Mama hat Krebs im Entstadium - Reise antreten oder nicht?
Hallo Leute,
ihr habt leider richtig gelesen, meine Mama hat Krebs. Sie erhielt die Diagnose im April, leider ist es zu spät für ne Chemo oder für ne OP. Sie versucht verschiedene alternative Methoden, aber die schlagen bisher nicht an und es geht ihr immer schlechter.
Stellt euch vor, ihr hättet im Februar euren Sommerurlaub gebucht, auf den ihr euch auch sehr gefreut habt. Ihr wisst nicht, ob eure Mama noch 2 Wochen, 2 Monate oder vielleicht sogar ein halbes Jahr hat - nur, dass es aktuell richtig beschissen für sie aussieht und dass sie jederzeit sterben könnte.
Wenn ihr euren Urlaub storniert, ändert das nichts an ihrer Diagnose und der Tatsache, dass sie Krebs hat. Ihr müsst euer Leben so oder so weiterleben. Außerdem wünscht sich die Mutter, dass ihr euer Leben genießt und gönnt euch die Reise, sie wäre sogar traurig, wenn ihr die Reise ihretwegen abbrechen würdet, d.h. eine Stornierung der Reise würde bei eurer Mama sogar seelische Schmerzen verursachen, und außerdem sind eure Urlaubsfotos eine willkommene Abwechslung von der Liegerei im Bett.
Andererseits könnte der Mutter halt jederzeit etwas passieren. Wenn ihr etwas ausgerechnet in den zwei Wochen passiert, wo ihr weg seid, dann habt ihr die Chance verpasst, euch zu verabschieden. Ihr denkt die ganze Zeit, ihr solltet so viel Zeit wie möglich mit eurer Mutter verbringen, solange sie noch da ist. Reisen könnt ihr auch noch im nächsten Jahr.
Was würdet ihr tun?
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Update: Meine Mama ist 3 Wochen nach meinem Post gestorben.
24 Stimmen
9 Antworten
Ich habe meine gebuchte Reise, auf die ich mich sehr gefreut habe storniert, um meine Mutter zu pflegen. Von der Diagnose ab, blieben uns nur 4 Wochen.
Auch wenn die Mutter sagt, dass sie sich für einen freut, wäre ich mir nicht sicher, ob sie es nur sagt, um mir nicht den Urlaub zu zerstören.
Ich würde definitiv daheim bleiben und nicht die letzten Tage meiner Mutter für einen Urlaub aufs Spiel setzen.
Ich konnte niemals reisen. Never
Ich würde die letzten Tage und Monate mit meiner Mom genießen und ihr die schönsten Tag ermöglichen, aber Urlaub machen und sie eventuell dabei zu verlieren nein einfach nein, ich denke sogar das die Mutter empört oder innerlich zerbrechen wird, wenn die Tochter im Urlaub fliegt.
Wir standen damals bei meiner Patentante vor der selben Wahl, bei ihr wars AIDS. Wir sind gefahren und haben, wie sie es gewünscht hatte, ihre knapp zweijährige Tochter mitgenommen (sie wurde dann unser Pflegekind). Es gab andere Angehörige und Dienste, die die Pflege übernommen haben und so war es für uns OK, zu verreisen.
Es war schon längst gesagt, was zu sagen war, kam ja nicht aus heiterem Himmel.
Tatsächlich verstarb sie am 12. von 14 Tagen Reise. Wir sind dann einen Tag früher nach Hause gefahren um zu regeln, was noch geregelt werden musste und um ohne Rückreisestress zur Beerdigung gehen zu können.
Bei meinem Vater siehts jetzt sehr ähnlich aus wie bei deiner Mutter, die Diagnose ist kaum 2 Monate alt und wie lange es noch geht kann niemand sagen.
Er hat ganz klar gesagt, das er nicht wie Glas behandelt werden will, nicht betüdelt, nicht mit Sonderbehandlungen überhäuft sondern so lange es noch geht ganz normal leben möchte. Seit letzter Woche ist er gut mit Morphium versorgt und es geht soweit ganz gut, wie lange kann keiner sagen: Wochen bis Monate sind wohl realistisch, ein Jahr oder mehr auch denkbar aber nicht sehr wahrscheinlich.
Wir haben alles geregelt was rechtlich zu regeln war, er hat gesagt, wie er bestattet werden will und meine Mutter hat alles ganz wunderbar im Griff sowie viel Unterstützung von allen Seiten.
Würde er sagen "fahrt in den Urlaub, grüßt mir die Nordsee und viel Spaß" würde ich exakt genau das auch tun, er ist nicht der Typ, der nur labert sondern wäre ernsthaft sauer.
Ob ich dann die Reise sofort abbreche, verkürze oder durchziehe käme ausschließlich darauf an, wie es meiner Mutter geht. Ich weiß, meine Einstellung zum Tod ist...speziell...aber es nützt ihm genau nichts mehr und man verabschiedet sich für gewöhnlich vor einer Reise, egal ob in den Urlaub oder die Urne. Da stehen auch keine Lebensbeichten aus oder sowas, sind wir beide nicht der Typ für.
Das tut gut zu lesen, manchmal fühle ich mich wie ein Alien weil ich eben so denke, wie ich denke.
Ich finde vor allem auch den Punkt wichtig, dass auch bis zu einer Reise schon alles gesagt ist, der abscheid erfolgt sein kann und die Regularien getroffen sind. Wenn man die reise storniert, um mehr Zeit mit den Eltern zu verbringen, dann bringt diese Zeit nicht unbedingt nochmals mehr Qualität. Gerade wenn es entgegen dem Wunsch des Sterbenden ist, bezüglich der Reise. Das würde ja dann doch immer zwischen ihnen stehen.
Das einzige, was ich als Gegenargument noch verstehe, dass viele ja dann doch nicht so viel Freude am Reisen haben, wenn sie wissen ,dass ein Angehöriger gerade im Sterben liegt.Das muss man dann halt wirklich nochmals abwägen, ob man von einer Reise zu dem Zeitpunkt denn selbst etwas hätte oder ob die zu stark überschattet sein würde und keinen Spaß macht.
Wenn klar ist, das es nur noch um Tage geht ist die Sache nochmal ganz anders. Hier ist ja kein Zeitpunkt abzusehen, nur das es irgendwann in Wochen / Monaten passieren kann.
Da bin ich nicht der Mensch, der monatelang das Leben einstellt und quasi nur wartet. Grade in solchen Situationen kann eine kurze Auszeit, ein radikaler Tapetenwechsel und das Sammeln vieler neuer Eindrücke (zumindest mir) helfen wieder Kraft zu schöpfen.
Glück, Freude, Zufriedenheit sind durchaus in der Lage, das Immunsystem so zu stärken, dass es den Krebs überwinden kann.
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Das ist kein Versprechen, aber es gibt Erfahrungen, beschrieben in "You can fight for your life" = "Psychotherapie gegen den Krebs" des Psychologen und Krebsforschers Lawrence LeShan.
Ich mag deine Geschichte. Bittersüß. Ich würde es genauso machen und genauso denken.