Ist "mein Beileid" zu viel verlangt?
Im Falle eines Todes merkt man erst (meine Erfahrung) wie unfähig viele damit umgehen. Der einfachste Anstand ist weg.
Ich bin so erzogen worden, dass ich Hilfe anbiete, auf jeden Fall mein Beileid ausspreche oder was zum essen vorbeibringe. Bei guten Freunden oder Familie versuche Trost zu spenden mit einfach da sein, versorgen oder offenem Ohr. Je nachdem was die Person braucht. Aber auf keinen Fall einen auf Spaßvogel mache oder komplett untertauche und alleine lasse.
In den letzten 2 Monaten habe ich 3 Leute verloren. Verarbeite es selber relativ gut. Doch konnte dabei auch erkennen, wie wenig hilfreich viele sind. Empfinde ihr Verhalten eher als Belastung. Entweder es wurde nicht mal Beileid ausgesprochen oder es kamen Belehrungen in Richtung "gehört zum Leben dazu...wir sterben alle mal.." oder mein Favorit den Tod auf sich selbst beziehen "wer weiß wie lang ich noch hab..bin auch nicht mehr die Jüngste..." glauben die echt solche Sätze wären angebracht oder hilfreich?
Wären es Personen die selber komplett in Trauer sind, die Verstorbenen kannten, dann würde ich Verständnis haben. Jeder trauert anders. Aber wer keinen Bezug zum Toten hatte, sondern eine Beziehung zur trauernden Person...das finde ich etwas armselig.
Wie geht es euch damit? Was für Erfahrungen habt ihr gemacht? Ist es echt zu viel verlangt "mein Beileid" zu hören, anstatt Lebensbelehrungen?
2 Antworten
"Herzliches Beileid" ist im Grunde ja auch nur eine leere Floskel. Hilfe anbieten? Gut wäre es, wenn der Trauernde zu verstehen gäbe, was ihm gerade helfen könnte. Alles andere ist auch nur hilfloses Gehabe. Nicht nur, dass jeder anders trauert, es geht auch jeder anders mit Trauernden um. Versuch, deine Wut und Verachtung für die, die sich in deinen Augen nicht richtig verhalten haben, in den Griff zu bekommen, bevor du völlig verbitterst.
Stell dir vor - nur als Beispiel - ein Geschwisterteil oder Elternteil stirb - und anstatt "mein Beileid" hörst du wie die Personen IHRE Sterblichkeit in den Vordergrund stellen. Und dich belehren, dass es ja allen so geht. Und man müsse weitermachen.
Beides erlebt. Und ja, trotz dass ich damals bei meinen Eltern noch sehr jung war habe ich diese Worte verstanden. Weil der Tod jeden trifft. Es bleibt nunmal keiner übrig. Den einen trifft es früher (so wie meine Eltern und Geschwister) die anderen später
gerade dann, wenn nahestehende versterben oder - wie wir - die Kinder noch Anfang 20 sind - wird einem die eigene Vergänglichkeit noch mehr bewusst.
Und ja, man MUSS weitermachen. Ob man will oder nicht. Es ist einfach eine Umschreibung für "das Leben geht weiter auch wenn es sich jetzt nicht so anfühlt". Es ist keine Belehrung sondern schlicht eine Tatsache
Das verstehe ich alles. Doch ganz ehrlich, sowas kann man sagen wenn schon etwas Zeit vergangen ist und nicht, wenn die Person gerade gestorben ist. Finde das empathielos. Grade tot und anstatt "tut mir leid für deinen Verlust" hört man "tja, das Leben muss weiter gehen". Schon gar nicht wenn man nicht weiß wie die Person verstorben ist.
Weil man nicht weiß, was der andere sich in diesem Moment wünscht oder braucht.
Dir ist es wichtig, dass man dir sein Beileid ausdrückt. Für mich war das grundsätzlich eine absolute Belastung.
Die einen möchten einfach ihre Ruhe und alleine sein. Andere brauchen Ablenkung und Halligalli.
Die einen warten darauf, dass andere auf sie zukommen, die anderen werden selbst aktiv.
Hilfe anbieten? In welcher Form denn wenn man selbst nicht weiß, was der trauernde in diesem Moment braucht oder möchte.
Das, was für dich "Anstand" bedeutet war für mich und meine Geschwister oftmals wahnsinnig anstrengend und vor allem nichtssagend und einfach nur leere gesten und Worte
Du siehst, die Bedürfnisse eines jeden sind völlig unterschiedlich und jedes verhalten oder wort kann ggf zum Fettnäpfchen werden.
Finde nicht das es ne leere Floskel ist. Das ist Anstand. Stell dir vor - nur als Beispiel - ein Geschwisterteil oder Elternteil stirb - und anstatt "mein Beileid" hörst du wie die Personen IHRE Sterblichkeit in den Vordergrund stellen. Und dich belehren, dass es ja allen so geht. Und man müsse weitermachen. Ich finde das voll empathielos.
Gut, nach 2 Jahren Trauer kann man es evtl. so ausdrücken, aber nicht innerhalb der ersten Tage nach dem Tod.