Kurt Gödel Gottesbeweis?

8 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Ja ja, mit kalter Logik. Der "Beweis" ist Quatsch. Schon allein deshalb weil dabei nicht mit Prädikatenlogik, sondern Modallogik gearbeitet wird - das ist nicht die klassische Logik, die man kennt und hat auch nicht die klassischen Eigenschaften, die man logisch erwarten würde. Gödel postuliert fünf Dinge (A1)-(A5):



(A1) Heißt: Eine Aussage ist entweder wahr oder falsch. Nicht beides gleichzeitig und auch nicht keins von beidem.

In Gödels Sprache: Betrachtet man eine Eigenschaft und deren Negation, so ist genau eine davon positiv (wahr/falsch wird in dem "Beweis" als positiv/negativ betrachtet).

Das ist im realen Leben Unsinn, weil es nicht nur schwarz und weiß gibt. In der Logik mag das funktionieren, übertragen auf die Realität nicht. Wenn ich sage, deine Frage ist langweilig, ist das weder eine wahre, noch eine falsche Aussage, weil sie nicht allgemein gültig und klar ist.



(A2) Heißt: Gegeben zwei Aussagen, wenn die eine notwendigerweise von einer wahren Aussage impliziert wird, ist sie ebenfalls wahr.

In Gödels Sprache: Gegeben zwei Eigenschaften, wenn die eine von einer positiven Eigenschaft impliziert wird, ist sie positiv.

Auch Unsinn: Dass ich lebe impliziert, dass ich sterben werde. Dabei ist das sterben aber keine positive Eigenschaft (s. A1).



(A3) Heißt: Aussage G ist wahr. Dabei ist G die Eigenschaft, "Godlike" zu sein.

In Gödels Sprache: Gottartig zu sein ist eine positive Eigenschaft. Er definiert dabei "gottartig" als "A God-like being possesses all positive properties", also als innehaben aller positiven Eigenschaften.

Das mag sein.



(A4) Heißt: Eine wahre Aussage ist notwendigerweise auch wahr. Das klappt in der Logik.

In Gödels Sprache: Eine positive Eigenschaft ist auch notwendigerweise positiv.

Auch in der Realität Unsinn: Großzügigkeit ist sicher a priori eine positive Eigenschaft, in bestimmten Situationen aber definitiv nicht. Sein letztes Essen wegzugeben, würde den Tod implizieren und der ist nicht positiv.

Und jetzt noch der Oberbrüller:



(A5) Wieder nur Wahrheit der Aussage NE und die definiert Gödel als "notwendige Existenz".

Also in Gödels Sprache: Die Eigenschaft notwendiger Existenz ist positiv.

Ist das so? Ist die notwendige Existenz einer Pandemie positiv? Na ja.

--

Gödel schlussfolgert jetzt relativ wild: Zunächst folgert er, dass alle positiven Eigenschaften möglicherweise angenommen werden. Die Gegenannahme, es gebe kein gottartiges Wesen, führt er dann zum Widerspruch - denn gäbe es keines, ist es möglich, dass keines existiert, allerdings hatten wir vorhin postuliert, dass notwendige Existenz eine positive Eigenschaft ist, die von der Eigenschaft, gottartig zu sein, impliziert werden muss. Das beißt sich mit der Anfangsannahme, dass alle Eigenschaften möglicherweise angenommen werden. Zumindest nach Gödel.

Mit anderen Worten: Der Beweis mag in Formeln logisch aussehen, wird aber völlig falsch interpretiert und angewendet. Es werden Axiome angenommen, die so nicht gelten können. Der Beweis stimmt in der Modallogik, lässt sich aber nicht so auf die Kontexte anwenden, wie es Gödel tut. Deshalb geht es schief.

LG


Geansehaut  07.01.2021, 17:35
Das ist im realen Leben Unsinn, weil es nicht nur schwarz und weiß gibt. In der Logik mag das funktionieren, übertragen auf die Realität nicht. Wenn ich sage, deine Frage ist langweilig, ist das weder eine wahre, noch eine falsche Aussage, weil sie nicht allgemein gültig und klar ist.

In dem Beispiel kann es aber nur schwarz oder weiss geben. Entweder es gibt einen Gott oder eben nicht.

0
Willibergi  07.01.2021, 19:17
@Geansehaut

Jein, so ganz stimmt das zwar nicht, weil eine Existenzaussage nicht beweisbar sein muss. In „üblicher“, intuitiver Logik ist das aber natürlich richtig.

Der Kern hier ist allerdings, dass Gödel wahr/falsch auf positiv/negativ ummünzt. Und da zieht das Bivalenzprinzip eben nicht mehr, denn nicht alles ist entweder klar positiv oder klar negativ (auch die Existenz Gottes nicht).

1
SuggearDaddy 
Beitragsersteller
 19.06.2020, 00:15

Danke, das war wirklich super formulliert mit drum und dran. All seine Axiome erklärt, in Unterpunkte aufgeteilt und systematisch angegangen.🙏👍

2
MagicalGrill  16.06.2020, 16:39
Und jetzt noch der Oberbrüller:
P(NE)

Bei diesen Worten musste ich schon schmunzeln :-)

Sehr gute Antwort auf die Frage (und unterhaltsam zugleich, wenn man Grundzüge der Modallogik kennt).

Zu Gödels Verteidigung: Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, hatte er gar nicht den Anspruch, die Existenz Gottes wirklich zu beweisen. Er wollte lediglich zeigen, dass der ontologische Gottesbeweis nicht in sich widersprüchlich ist, was ja ganz gerne mal behauptet wird.

