Ist es korrektes Deutsch zu sagen, "etwas MACHT Sinn" oder ist das ein Amerikanismus (to make sense) und muß man richtig sagen, "etwas ergibt Sinn"?

18 Antworten

Die Konstruktion "Sinn machen" ist zwar ursprünglich der englischen Sprache entlehnt, aber sie ist inzwischen im Deutschen so gebräuchlich, dass sie mich absolut nicht mehr stört.

Sprachen haben sich schon immer gegenseitig beeinflusst.


Einstein0815  07.04.2019, 10:52

Apropos schlimm: Ich amüsier' mich jedesmal wie Bolle, wenn im Fernsehen ein “Public Viewing” angekündigt wird. Die Freiheit nehm' ich mir!

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RudolfFischer  07.04.2019, 22:27
@Einstein0815

ZItat: "Ich amüsier' mich jedesmal wie Bolle, wenn im Fernsehen ein “Public Viewing” angekündigt wird."

Ich auch, weil das "Leichenschau" bedeutet.

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Einstein0815  07.04.2019, 10:08

Dito! Wie arm wären unser aller Sprachen und Kultur, wenn es keinen Austausch gäbe. Es gibt schlimmere Ausdrücke an denen man sich viel besser abreagieren könnte.

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RudolfFischer  07.04.2019, 10:01

Es sollte einem aber auffallen, dass es keine englischen Redewendungen (nicht Begriffe) gibt, die sich durch deutschen Einfluss verändert haben. Die Sprachkolonialisierung ist einseitig gerichtet.

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DerKalif  07.04.2019, 10:16
@RudolfFischer

Vielleicht stimmt das in der Neuzeit, aber als die Angelsachsen das frühe Niederdeutsche mit nach England brachten, war's wohl genau umgekehrt! Außerdem gönn ich dem Englischen als Amalgam-Sprache, die wohl kaum mehr etwas von den auf der Insel früher vorherrschenden Sprachen übrig hat, ein wenig AUfmerksamkeit in unserer vielleicht sehr kurzen Epoche! ^^

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Lotte1925  07.04.2019, 10:19
@RudolfFischer

Mein Lieblingszitat (sinngemäß) aus einem Leserbrief zu dem Thema "Warum muss es denn heutzutage Ticket heisssen, wo die deutsche Sprache doch so schöne Worte wie Billett kennt."

Wer die Pointe findet, darf sie behalten :-)

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RudolfFischer  07.04.2019, 12:26
@Lotte1925

ZItat: "Warum muss es denn heutzutage Ticket heisssen, wo die deutsche Sprache doch so schöne Worte wie Billett kennt."

Ja, sehr lustig.

Nun zu den Fakten: das "Bilett" wurde schon vor über 100 Jahren durch "Fahrkarte" (und andere treffende deutsche Ausdrücke, je nach Situation) ersetzt.

Ich habe seinerzeit im Rahmen eines linguistischen Seminars durch Umfragen bei Verkehrsunternehmen nachgeforscht, warum urplötzlich das Wort "...karte" deutschlandweit durch "...ticket" zum Verschwinden gebracht wurde. Man druckste herum, endlich gab man zu: Es war eine bundesweite Kampagne einer Werbefirma, die das empfohlen hatte. So funktioniert der angeblich "natürliche" Sprachwandel.

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Lotte1925  07.04.2019, 14:29
@RudolfFischer

Das hat mit lustig wenig zu tun ... aber kommen wir doch mal zur Frage, warum vor 100 Jahren der Begriff Billett aus der deutschen Sprache verschwand ... man die heutigen Argumente gegen Anglizismen 1:1 aus den damaligen, vom neuem deutschen Nationalbewusstsein getragenen Diskussionen über die damals halt vorherrschenden französischen Fremdworte, die nun sehr en vogue waren (upppps, kleiner Fauxpas) übernehmen.

