertiäre Geschlechtsmerkmale dienen nicht unmittelbar der Fortpflanzung oder sind unbedeutend für die Fortpflanzung. Beispiele sind die Brustdrüse, Beckenform, Knochendichte, Körpergröße, Lungenvolumen, Verhalten, Behaarung. In diesen Merkmalen gibt es zwar statistische Unterschiede zwischen den zwei Geschlechtern. Es gibt aber keine scharfe Trennung zwischen den Geschlechtern in der Merkmalsausprägung: Männer sind im Durchschnitt größer als Frauen. Es gibt auch Frauen, die größer als 180cm sind und Männer, die kleiner als 160cm sind.

Störungen der Geschlechtsentwicklung

Oft werden irrtümlicherweise Störungen der Geschlechtsentwicklung angeführt als Beispiel dafür, dass es auch Menschen gäbe, die keinem bzw. einem dritten biologischen Geschlecht zuzuordnen wären. Oft wird hierfür der veraltete und irreführende Begriff "Intersexualität" gebraucht. Siehe hierzu das Consensus Statement der Lawson Wilkins Pediatric Endocrine Society und der European Society for Paediatric Endocrinology aus 2006:

Advances in identification of molecular genetic causes of abnormal sex with heightened awareness of ethical issues and patient advocacy concerns necessitate a re-examination of nomenclature. Terms such as intersex, pseudohermaphroditism, hermaphroditism, sex reversal, and gender based diagnostic labels are particularly controversial. These terms are perceived as potentially pejorative by patients, and can be confusing to practitioners and parents alike.

Der Begriff "intersex" suggeriert, betroffene Menschen wären inter, also zwischen den Geschlechtern, einzuordnen. Dies trifft in manchen Fällen tatsächlich auf einige Geschlechtsmerkmale zu, betrifft jedoch nie das eigentliche biologische Geschlecht, also die Keimdrüsen (Gonaden) oder Keimzellen. Betroffene Menschen selbst sehen sich ebenfalls fast immer als männlich oder weiblich und nicht als "zwischen den Geschlechtern". Nicht immer entspricht diese Selbsteinordnung (gerechtfertigterweise) dem eigentlichen biologischen Geschlecht. Gerade für diese Menschen ist es sehr hilfreich, dass auf der Geburtsurkunde bzw. auf dem Pass auch eine dritte Option "divers" möglich ist, die keine Festlegung auf ein Geschlecht erfordert.

Gender / soziales Geschlecht

Der Begriff Gender wird häufig als Gegenstück zum biologischen Geschlecht gebraucht und soll ein soziales Geschlecht bezeichnen. Hierunter fällt ein weites Spektrum an geschlechtsbezogenen Verhaltensweisen (Geschlechterrollen, Geschlechtspräsentation wie Kleidung, Frisur, Makeup, …), geschlechtsbezogene Erwartungen, Geschlechtsidentität, geschlechtsbezogene Prägungen, geschlechtsbezogene Diskriminierung, …

Was in diesem Kontext geschlechtsbezogen heißt oder heißen sollte ist Gegenstand aktueller akademischer Arbeiten und öffentlicher Diskussion. Hiervon wird es letztlich abhängen, wie viele verschiedene "Gender" es gibt.

Einen Überblick über Arbeiten zu dem Thema gibt Bogardus, Tomas (2022). Why the Trans Inclusion Problem cannot be Solved. Philosophia 50 (4):1639-1664.

Insbesondere der Begriff Gender, aber auch Geschlecht, Mann, Frau, sind inzwischen so umstritten, dass man mit ihnen nicht mehr verständlich kommunizieren kann. Sie sollten gemieden werden und stattdessen klar definierte Begriffe wie biologisches Geschlecht, Geschlechtspräsentation, -rolle, -merkmale, -identität, Männchen, Weibchen, … verwendet werden.

Wieviele Geschlechter gibt es nun also?