1
Willibergi  16.06.2020, 16:53
@MagicalGrill

Danke ;-) ja, das habe ich auch gelesen. Scheinbar war er eh Atheist, aber wohl trotzdem nicht ganz unreligiös.

3

Der Beweis von Kurt Gödel baut auf Prämissen bzw. Axiomen auf, die schlichtweg nicht haltbar sind und auch nicht weiter geklärt bzw. bewiesen werden. Das Resultat des Beweises baut also lediglich auf Annahmen auf, was den Beweis obsolet macht.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Intensive Recherche über mehr als 11 Jahre
Gottesbeweis von Kurt Gödel ...mit kalter Logik von Computern als wahr

Nee - das ist auch nicht besser. Gott läßt sich sich unter die "Beweise" Computern" zwingen

Es wurde per Technik bestätigt das es nen Gott gibt?

Wage Sache, schon allein da ich keinen Weg sehe wie das gehen soll

Und genauso, welchen Gott?

Es gibt Haufen... Kronprinzen gibt es auch etc.

Was ist mit denen? Wurden die dabei auch bestätigt?

Ich würde dieser Sache keinen Glauben schenken..

Schon allein weil ich persönlich an keinen Gott glaube


SacreVacheSacre  16.06.2020, 15:11

Naja, mit Technik würde ich nicht sagen. Es wurden seine Definitionen und Axiome im Computer eingegeben und dann gefragt ob daraus folgt, dass Gott existiert. Schön, hat keine Aussagekraft, man muss sich die Axiome anschauen und die sind, um es in Willard van Orman Quines Worten zu sagen „unnecessary ontological assumptions“

0
felixman20033  16.06.2020, 15:13
@SacreVacheSacre

Ich bedanke mich mehr als nur sehr für das Neue Wissen^^

Ich würde sowas halt nie glauben schenken..

0

Hi,

grundsätzlich ist es bei Gottesbeweisen so, dass

a) Gott bzw. göttliche Eigenschaften definiert werden müssen

b) einige Axiome (also nicht-beweisbare Annahmen) aufgestellt werden müssen um darüber eine Theorie zu bauen

Nun ist es natürlich so, dass ein jeweiliger Gottesbeweis nur innerhalb seiner eigenen Annahmen existieren kann und das ist ein Problem, denn was, wenn unsere Welt zufällig nicht so ist und wir auch nicht beweisen können, dass sie so ist bzw nicht so ist? Dann haben wir hier eben ein Konstrukt wo nur jeder Mensch sich selbst überlegen kann, ob er sich sein Universum so vorstellt und den Gottesbeweis annimmt oder halt nicht. Aber am Ende macht es nur für den jeweiligen Menschen selbst in seinen Gefühlen einen Unterschied, nicht jedoch für die Realität, die nicht beweisbar ist.

In der Mathematik gibt es oft ähnliches Vorgehen. Beispielsweise existiert in der Mengenlehre auf der sehr vieles der erforschten Mathematik aufbaut das sogenannte Auswahlaxiom. Hier wird angenommen, dass man zu jeder Menge ein Element auswählen kann. Eine Aussage, die man für die Konstruktion annimmt, aber nicht beweisen kann und darüber ist dann eine große Theorie gebaut worden. Finde ich persönlich nicht schlimm, weil es gut funktioniert und deshalb habe ich auch nichts gegen Gottesbeweise, aber man sollte das immer im Hinterkopf behalten bevor man etwas vollkommen allgemein behauptet.

Viele Physiker lachen natürlich darüber, denn in der Physik gibt es ja noch das Mittel des Experiments. Wenn wir eine Theorie aufstellen, die nicht widerlegt werden kann, also wenn es kein Experiment gibt, dessen Ausgang die Theorie möglicherweise widerlegen könnte, dann ist diese Theorie wissenschaftlich unnütz. Jetzt könnte man schnell juhu schreien und behaupten Physik sei die einzig wahre Wissenschaft, denn wir haben ja die Überprüfung und müssen nichts annehmen. Aber wenn wir über das Experimentieren an sich nachdenken, dann fällt auf, dass es hier ein axiomatisches Problem gibt: Was, wenn der Mensch keinen freien Willen hat? Dann könnte es sein, dass unser Universum so aufgebaut ist, dass ein vom Menschen gebautes Experiment einen vorbestimmten Ausgang hat und wir wären nie in der Lage dies aufzudecken. Beispiel: "Gläser fallen vom Tisch und zerspringen in tausend Scherben, aber die entstandenen Scherben springen nie vom Boden auf den Tisch und bilden ein Glas". Ok, aber was, wenn das mit dem Scherben zusammensetzen doch passiert, aber nur wenn niemand hinsieht? Deshalb geht ein Physiker von dem Axiom aus, dass wir einen freien Willen haben und jeder Zeit zum Glas schauen können, wenn wir wollen. Aber das ist natürlich nur in unserem eigenen Kosmos richtig, weil wir es gefühlt so empfinden.

Jetzt bin ich etwas abgeschweift, aber ich wollte dir aufzeigen welche Probleme ganz allgemein bei Beweisen vorhanden sind und dass der Glaube an einen Gott, welcher es auch sein möge (oder mehrere) genau gleichwertig ist zu der Annahme es gäbe keinen Gott (und hier geht es nur um die Existenz Gottes, nicht um das ganze herum!).

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Theoretische Physik und Mathematik