Btw.: Wie und warum wurde denn damals der gebräuchliche Begriff "Billett" (heute noch in der Schweiz üblich) durch den doch etwas sperrigeren Begriff "Fahrkarte" ersetzt? Natürlicher Sprachwandel, dem die Reichsbahn Rechnung trug ... wohl nicht.

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RudolfFischer  07.04.2019, 15:24
@Lotte1925

Zitat: "Natürlicher Sprachwandel, dem die Reichsbahn Rechnung trug ... wohl nicht."

Nein, natürlich nicht. Das war bewusste Sprachpflege seinerzeit eingesetzter Kommissionen, um neue Wortfelder aus dem Englischen (Sport) und Französischen (Bahn, Post) in das deutsche Sprachsystem zu übertragen. Das kann man mit rein sprachwissenschaftlichen Argumenten begründen: Man erlebe nur, wie sich unsere Erstklässler und Neubürger mit Fremdwörtern (deren Schreibweise und/oder Aussprache sich nicht nach dem deutschen Sysem richten), herumplagen.

Ich habe nur widerlegt, das Aufkommen von "ticket" als Ergebnis natürlichen Sprachwandels zu bezeichnen, ohne ausschließlich natürlichen Sprachwandel zu befürworten. Im Gegenteil! Ich bin sehr für eine sprachwissenschaftlich (und nicht politisch) fundierte Sprachpflege. (Das hat nichts mit Purismus zu tun, Lehnwörter sind unverzichtbar. Sie müssen nur nach Schrift und Aussprache angeglichen werden.)

"Fahrkarte" soll "sperrig" sein. Generell muss man einen Kompromiss zwischen "kurz" + "bedeutungsblass" und "länger" + "präzise" eingehen. Das hängt natürlich vom Kontext ab. Eine Silbe mehr bei "Fahrkarte" halte ich für hinnehmbar gegenüber "ticket", das außer "Fahrkarte" auch "Fahrschein", "Eintrittskarte", "Flugschein", "Strafzettel" oder gar "'Zettel' allgemein" heißen kann.

Mit dem Argument der Sperrigkeit müsste man auch viele Anglizismen gegenüber dem deutschen Äquivalent ablehnen, z.B. "security" (4 Silben) gegenüber "Sicherheit" (3 Silben), "arrival" gegenüber "Ankunft", "destination" gegegenüber "Zielort", "emergency exit" gegenüber "Notausgang". usw. Meist sind Anglizismen aber kürzer (und bedeutungsblasser, wie schon gesagt).

Es geht in unserer Zeit eben nicht um die Sprachökonomie, sondern um die kulturelle Selbstkolonisierung. Nicht ohne Grund wurde bislang im Bundestag die Ergänzung im Grundgesetz durch den Satz "Die Staatssprache der Bundesrepublik Deutschland ist Deutsch." abgelehnt. Jeder versteht wohl, dass dadurch eine Hintertür für einen Sprachwechsel in Deutschland aufgehalten wird.

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Lotte1925  07.04.2019, 15:38
@RudolfFischer
Jeder versteht wohl, dass dadurch eine Hintertür für einen Sprachwechsel in Deutschland aufgehalten wird.

Umvolkung ... du hast Umvolkung vergessen ... die bösen geheimen Mächte, die die Umvolkung betreiben

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adabei  07.04.2019, 16:53
@RudolfFischer

Die englische Sprache ist wahrscheinlich im Verlauf der Jahrhunderte schon genug von außen beieinflusst worden. :-))

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Die interessante Frage hierbei ist: Ab wann gilt etwas als "deutsch"?

Viele unserer heutigen Wörter (Fenster, Tisch) und Wendungen (Sinn machen) kommen ursprünglich nicht aus einer direkten(!) Vorgängersprache des Deutschen, sind aber schon lange hier heimisch und fallen vielleicht gar nicht mehr als nichtdeutsch auf. Ich persönlich denke, "Sinn machen" gibt es schon lange genug im Deutschen, um es als heimisch zu akzeptieren. Nur der Anstieg an Englischkundigen in den letzten Jahrzehnten und das damit verbundene Wissen um den englischen Ursprung nehmen zu und verleiten eventuell zu der Behauptung, man soll "Sinn machen" im Deutschen nicht verwenden...

