Ist töten aus Notwehr eine Sünde (Christentum)?
Hi. Ich habe gerade die Bibel gelesen und das gefunden:
»Ada und Zilla, hört mir gut zu!
Ihr Frauen Lamechs, merkt euch meine Worte!
Ich erschlage den Mann, der mich verwundet.
Ich erschlage das Kind, das mich schlägt.
Wird Kain siebenmal gerächt,
soll Lamech siebenundsiebzigmal gerächt werden.«
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11 Antworten
Das Verhalten von Lamech wird als negatives Beispiel dargestellt, der Polygamie betrieb und anscheinend von fürchterlichen Rachegedanken getrieben war.
Nach der Bibel sollen sich Christen geben gerade nicht rächen. Notwehr/Nothilfe ist etwas anderes, aber Rache darf nicht sein - auch nicht nach unseren Strafgesetzen.
Ich erkläre dies mal an der Aussage Jesu, dass Christen "die andere Backe hinhalten" sollen:
Sollten Christen sich überall verprügeln lassen, ohne sich zu wehren? Sollten sie zuschauen, wenn andere Christen verprügelt werden und sich darüber freuen, dass diese die andere Backe hinhalten können? Das ergäbe doch irgendwie nur wenig Sinn und würde die gesellschaftliche Ordnung gefährden.
Zu der Bibelstelle mit dem "Hinhalten der anderen Backe" ist zu sagen, dass es dabei nicht um Selbstverteidigung oder körperliche Angriffe, sondern um Rache und Beleidigungen geht.
Im griechischen Urtext steht das Wort "rhapizo", das einen Schlag mit dem Handrücken ins Gesicht bedeutet. Dies war eine Geste, die z.B. ein Herr gegenüber seinem Knecht tun durfte. Bei Gleichgestellten galt sie als schwere Beleidigung, die nach rabbinischem Recht doppelt bestraft wurde. Deshalb soll man sich durchaus beleidigen lassen, ohne sich zu wehren. Und man soll sich nicht rächen, was wohl die Kernaussage dieser Bibelstelle ist.
Deshalb ist der Vorschlag, auf Beleidigungen nicht zu reagieren und auf Rache zu verzichten, die beste Taktik, um Streit zu deeskalieren und schlimmere Auseinandersetzungen, die über verbale Angriffe hinausgehen, zu vermeiden.
In taktischen Selbstverteidigungsseminaren, in denen es um Notwehr und Nothilfe geht, wird diese Strategie durchaus als wichtige Möglichkeit der Deeskalation und Prävention gelehrt
An diesem Beispiel sieht man wieder, wie lebensnah und -praktisch Jesus die Menschen belehrte.
Gewalt ist keine Lösung! Im alten Testament heißt es auch "Auge um Auge - Zahn um Zahn". Im neuen, mit Christus, lernen wir jedoch unserem Mitmenschen zu lieben und keine Gewalt anzuwenden.
"»Ihr wisst, dass den Vorfahren auch gesagt wurde: ›Auge um Auge, Zahn um Zahn!‹ Doch ich sage euch: Leistet keine Gegenwehr, wenn man euch Böses antut! Wenn jemand dir eine Ohrfeige gibt, dann halte die andere Wange auch noch hin! Wenn einer dich vor Gericht bringen will, um dein Hemd zu bekommen, so lass ihm auch noch den Mantel! Und wenn einer von dir verlangt, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei Meilen mit ihm! Gib jedem, der dich um etwas bittet, und weise den nicht ab, der etwas von dir leihen will. Es heißt bei euch: ›Liebe deinen Mitmenschen und hasse deinen Feind!‹ Doch ich sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen! So erweist ihr euch als Kinder eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne für Böse wie für Gute aufgehen, und er lässt es regnen für Fromme und Gottlose. Wollt ihr etwa noch dafür belohnt werden, dass ihr die Menschen liebt, die euch auch lieben? Das tun sogar die Zolleinnehmer, die sonst bloß auf ihren Vorteil aus sind! Wenn ihr nur euren Freunden liebevoll begegnet, ist das etwas Besonderes? Das tun auch die, die von Gott nichts wissen. Ihr aber sollt in eurer Liebe vollkommen sein, wie es euer Vater im Himmel ist.«" - Matthäus 5,38-48
Wenn du aus Notwehr handelst, ist die Verhältnismäßigkeit gefragt, auch aus christlicher Sicht. Töten aus Notwehr kann durchaus berechtigt sein, denn dein Leben ist eben nicht weniger Wert als das des Angreifers, der dich töten will ("Liebe deinen Nächsten wie dich selbst"). Außerdem hängen da weitere Fragen nach: Hast du eine Familie, für die du Verantwortung trägst? Musst du leben, um jemanden zu unterstützen (z.B. ein eigenes Kind)? Dann ist die Frage nach einer Notwehr-Tötung als "erlaubt" zu beantworten.
