Kunde kommt rein obwohl Feierabend - Einzelhandel?
Hi!
Mich interessiert folgendes:
Ein Teilzeitverkäufer/in arbeitet z.B. Montag von 9-16 Uhr.
Der Laden schließt um 19 Uhr.
Es sind nur zwei Mitarbeiter im Laden (Einzelhandel) und der Laden ist voll.
Aufgrund der Pandemie kann sich das Unternehmen an einem Tag derzeit nicht mehr Arbeiter leisten.
Nun bleibt der/die Teilzeitverkäufer/in deshalb 2 Stunden länger (bis 18 Uhr oder länger) im Laden, da sonst zu viele Kunden unbedient bleiben und den Laden verlassen würden.
Dies was ich eben geschildert habe, passiert öfters!
Diese häufigen Überstunden werden nicht im Sinne "bezahlt", sondern von der Gesamtarbeitszeit in dem jeweiligen Monat oder anstehenden Monaten zieht man die Überstunden ab, so dass man an anderen Tagen früher gehen kann.
Was meint ihr dazu, ist sowas normal? Sollte man den Arbeitgeber wechseln? MUSS man länger bleiben oder darf einfach gehen, ohne Konsequenzen?
7 Antworten
Hier gibt es eine ganze Menge Punkte zu diskutieren. Der Reihe nach:
Zuerst einmal hat der Arbeitgeber ein Weisungsrecht gemäß §106 GewO, dh er kann Beginn und Ende der Arbeitszeiten und -pausen festlegen.
Einschränkung #1: Diese Festlegung kann aber nur im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes erfolgen, dh max 8h Arbeit + 2 Überstunden pro Tag, rechtzeitiger Ausgleich von Überstunden, Ruhezeit 11h, max 6h ohne Pause, Pausenzeiten müssen im voraus feststehen, 35h-Direktive usw.
Nachdem ggfs auch Arbeitszeit vor und nach Ladenschluss anfällt (Ware einräumen, Aufräumen, Kassenabschluss usw) ist hier auf jeden Fall die maximale Arbeitszeit von 10h pro Tag zu beachten.
Einschränkung #2: Änderungen eines erstellten Dienstplans können ohne Zustimmung des Mitarbeiters nicht ohne weiteres gemacht werden. Nach hM ist entweder ein Vorlauf von 4 Tagen (vgl §12 TzBfG) oder die explizite Zustimmung des Mitarbeiters erforderlich.
Sollte also die Spätschicht unangekündigt nicht erscheinen, informiert der Mitarbeiter den Arbeitgeber ("Melden macht frei!") und kann dann um 16 Uhr den Laden schließen (zB weil er um 17 Uhr einen privaten Termin hat).
Noch interessanter wird es, wenn im Betrieb ein Betriebsrat vorhanden ist, denn Dienstpläne sind nach §87 BetrVG mitbestimmungspflichtig und können ohne Zustimmung des Betriebsrats nicht mehr geändert werden.
(obligatorischer Hinweis: Wenn kein Betriebsrat vorhanden ist, solltet ihr einen gründen!)
Kommen wir zur Vergütung: Prinzipiell ist es OK, geleistete Mehrarbeit "abfeiern" zu können, also an anderen Tagen weniger zu arbeiten.
Aber: Es stellt sich die Frage, ob die Situation nicht gerade dadurch entsteht, dass ein anderer Mitarbeiter seine Mehrarbeit a baut und somit diese Lücken sich kaskadierend durch den Dienstplan bohren. Auch hier hätte ein Betriebsrat Möglichkeiten.
Der andere Punkt bei Mehrarbeit: Je nach Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung und/oder Arbeitsvertrag werden für Mehrarbeit Zuschläge fällig. Als Beispiel: Laut Tarifvertrag der NGG sind für jede Stunde Mehrarbeit 33% des regulären tariflichen Stundenlohns vom Arbeitgeber zu entrichten.
Wie Du siehst, sind hier viele Punkte zu berücksichtigen. Prinzipiell gilt für die Arbeit wie für jeden anderen Vertrag:
Es ist ein Tauschgeschäft zu beiderseitigem Nutzen - und wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es zurück!
Einfach gehen?
Also da stehen noch Kunden im Laden, um 19 Uhr gehen dann einfach alle und die Kunden bleiben alleine? Oder wie soll das in der Praxis aussehen?
Also - wer zahlt das Gehalt derer, die da arbeiten? Wo kommt der Schotter her?
Na? Kommst Du drauf?
Klar, der Chef bezahlt das......?
Leider falsch. Das Geld kommt von denen Leuten, die da im Laden stehen und um 19 Uhr nerven - auch Kunden genannt. Diese bezahlen die Gehälter der Mitarbeiter.
Und jetzt? Willst Du immernoch einfach gehen?
Das Überstunden mit Freizeit ausgeglichen werden, ist rechtlich einwandfrei. Hauptsache sie werden entweder ausgeglichen oder aber bezahlt.
die Zeit ist nicht unbezahlt, die Zeit wird vergütet. das sind sozusagen Überstunden. auch wenn es für dich nicht so toll ist, ist das absolut nachvollziehbar von der Firma her
Ich würde das Problem ansprechen und notieren wie oft Du länger bedient hast.
Sollte darauf nicht eingegangen werden, kündigen und neuen Job suchen.
Ja, das ist leider normal. Der Fachkräftemangel ist allgegenwärtig.
Und wenn deine Überstunden in Freizeit abgegolten werden, ist das eine Regelung, die vollkommen in Ordnung ist.
Und die Zuschläge für Mehrarbeit soll der Arbeitnehmer einfach so abschreiben?
Was sollte das für ein Zuschlag sein? In Teilzeit steht einem kein Zuschlag zu, es sei denn, er ist vertraglich vereinbart.
Beispiel Tarifvertrag NGG: 33% Zuschlag ab der ersten Stunde Mehrarbeit.
Ja. Es ist nicht Aufgabe des Arbeitnehmers, die fehlende Kompetenz des Arbeitgebers bei der Personalplanung zu kompensieren.