Kontaktabbruch als letzter Ausweg?
Ich merke, dass ich an meine Grenzen komme und die Situation mit ihr kaum aushalte.
Es geht um meine Mutter. Wenn ich sie sehe, geht es mir oft nicht gut, auf Treffen habe ich keine Lust mehr. Diese Distanz spürt sie wahrscheinlich und rückt daher aber leider noch näher, statt mich in Ruhe zu lassen. Der Grund für die Abneigung ist, dass sie psychisch krank ist/war und dies wurde an mir oftmals ausgelassen. Die Misshandlungen waren nicht nur körperlich, sondern auch psychisch. Es waren keine kleinen Dinge, das Gefühl der Todesangst war stets präsent und dennoch schwieg ich, weil ich nicht wusste, was passiert, wenn ich weggehe. Es hat nie jemand geholfen, leider musste ich mit ihr allein aufwachsen. Eine Therapie hat sie nie gemacht, dafür ist sie zu unreflektiert. Dies ist der Grund, weshalb ich auch weder Lust noch Kraft habe: Sie will nichts wahrhaben und redet nur über die schönen und lustigen Dinge aus der Vergangenheit. Die Verbindung zur Mutter ist natürlich dennoch ein starkes Band und gerade weil wir allein dastehen- es keine Kontakte zur Familie gibt bzw. einige verstorben sind- macht den völligen Kontaktabbruch nicht leicht. Sprich, dann gibts theoretisch keine Familie, dann gibt es nur mich und die Schwiegerfamilie. Wenn ich ihr sagen würde, dass ich bald erneut eine Therapie beginne, würde sie gleich fragen, wieso, ohne sich selbst infrage zu stellen..das zeigt, wie krass sie in ihrer Seifenblase lebt. Allein der Gedanke macht mich echt aggressiv. Sie hatte es damals selbst nicht einfach, daher wurde ihr oft zu Therapien geraten, die sie nie wahrnahm. Ich habe auch keine Lust und Kraft, ihr zu helfen, zu reden, all das aufzuarbeiten... sie suhlt sich gern in ihrem Selbstmitleid, aber da kann ich eben auch nicht helfen und die Distanz in mir ist zu groß geworden, als dass ich jetzt sagen könnte: ,,Ach, wenn du so viele Probleme hattest, dann sehe ich das ja aus einer ganz anderen Perspektive." Ich habe das Gefühl, dass der Zug abgefahren ist und würde mich über Meinungen außerhalb meines Umfelds freuen. Da heißt es immer wieder ,,Es ist doch deine Mutter!"
7 Antworten
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Ich habe ein ähnliches Problem mit meiner Mutter. Momentan ist es bei mir genauso, dass ich mit der Sitatuion nicht umzugehen weiß: um weiterhin Kontakt zu ihr halten zu können müsste ich einsehen, dass ich niemals die Liebe die ich als Kind verdient habe, von ihr bekommen und in der Zukunft noch viel mehr einstecken müssen werde. Wenn nicht, bin ich für den Rest meines Lebens mit meinem schlechten Gewissen und der Frage geplagt, ob es nicht doch hätte funktionieren können. Eine Antwort auf deine Frage kann ich dir nicht geben, aber das Wissen, dass du nicht allein mit dieser Problematik bist.
Was aber ganz wichtig ist und was du ja selbst auch schon gesagt hast: du bist nicht verantworlich für das persönliche Glück oder Leid deiner Mutter. Es liegt nicht in deiner Verantwortung ihr das Geschehene zu verzeihen nur weil du nachvollziehen kannst wie es dazu kommen konnte. Du wurdest schlecht behandelt und musst damit klar kommen, dass sich das niemals ändern wird.
Ich habe in meiner Therapie viel über dieses Thema gesprochen und lang mit meiner Psycholgin überlegt, was das beste wäre. Ich denke wenn du wieder eine Therapie - im Hinblick auf diese Probematik - startest bist du am besten beraten. Deine Mutter muss davon ja auch nichts wissen. Der Kontaktabbruch zu so einer wichtigen Person ist ein Prozess der professionell begleitet werden sollte, vor allem wenn eine so enorme emotionale Abhängigkeit und Belastung besteht.
Ich wünsche dir viel Erfolg und Kraft auf deinem Weg!
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wirklich gut zu wissen, dass man damit nicht allein ist!
Das Schlimme ist leider, dass ich sie teilweise gar nicht in meiner Gegenwart ertrage. Deine Aussage über das Leid und Glück trifft definitiv zu- es ist nur (noch) so schwer zu verinnerlichen, selbst wenn man es weiß.
Gerade das nutzt sie manchmal noch aus ...
Vielen Dank, das wünsche ich dir auch:)
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Nach meinem Empfinden hast du eine ungünstige Vorstellung von der Liebe, die zwischen Eltern und deren Kindern fließt oder fließen sollte.
Du meinst, deine Mutter ist psychisch krank, ohne zu erkennen, dass ihre vermeintliche Ignoranz ja gerade ein Symptom ihrer Krankheit sein könnte. Und du meinst, Psychotherapeuten können das beheben, was sie aber nicht wirklich können. Da sind deine Hoffnungen einfach zu unrealistisch.
Für dich wäre wichtig, deine Mutter zu ehren. Dazu gehört, dass du anerkennst, dass sie mit deiner Geburt, der für sie ein extremer Vollzug ihres Seins war, alles gegeben hat, was sie hatte.
In der Praxis sähe die Veränderung so aus, dass du deiner Mutter innerlich und sehr gefasst sagst:
Liebe Mama, du bist die Große, ich bin die Kleine.