[Das Argument, "Sinn machen" sei semantischer Unsinn, weil man SInn nicht "machen/herstellen" kann, lasse ich nicht gelten. Erstens unterstellt das unseren Englisch-Muttersprachlern eine gewisse sprachliche Dummheit (was Unfug ist), zweitens ließen sich auch leicht ähnliche Gründe finden, warum "SInn ergeben" sprachlicher Unsinn sei: Z.B., weil SInn keine Summe zweier Eigenschaften ist; und nur die Zusammenzählung mehrerer DInge "ergibt" normalerweise etwas.]

http://www.sprachlog.de/2010/01/28/max-frisch-macht-sinn-2/

https://blog.supertext.ch/2016/08/wenn-sprache-wandert-sinn-machen-oder-sinn-ergeben/


Tttttttt99  15.05.2019, 12:53

Das Problem an ihrer Aussage ist, dass es eine amtliche Sprache gibt. Diese regelt, was "richtiges" Deutsch und was falsches Deutsch ist. Die Diskussion darüber, ob es darüber hinaus eine Sprache gibt, ist unsinn da es zu ideel und nicht beweisbar.

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DerKalif  15.05.2019, 13:04
@Tttttttt99

Eine "amtliche Sprache, die regelt, was richtiges Deutsch ist"? Das gilt vielleicht für sekundäre Dinge wie die Rechtschreibregeln, aber Gott sei Dank noch nicht für Grammatik bzw. Sprache allgemein - alles andere wäre totalitär. Natürlich gibt es Übereinkünfte der Sprechergemeinschaft, was richtig ist und was falsch, aber die Gemeinschaft kann diese Regeln auch abändern und anpassen. Wäre dem nicht so, sprächen wir heute noch wie in der Steinzeit... ;)

Daneben haben - siehe unter anderem die Links, die ich gepostet habe - schon größere Sprachkünstler als ich diese Konstruktion benutzt; und die möchte ich nicht kritisieren.

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Gem. Duden beides erlaubt/möglich. Ich würde wenn denn trennen zwischen einer Handlung, die kein Sinn macht und einer Überlegung, die keinen Sinn ergibt.

geht beides oder?

Noch nie darüber nachgedacht 😃

Für gutes Deutsch wäre meiner Ansicht nach richtig zu sagen, dass etwas Sinn hat oder gibt, ja genau.

Vielleicht hat's wie so oft einer falsch ins Deutsche übersetzt......

Die indogermanische Wurzel von machen ist dabei interessant und meint "kneten".

Sinn aber kann man wohl weniger kneten / formen, als haben.


guenterhalt  07.04.2019, 11:43
Sinn aber kann man wohl weniger kneten

oh doch, denke nur mal an realisieren also herstellen ... (real = gegenständlich, tatsächlich vorhanden ... )

Wie wird dieses Wort geknetet? Es wird in "sinnlich begreifen" umgeformt.

Ich könnte die Wände hochgehen, wenn ich höre, ein Sportler hat gewonnen, es aber noch nicht realisiert.

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Sonja66  07.04.2019, 11:57
@guenterhalt

Ja genau, aus realisieren wurde begreifen ... genau ....

Der Mensch muss erst greifen, um danach eventuell begreifen zu können, daher das Wort begreifen, das hat Sinn für mich, aber gut, sieht jeder anders ...

Selbst weiß ich auch nicht alles und mache viele Fehler.

Naja, also mich stört es nicht, denn ist halt so, dass sich Wörter eindeutschen.
Aber hat halt dann nicht mehr den ursprünglichen Sinn, den man eventuell zuordnen / verstehen könnte. ;-)))
Wenn man's gaaaanz genau nimmt, passt es nicht. Aber jeder weiß, was damit gemeint ist.

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