Tötung aus Nothilfe, in Verhältnismäßigkeit natürlich auch, ist zur Abwendung eines Schadens, Rettung und Hilfeleistung anderer, bei eindeutiger Bedrohungslage auch erlaubt.
Allerdings: jede Tötung mit berechtigtem Grund muss aus christlicher (vermutlich auch muslimischer) Sicht vor Gott dennoch verantwortet werden. Sprich: man muss wissen, dass man es ggf. aushalten werden muss göttliche Konsequenzen zu spüren und nur auf Vergebung hoffen, da ein Unterlassen dem Angreifer größeres Übel, dir größere Schuld gestatten würde.
Man muss auch sich der Unterschiede bewusst sein zwischen Töten und Morden. Einiger Gelehrter nach sollte das Gebot auf deutsch "Du sollst nicht Morden." statt "Du sollst nicht Töten." lauten. Der Unterschied liegt in der Absicht oder Notwendigkeit und in der Schwere und ihrer Konsequenzen im humanitären und rechtlichen Sinne in dieser Welt, sowie in der göttlichen Welt (vermutlich erst nach unserem Ableben).
Tut man sowas, muss der Grund dafür ein höherwertigeres Ziel für das Allgemeinwohl und die weltliche Sicherheit sein. Reine Gier, Aggression aus purer Lust, aus Glaubenskonflikten oder ungefährlicher Weltanschauungskonflikten, oder Rache sind definitiv keine ausreichenden Gründe und sind im höchsten Maße zu verbieten und zu verurteilen.
Tut jemand sowas aus einem verwirrten Geist heraus, wenn er nachweislich krankhaft psychotisch ist, dann ist vermutlich auch Mord im göttlichen Gericht keine Sünde, da derjenige nicht Herr seiner eigenen Vernunftbegabung war. Dies kann im übrigen auch rein biologisch passieren: Personen, die eine gestörte Physiologie der Organe haben, aus welchem Grund auch immer, und zu viel Adrenalin und andere Stoffe ausstoßen, können in den Betroffenen eine Art Wutrausch entfachen. Ich denke, nur wer fähig ist sein Handeln selbst kontrollieren zu können, kann dieses auch verantworten, und kann somit auch nur dann einer Sünde schuldig sein.
Andere Meinungen akzeptiere ich selbstverständlich. Ich muss sie nicht teilen, kann mich aber durchaus eines besseren belehren lassen, wenn ein Beitrag Sinn macht. Ich bete, dass der heilige Geist mich leitet, wann und wo ich mental wachse. Das wünsche ich jedem.
Man darf sich gegen Angriffe wehren. Die Frage ist nur auf welche Art.
Es sollte keine Gewaltspirale werden. Er schlägt mich. Ich schlage zurück. Er noch stärker....Dann kommen wenn möglich nur Freunde oder Familienangehörige dazu.
Jesus hat es auf tolle Art bewiesen, wie man es tun kann. Das beste Beispiel finde ich ist Johannes 8,1-11.
Bei unserem Vater (Jes.45,22) schon (Lk.6,29).