Ist Natron und Soda das gleiche?

4 Antworten

Von Experte Picus48 bestätigt

Moin,

ja, Soda (Natriumcarbonat, Na2CO3) und Natron (Natriumhydrogencarbonat, NaHCO3) sind in mancherlei Hinsicht verwandte Salze.

  • Es sind beides Natriumsalze (und von daher wasserlöslich, weil so gut wie alle Natriumsalze wasserlöslich sind - es gibt nur wenige, exotische Ausnahmen).
  • Beide Salze basieren auf der Kohlensäure (H2CO3), die eine schwache Säure ist.

Doch es gibt auch Unterschiede.

Wenn du die beiden Salze in Wasser löst, erfolgt zunächst einmal eine Dissoziation (die Salze lösen sich in Wasser auf, sie „zerfallen” in ihre Ionen:

Dissoziation von Soda:
Na2CO3(s) --[H2O]--> 2 Na+(aq) + CO32–(aq)

Dissoziation von Natron:
NaHCO3(s) --[H2O]--> Na+(aq) + HCO3(aq)

Doch dann schließt sich im Falle des Sodas noch eine Folgereaktion mit dem Wasser an. Das Carbonat-Anion (CO32–) ist nämlich so basisch, dass es einem Wassermolekül ein Proton (H+) entreißt:

Folgereaktion:
CO32–(aq) + H2O(l) → HCO3(aq) + OH(aq)

Diese Folgereaktion bleibt im Falle des Natrons aus, weil hier bereits ein Hydrogencarbonat-Anion (HCO3) vorliegt, wenn das Salz dissoziiert.

  • Soda ist also ein sogenanntes „basisches Salz”, weil es - in Wasser gelöst - zu einer alkalischen (basischen) Lösung führt, in der es Hydroxid-Anionen (OH) gibt. Das erhöht den pH-Wert der Lösung.
  • Natron ist dagegen ein sogenanntes „Neutralsalz”, weil es - in Wasser gelöst - den pH-Wert nicht beeinflusst (also im neutralen Bereich von Wasser lässt).

Das werden wir gleich noch einmal brauchen.

Natriumcarbonat (Soda) und Natriumhydrogencarbonat (Natron) sind beides Salze der schwachen Kohlensäure (H2CO3).
Gemäß der allgemeinen Regel, dass schwache Säuren aus ihren Salzen durch stärkere Säuren vertrieben werden, kannst du also das Carbonat-Anion (CO32–) und das Hydrogencarbonat-Anion (HCO3) durch so gut wie jede andere Säure aus den beiden Salzen vertreiben. Das sieht dann zum Beispiel so aus:

Verdrängung der schwachen Kohlensäure aus ihrem Soda-Salz durch die stärkere Schwefelsäure:
Na2CO3 + H2SO4 → Na2SO4 + H2CO3

Du siehst, dass das Carbonat-Anion (CO32–) des Salzes protoniert wird, so dass Kohlensäure (H2CO3) gebildet wird, wobei der Säurerest (das Sulfat-Anion: SO42–) der stärkeren Schwefelsäure (H2SO4) den Platz des Carbonat-Anions im Salz einnimmt und Natriumsulfat (Na2SO4) entsteht. Die stärkere Säure verdrängt die schwächere Säure aus deren Salz.

Mit dem Hydrogencarbonat funktioniert das im Prinzip gleich. Das Hydrogencarbonat-Anion wird von der stärkeren Säure protoniert und bildet Kohlensäure, während sich der Säurerest der stärkeren Säure mit den Natrium-Kationen verbindet...

Aber das Entscheidende daran ist jedoch in beiden Fällen, dass bei diesem Vorgang Kohlensäure entsteht. Kohlensäure ist nämlich nicht nur eine schwache Säure, sondern auch noch eine instabile! Weil bei dem Kohlensäuremolekül zwei Hydroxygruppen (–OH) an ein Kohlenstoffatom gebunden sind, zerfällt das Molekül schnell unter Abspaltung von Wasser (Erlenmeyer-Regel).

