"Jedem das Seine"; "Alles für Deutschland": Nazisprech oder erlaubt?
Der Prozess um den verbotenen Spruch: "Alles für Deutschland" - eine SA-Losung die Björn Höcke im Wahlkampf mehrfach benutzt hat, schlägt gerade hohe Wellen.
Ich habe einen interessanten Spiegel-Artikel gefunden, der nicht nur diesen Prozess beleuchtet, sondern auch wie tief die Nazi-Sprache ins kollektive Bewusstsein der Deutschen eingedrungen ist. Meiner eigenen Mutter (Geb. 1952 und absolut keine Nazi-Sympathisantin) konnte ich den Spruch "Jedem das Seine" nie abgewöhnen, was ich versuchte seitdem ich wusste das er eine eine Losung wie "Arbeit macht frei" über dem Eingang eines KZs war.
Auf Kindergeburtstagen benutzte sie ihn gerne wenn es darum ging, dass jeder ein Stück Kuchen bekam. Völlig pervertiert für einen historisch gebildeten Menschen, der meine Mutter nicht ist.
Auch hier auf gf begegnet er mit oft. Völlig harmlos in Unkenntnis seines geschichtlichen Hintergrundes benutzt.
Dabei ist gerade "Jedem das Seine" an Häme und Fiesheit nicht zu überbieten und gleichbedeutend mit "Arbeit macht frei".
- Warum ist dieser Spruch nicht mehr totzukriegen?
- Sollte er auch verboten werden wie "Alles für Deutschland"?
- Braucht es mehr Aufklärung über typische NS-Sprüche in der Bevölkerung um deren kollektive Verwendung zu unterbinden?
74 Stimmen
28 Antworten
klare Fall beim SS-Spruch "Alles für Deutschland" und m.E. auch beim Spruch "Jedem das Seine" .. auch wenn er aus der Antike stammt, kann man es nicht ignorieren, dass der Spruch auch über dem Eingangstor vom KZ Buchenwald hing und von den NS-Schergen grausam und menschenverachtend gemeint war!!
Es kommt zumeist auf den Kontext an.
Der Spruch "Jedem das Seine" stammt im Übrigen aus der Antike.
Da muss differenziert werden!
"Alles für Deutschland" ist eine tatsächlich verbotene Wendung, für die man berechtigterweise auch strafrechtliche Konsequenzen erhält!
https://www.bige.bayern.de/infos_zu_extremismus/rechtsextremismus/zeichen_und_symbole/grussarten_und_parolen/index.html
"Jedem das seine" ist hingegen - wie Altersweise es schon geschildert hat eine Übersetzung der lateinischen Phrase "summ cuique" welche (leider) stark missbraucht wurde.
Im Lateinunterricht wird "suum quique" als normaler antiker Spruch gelehrt!
Eine gesichert rechtsextreme Parole in einen Topf mit einem missbrauchten aber nicht verbotenen Spruch, der auf Cicero zurückgeht, zuwerfen, halte ich für übertrieben.
Edit: Daher finde ich es auch störend, dass in der Abstimmung "Phrasen" und nicht "Phrase" steht. So wird das schlimme mit dem nun wieder normaleren Spruch vermischt und dadurch "Alles für Deutschland" mit seiner extremistischen Bedeutung verharmlost.
Berechtigt finde ich es nicht, aber es ist gesetz. Wie auch bei Jedem das Seine waren das auch für mich mal ganz normale phrasen...
trotzdem denke ich Höcke wusste genau was er macht
Umfragetexte kann man leider im Nachhinein nicht mehr korrigieren.
Ich fände es zynisch, zu sagen: Jedem das Seine", das vermeide ich, aber den anderen Spruch finde ich harmlos.
"Jedem das Seine" ist als "ssum cuique" seit Jahrhunderten im Sprachgebrauch und wurde nur von den Nazis übelst missbraucht.
https://de.wikipedia.org/wiki/Jedem_das_Seine
Ich würde mir eine solche Redewendung ebensowenig verbieten lassen wie deutsche Volkslieder, die leider auch von den Nazis missbraucht wurden.
Sprache ist etwas Dynamisches und wurde zu allen Zeiten unterschiedlich benutzt - und leider auch missbraucht. Selbst in der Nazizeit wurde typischer Nazisprech manchmal auch ins spöttische verzogen wie beispielsweise die Bezeichnung der Schauspielerin Kristina Söderbaum als "Reichswasserleiche".
Mit "jeder ein Stück Kuchen" hatte der nie zu tun.
Ich habe vorher auch noch nie davon gehört dass jemand diese Redewendung so gebraucht.
Ehrlich gesagt klingt das ein wenig erfunden. Ich traue das irgendwie keinem erwachsenen Menschen zu. 😅
Es ist nicht "jeder Nazi spruch" verboten. Die liste ist genau definiert und einsehbar. Und wenn man auf eine öffentlichen veranstaltung mit dem Publikum die Losung der SA sagt muss man sich über entsprechende folgen nicht wundern.
Es wäre natürlich möglich das weder Höcke noch seine korrekturleser in Geschichte aufgepasst haben, es kann aber auch gut sein das er absichtlich provoziert und versucht so weit wie möglich zu gehen.
Das was du hier machst nennt man übrigens "Falsches Dilemma" und gehört zu den Scheinargumenten.
Höcke als Geschichtsleherer und Mitglied einer rechtsextremen Partei? Unwahrscheinlich
Das weiß ich auch. Aber es ist ein Begriff aus dem Strafrecht der Antike. Nicht so positiv besetzt wie er von geschichtsvergessenen Menschen benutzt wird. Mit "jeder ein Stück Kuchen" hatte der nie zu tun.