Ist Nativismus nicht dasselbe wie Rationalismus?

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Guten Abend,-

Aus meiner Sicht: nein, es ist nicht dasselbe.

Die Verwendung des Begriffes >Nativismus< in der Philosophie (die Begriffsverwendung gibt es auch noch in anderen Varianten) bezieht sich auf die Frage des Ursprungs der Kognitionsfähigkeit und deren Elemente als Bestandteil abstrahierender Vorstellungs-, Definitions-, Analyse- und Synthesefähigkeit,- also schlicht auf die Behauptung, dass die menschliche Fähigkeit zur abstrakten Systematisierung von Wahrnehmung bzw. deren Systemelemente angeboren sind - vom Menschen also nicht erst durch empirische Vorlagen erlernt werden sondern als konstitutive Elemente unserer Wahrnehmung die Art unseres Lernens und Erkennens steuern und strukturieren.

Davon zu unterscheiden ist der Empirismusbegriff, der im Positivismus als seinem theoretischen Überbau den Ursprung aller Erkenntnis in der Erfahrung sieht, womit auch abstrakt-kognitive Strukturbildungen letztlich das Ergebnis eines "Extrapolationsprozesses" aus Gegenständen der Erfahrung und ihrer gegebenen Beziehung untereinander wären.

Wenn wir unterstellen, dass auch die Fähigkeit zur rationalen Synthese von Wahrnehmungselementen, also nicht nur die Abstraktionselemente selbst sondern auch die Definition ihrer Beziehungen (Verknüpfungsregeln) untereinander vorab, also quasi "genetisch" im Menschen angelegt ist erhalten wir natürlich einen vollständigen Gegensatz von Nativismus und Empirismus.

Vielleicht sind aber die Abstraktionselemente nativ und die Regeln ihrer Verknüpfung werden durch Erfahrung erlernt oder die Regeln zur Verknüpfung sind nativ und werden auf Gegenstände der Erfahrung angewendet.

Ein Gegensatz von Nativismus und Empirismus besteht in diesem Fall in zweifacher Weise nur bedingt.

Davon etwas gesondert steht die Frage nach dem Rationalitätsbegriff.

Die Verwendung des Begriffes >Rationalität< bezieht sich auf die Frage der Qualität und Methode wie wir von dieser Kognitionsfähigkeit Gebrauch machen und ab wann wir auf dieser Grundlage von gültigen Aussagen über die Beschaffenheit der Welt sprechen können.

Das eine ist also eine Frage des "Woher", das andere eine Frage des "Wie".

Gruß

  1. Nativismus ist die psychologische Theorie, nach der dem Menschen bestimmte Vorstellungen, Begriffe, Grundeinsichten (z. B. Raum- und Zeitvorstellungen) angeboren sind
  2. betontes Festhalten an bestimmten Elementen der eigenen Kultur infolge ihrer Bedrohung durch eine überlegene fremde Kultur

Rationalismus ist in der Philosophie die Betonung der Vernunfttätigkeit und deren Ergebnisse in der Aufklärung, in Kritik an irrationalen Glaubenssystemen, vor allem der Religion.


Mohle03 
Beitragsersteller
 30.07.2018, 18:52

Danke !

Doch Platon ist sowohl Begründer des Rationalismus als auch vom Nativismus und auf Wikipedia steht, dass der Nativismus Teil des Rationalismus ist.

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suziesext12310  30.07.2018, 19:52
@Mohle03

hier irrt Wiki. Platon hat eine idealistische Philosophie formuliert, die allerdings nicht ex cathedra verkündigt wird, sondern mit Hilfe der sokratischen Methode induziert wird.

Rationalismus ist in der Philosophiegeschichte ein eher neuzeitliches Phänomen, Kant und die englischen Rationalisten, Hume etc

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