Zerfall der Kohlensäure:
H2CO3(aq) → H2O(l) + CO2(g)

Wie du hieran sehen kannst, bleibt nach der Abtrennung des Wassermoleküls von der Kohlensäure nur gasförmiges Kohlenstoffdioxid (CO2) übrig. Da das ein Gas ist, steigt es auf (↑) und verlässt somit den Reaktionsraum.

Das bedeutet, dass die Kombination eines Carbonat- oder Hydrogencarbonatsalzes mit einer anderen Säure dazu führt, dass am Ende ein neues Salz, Wasser und gasförmiges (ausperlendes) Kohlenstoffdioxid entstehen.

So! Nun haben wir chemisch alles beleuchtet, was wichtig ist, um deine Fragen zu beantworten.

Soda und Natron können als Reinigungsmittel eingesetzt werden. Das liegt daran, dass gelöstes Soda eine Lauge bildet (Hydroxid-Anionen!), die geeignet ist, Fett zu lösen (Spaltung von Fett in Glycerin und Fettsäuren) und Schmutzpartikel aufquellen zu lassen und zu entfernen. Soda bildet anschließend mit den Fettsäuren auch noch Seife, die ihrerseits Reinigungswirkung hat.
Natron hat diese Waschwirkung des Sodas nicht. Natron allein macht die Wäsche also nicht sauber. Aber wenn man es zu einem Waschmittel dazu gibt, verstärkt es dessen Wirkung. Es neutralisiert Gerüche und kann als Wasserenthärter wirken.

Als Lebensmittelzusatz ist wiederum Soda nicht sehr geeignet, weil es aus nun bekannten Gründen eher seifig-ätzend schmeckt.
Natron ist dagegen ein harmloses Treibmittel (Neutralsalz). Es wird mit Weinsäure oder Zitronensäure vermischt (das sind beides Säuren in fester Form) und bildet dann Back- oder Brausepulver. Gibt man das Gemisch in Wasser, reagiert das Natron mit der (nun gelösten) Säure und es entsteht Kohlensäure, die sofort zerfällt und Kohlenstoffdioxidgas ausperlen lässt. Dadurch werden Teige (Brot...) fluffig.

Ich hoffe, dass dir das weiterhilft und du die beiden Stoffe nun besser verstehst.

LG von der Waterkant


Abbrandler 
Beitragsersteller
 10.08.2024, 10:23

Vielen, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für diese ausführliche Antwort genommen hast.... das hat mir jetzt richtig weiter geholfen DANKE

der Englische Begriff erklärt es am besten:

"Baking Soda" und "Washing Soda"

Das Karbonat wird beim Backen dazu verwendet, daß der Kuchen aufgeht (CO2 Entwicklung). Soda schmeckt auf Grund des vielen Natriums "seifig", daher wird zum Backen Natriumhydrogenkarbonat verwendet.

Beim Waschen ist es egal, wie es schmeckt und man nimmt das billigere Soda (Natriumkarbonat).

Essen könnte man also beides (Wird auch bei Sodbrennen so gemacht), aber neutral schmecken tut nur das Hydrogenkarbonat.

Alternativ hatte man früher auch "Hirschhornsalz" verwendet, aber das ist das Ammoniumsalz und schmeckt noch widerlicher ;-)

m.f.G.

anwesende

"Fast das gleiche" kann chemisch einen großen Unterschied machen und bei den Trivialnamen kann man schon durcheinanderkommen. Natriumhydroxid (NaOH) wird z.b. als "Ätznatron" oder "kaustische Soda" bezeichnet.

Ich habe mir mal eine Übersicht gebastelt, vielleicht hilft dir das:

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 - (Gesundheit, Chemie, Haushalt)

Abbrandler 
Beitragsersteller
 10.08.2024, 10:25

Vielen, vielen Dank für Deine Mühe, auch das hat mir sehr geholfen :-)

Soda sollte nicht verzehrt werden. "Backsoda" ist ein irreführender Begriff und nicht wirklich Soda, sondern eigentlich Natron. Soda reizt die Schleimhäute.