Kann man chinesisch lernen ohne die Schrift zu können?

5 Antworten

Ja, das geht schon, wenn man sich nur im Alltag etwas zurechtfinden möchte, und zwar mit Pīnyīn. (= lateinische Schrift mit Tonzeichen für die korrekte Aussprache).

So habe ich das vor ca. 40 Jahren in der VR gemacht. Aber wenn z. B. ein Chinese Wörter benutzte, die ich auch im Kontext nicht richtig deuten konnte, war es für mich sehr schwer, am Abend nachzuschauen, was er wohl gemeint haben könnte. Bis dahin hatte ich meistens auch schon vergessen, wie seine Betonung war und ob er z. B. lautlich ein "tsch", ein "tch" oder ein "dj" benutzt hatte. Dank Papierrationierungsscheinen konnte ich mir in der Buchhandlung für ausländische Bücher (wàiwén shūdiàn) dieses Wörterbuch kaufen:

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Dann musste ich bei meiner Suche aber jede "Silbe" bzw. jedes Wort (hier z. B. ai), das ja mehrere Schreibweisen in Schriftzeichen und dabei wieder jeweils verschiedene Wortbedeutungen hat, anhand der Übersetzungen prüfen, ob dieses in dem Kontext, in dem ich es zu hören geglaubt hatte, irgendeinen Sinn ergab. Bei dem chinesischen Wort für diese Spezialbuchhandlung hätte ich also vielleicht 4 Suchen (wai / wen / shu / dian, u. U. jeweils multipliziert mit den 4 Tönen) gehabt, und ich hätte oft bei jedem Laut die ganze Spalte durchgehen müssen, da es ja auch bei gleicher Aussprache manchmal mehrere Zeichen gibt, die etwas Grundverschiedenes bedeuten können. Und dann war ich ja noch nicht einmal sicher, ob ich überhaupt das Richtige gehört hatte.

Heute mit Computer und Suchmaschinen, mit digitaler Erschließung von Wörtern etc. mag das alles viel einfacher, vielleicht sogar sehr leicht sein. Damals war es eine Sisyphos-Arbeit. Es hätte ja auch nicht viel genützt, wenn ich den betreffenden Chinesen gebeten hätte, mir das Wort aufzuschreiben und z. B. 5mal vorzusprechen, damit ich es mir daneben noch in Pīnyīn hätte aufschreiben können.

So lernte man natürlich auch nicht viel dazu. Wäre ich in der Zeit in Italien gewesen, dann wäre ich bestimmt mit guten Italienischkenntnissen zurückgekommen. In China dagegen ist bei mir nur ein wenig Alltagswortschatz, den man täglich hörte und auch selbst täglich brauchte (und der auch nur rudimentär), hängen geblieben. Ich höre immer noch die Busschaffnerin mit ihrem Gebrüll: "Kauft Fahrkarten, kauft Fahrkarten, jede 5 fen!" oder die Köchin unserer Arbeitseinheit: "Kommen Sie heute zum Abendessen?" - Nein, heute Abend komme ich nicht. Ich habe keine Zeit."

Die chinesische Sprache an sich ist nicht schwer. Die Grammatik ist sogar denkbar einfach. Die Aussprache mancher retroflexer Laute ist für Europäer nicht ganz einfach. Aber das gibt es ja in anderen Sprachen auch, dass einem das Bilden bestimmter Laute nicht so leicht fällt. Mein Hindernis war, dass ich keine Zeit hatte, Unterricht zu nehmen und die Sprache eben auch mit den Schriftzeichen zu lernen. Ich musste ja arbeiten. Um die Schriftzeichen zu erlernen, braucht man aber nun mal Zeit, viel Zeit.

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Gesprochenes Chinesisch wahrscheinlich schon, ja. Geschriebenes aber, offensichtlich, nicht.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Doktor der Englischen Sprachwissenschaft

Ja. Aber dann wäre es nur "Halb-Chinesisch"!

Sehr schwierig, ist aber möglich

Ich denke Babys machen das auch.