Ich halte mich an das biologische Geschlecht im engsten Sinne. Das ist klar definiert, verständlich und für viele Fragen im sozialen Zusammenleben irrelevant: Ob sich jemand Rock oder Hosen anzieht, auf die Männer- oder Damentoilette geht, sich Sara, Paul oder Robin nennt, das hat alles nichts mit den Keimzellen zu tun, die er produziert. Hier gibt es zwei Geschlechter. Alles was darüber hinausgeht ist sozial / kulturell konstruiert und es gibt folglich auch keine allgemeingültige richtige oder falsche Antwort


Ja, es gibt mehr als zwei

Das ist keine Meinungsfrage. Es sind nicht alle Aussagen zu dem Thema gleich viel wert.

Genausowenig ist es eine Meinungsfrage, ob die Erde eine Scheibe ist. Sie ist es nunmal nicht.

Biologisch betrachtet ist Geschlecht ein bimodales Stadium, also ein Stadium mit 2 Extremen und einem Mittelpunkt.

Bild zum Beitrag

Auf der linken Seite befindet sich das weibliche Geschlecht, auf der rechten das männliche Geschlecht. Die Menschen innerhalb dieses Stadiums werden als intergeschlechtlich (engl. Intersex) bezeichnet.

Gemessen werden diese Geschlechter anhand von bestimmten Körperteilen und Chromosomen. Dennoch gibt es starke biologische Abweichungen innerhalb des Stadiums.

Das allerdings ist nur ein Teil der Zusammensetzung des Geschlechts. Der andere Teil ist die Geschlechtsidendität.

Die Geschlechtsidendität kann mit dem biologischen Geschlecht übereinstimmen, was man Cisgeschlechtlichkeit (Cisgender) nennt. Stimmen die Geschlechtsidendität und das biologische Geschlecht nicht überein, ist man trans.

Beim Transsein gibt es einige Formen, wie beispielsweise das Genderfluidsein, bei dem sich die Geschlechtsidendität unregelmäßig oder regelmäßig verändert.

Woher ich das weiß:Hobby – Queer-Rechte sind Menschenrechte!
 - (Sex, Biologie, LGBT+)

LunarEclipse 
Beitragsersteller
 10.02.2023, 11:37

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort!

Ja, ich Stelle diese Frage aber, weil mich die Meinungen interessieren. Mir ist bewusst, dass es eigentlich keine Meinungssache ist, aber es gibt Menschen, die trotzdem anderer Ansicht sind.

Plincheeee  10.02.2023, 11:39
@LunarEclipse

Das stimmt.

Gerade hier sind allerdings viele sehr rechts gesinnte Menschen unterwegs, daher ist es immer wichtig zu erwähnen, wie die Realität eigentlich aussieht und dass ihre Meinung nicht über den bekannten Fakten steht.

LunarEclipse 
Beitragsersteller
 10.02.2023, 11:40
@Plincheeee

Das sehe ich ganz genau so! Da ich selbst nicht cis bin, finde ich solche Ansichten auch sehr kritisch und schon fast lächerlich, mit welchen Dingen hier argumentiert wird.

Questioneer93  10.02.2023, 11:46

Die Frage ob die Erde eine Scheibe ist oder nicht, ist keine Meinungsfrage. Man kann es nämlich Messen und Beobachten.

Welche Geschlechtsidentitäten es geben kann und was eine Geschlechtsidentität genau ist, oder ab wann man als Intersexuell gilt, das sind alles Fragen der Definition.

Es mag stimmen, dass es Wissenschaftler gibt, die es genau so definiert haben, wie du es beschreibst. Aber es beruht dennoch auf einer von Menschen gemachten Definition. Und diese Definition basiert auf der Meinung eines Menschen. Es gibt auch andere Wissenschaftliche Meinungen dazu. Deshalb ist es eben doch eine Meinungsfrage.