Du gibst und ich nehme.
Alles was du gegeben hast, halte ich fest und in Ehren.
Wenn es das Leben erlaubt, gebe ich es weiter, so wie du.
Was du gegeben hast, ist genug.
Den Rest mache ich spielend und gerne alleine.
Und nun mag ich dich in Ruhe lassen.
Bitte schau freundlich auf mich.
Diese Sätze könnten dich aus der verstandesbetonten und daher sehr fraglichen Beurteilung deiner Lebenssitiation befreien. Du musst im Alltag gar nicht viel mit ihr zu tun haben. Wichtig ist, dass du dich umdrehst und sie als die Große hinter dir als warmen Rückenwind spürst. Auch wenn du es nicht so spürst, du kannst sicher sein, sie liebt dich.
Das Ego sagt: Es ist schrecklich, da muss ich was tun.
Die Liebe sagt: Es ist wie es ist und gibt Ruhe.
Alles Liebe und Gute für dich...
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Ich denke in manchen Eltern-Kind-Konstellationen ist das ein total falscher Ansatz. Damit müsste die Leidtragende Person anerkennen, dass die ungerechte Behandlung gegenüber ihr gerechtfertigt und legitim war - was falsch ist. Und gleichzeitig Dankbarkeit zeigen für eine Selbstverständlichkeit, nämlich die Liebe und Fürsorge einer Mutter, die gleichzeitig auch noch mangelhaft war. Das ist nicht gerecht. Und wenn sich der Fragesteller offensichtlich auch in seinem gegenwärtigen Alltag durch die schlechte Behandlung in der Kindheit behindert fühlt wäre es das Ungesündeste für ihn, sich vor diesem Wissen zu verschließen und weiterhin mit einem enormen Stress zu belasten. Sie als "Große" zu sehen und sich selbst als "klein" triggert nur die Grundproblematik und stellt ein ungesunde Machtkonstellation her, die nicht im Ansatz besteht.
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Im Grunde zeigst du tolle Ansätze zu innerem Frieden. Was nun noch fehlt ist deine Bereitschaft zu verzeihen. Verzeihen heißt aber nicht, dass du die gönnerhafte tolle Tochter bist, die der Mutter deren Versagen nicht mehr nachträgt. Verzeihen heißt, das anerkennen, was war und ist. Du warst mal traumatisiert. Heute bist du in deiner vollen emotionalen Kompetenz, die du schon mit deiner Frage hier bei GF nutzt. Und das bist nur, weil dich das frühere Leid ständig in eine Sachhaltung gedrückt hat, die dich deine heutige Kraft finden ließ.
Ich empfinde dich als sehr kompetent. Daraus schließe ich, dass es deine Mutter auch kompetent war und noch ist. Leider hat sie das frühere Leid nicht so genutzt, wie du. Halte für möglich, dass sie es nicht konnte!
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Es geht darum, was dir schadet und was dir gut tut. Und wenn es deine Mutter ist, die dir nicht guttut, so what? Ich habe meiner Familie vor fast 20 Jahren Hausverbot erteilt, es war die beste Entscheidung meines Lebens. Meine Mutter ist eine sehr narzisstische Persönlichkeit, meine Schwester ebenso. Ein friedliches Leben in dieser Familie war nicht möglich. Solche dysfunktionalen Beziehungen können dich kaputt machen. Der Kontaktabbruch ist hier lediglich Notwehr.
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Das war sicher trotzdem nicht einfach... wie geht es dir jetzt damit? Hast du den Kontakt plötzlich abgebrochen, oder wie lief es ab?
Gab es keine Versuche, dich zurückzugewinnen?
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Ich habe den Kontakt zu meiner ganzen Familie abgebrochen, wenn auch aus ganz anderen Gründen als du. Wenn dir das gut tut, dann mach einen Bruch oder zumindest eine sehr lange Pause.
Ich telefoniere nur ca. 2-3 mal im Jahr mit meinem Vater. So ist es für uns beide gut.
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ihr zu helfen, zu reden, all das aufzuarbeiten..
Nimm´s mir nicht übel, aber auch du hast eine ganze Menge aufzuarbeiten. Du schreibst viel von dem, was früher war, aber früher ist nicht jetzt.
Kontaktabbruch finde ich gewaltig übertrieben. Du musst mit deiner Mutter keine Beziehungsklärung machen, du kannst den Kontakt mit deiner Mutter ja oberflächlich halten.
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Schwierig, da sie sehr einengt! Aber Konsequenz daraus ist, dass ich es jetzt schon oberflächlich halte.
ich finde es nicht übertrieben, aber das ist natürlich deine Meinung. Es zeigt aber, dass du es einfach nicht nachempfinden kannst- was mich natürlich für dich freut.
Naja, sie ist sehr lieb geworden und sehr bemutternd. Ignoranz ist auch nicht spürbar. Es ist auch nicht so, dass sie sich gar nicht für mich interessiert. Sie ist jetzt, wo ich zu alt bin, eine liebende Mutter geworden. Aufgrund der langen, schweren Vergangenheit kann ich es nur leider nicht annehmen.
Die Zeilen sind natürlich schon sehr passend, wenn man das mal aus einem positiveren Blickwinkel betrachtet.
Aber dennoch graut es mir, sie zu ,,ehren", oder als ,,warmen Rückenwind" zu spüren, wenn die Vergangenheit mich eher traumatisiert hat und ich eher noch Alpträume habe, die mich verfolgen..