Lotussitz erlernen?

2 Antworten

Das kommt natürlich auf die individuellen Verhältnisse drauf an - von daher gibt es keine Standard-Zeit!

Wichtig ist, nicht zu übertreiben mit der Dehnung, sonst kann der Schaden größer sein, als der Nutzen.

Über den Daumen gepeilt würde ich bei moderatem Dehnen und üben  von 3 - 5 Monaten ausgehen.

Ich habe ein paar Jahre Meditationserfahrung und wenn ich "intensive
Dehnungsübungen" lese, dann kann ich nur zur Vorsicht raten.

Ziel des Lotossitzes

Der Zweck des Lotossitzes ist es, eine entspannte, aufrechte Körperhaltung
zu ermöglichen, die eine entspannte Bauchatmung erleichtert und das
Gewicht des Körpers gleichmäßig verteilt.

Der Körper befindet sich dann in einem Zustand, in dem die physikalischen Kräfte, wie etwa die Gravitation, ganz natürlich auf ihn einwirken und die richtige Haltung sogar erleichtern.

Damit diese Sitzposition auch ihren Zweck erfüllt, muss sie ohne große Schmerzen gehalten werden können. Sich zu einer Haltung zu zwingen, die weder entspannt ist noch Stabilität bietet, ist sinnlos.

Dehnübungen

Verschiedene Lehrer raten auch zu unterschiedlichen Übungen zur Vorbereitung auf diese Form des Sitzens.

Mir selbst gefällt die "Schmetterlingsübung" sehr gut, die wir auch im Aikido-Verein vor dem eigentlichen Training machen.

Dabei setzt man sich auf den Boden, legt die Fußsohlen aneinander und umfasst die Füße mit beiden Händen. Dann bewegt man die Beine sanft auf und ab,wie ein Schmetterling der flattert. Diese Übung gibt es auch im Yoga.

Es gibt dann noch die Erweiterung, mit den Händen oder Unterarmen vorsichtig Druck auf die Oberschenkel auszuüben, aber ich mag diese zusätzliche Übung nicht. Ich lasse lieber die Schwerkraft natürlich wirken.

Im Netz gibt es natürlich dutzende verschiedene Vorbereitungsvideos, die man zB bei YouTube mit Suchbegriffen wie "Lotossitz Übung" finden kann.

Allerdings kennt man natürlich die Qualifikation der dort lehrenden Personen nicht, so dass man sich nicht zu übermäßig anspruchsvollen Techniken verleiten lassen sollte.

Atmung

Vermutlich kennt jeder Videos von Kugelstoßern oder Gewichthebern, die bei der Durchführung ihrer Techniken laut brüllen.

Auch wenn wir schwere Gegenstände heben müssen, atmen wir häufig tief ein und stemmen dann zB den Schrank mit der Ausatmung. Dadurch baut man zunächst Spannung auf und baut sie dann wieder ab.

Dieses Prinzip kann man auch beim Lotossitz nutzen und die Beine jeweils nicht positionieren, wenn man den Körper gerade anspannt, sondern dann, wenn der Körper entspannt ist.

Wer meint, mit einem Hauruck die Beine richten zu müssen, ohne dabei auf den Spannungszustand des Körpers zu achten, muss sich über Schmerzen nicht wundern.

Zusammenfassung

Übe eine Haltung, bei der alle Kräfte sich natürlich verteilen und du nicht
gegen die Gravitation arbeitest (was etwa beim Schneidersitz der Fall wäre).

Achte auf die Empfindungen deines Körpers. Ein Halblotos mit gutem Körpergefühl ist besser, als ein voller Lotos mit schlechtem Körpergefühl

"Au" heißt "So nicht" und bedeutet, dass man behutsamer sein sollte und seinem Körper nicht mehr abverlangen, als er zu geben in der Lage ist.

Der Lotossitz ist kein Statussymbol und kein Wettbewerb

Ich kenne Menschen, die ausschließlich im Halblotos, oder burmesischen Sitz üben können und auch keinen Wert darauf legen, sich ständig herauszufordern.

Ich persönlich sehe viele Vorteile im Lotossitz und empfehle ihn daher grundsätzlich auch - aber es sollte nicht darin ausarten, dass man jede Sitzperiode damit beginnt, gegen seine körperlichen Empfindungen zu kämpfen.

Abschluss

Man sollte auch nie vergessen, dass "Meditation" nicht die Bezeichnung für eine bestimmte, isolierte Technik nach starren Regeln darstellt.

Meditation ist ein Zustand entspannter Achtsamkeit, der weder in schläfrige Trance, noch in angespannte Konzentration abgleitet.

Diesen meditativen Zustand kann man nicht nur im Lotossitz erfahren, sondern alle Handlungen können in meditativer Weise ausgeübt werden.

Wenn es also mal nicht klappt mit dem Sitzen - weder auf dem Stuhl, noch auf dem Kissen - dann mache doch einfach eine Gehmeditation, oder übe dich im achtsamen Schnippeln von Küchenzutaten.

In Zen-Klöstern ist die Aufgabe des Kochs extrem wichtig, weil er die ganze Gemeinschaft gesund erhält. Da er wegen seiner Arbeit nicht an allen Sitzmeditationen teilnehmen kann, wird das Kochen seine Meditation.

Man kann also eigentlich gar nicht "Meditation machen", sondern lediglich "meditativ sein". Ich hoffe, diese Ratschläge waren hilfreich. :-)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit etwa 40 Jahren Praxis buddhistischer Meditation