Ist das normal?

3 Antworten

Na ja, der Grund dafür wird vermutlich sein, dass deine Texte schlicht nicht gut sind, bzw. genügen sie nicht (mehr) deinen eigenen Ansprüchen. Und das ist tatsächlich ziemlich normal, ja. Die meisten Autoren kommen im Laufe ihres Lebens mindestens einmal an den Punkt, an dem sie ihre eigenen Texte für absoluten Mist halten und denken, dass alle anderen sowieso besser sind als sie selbst. Und nahezu jeder Autor hat schon Geschichten geschrieben, die er für außerordentlich toll hielt, nur um später über die eigene Naivität zu lachen, dass man doch tatsächlich geglaubt hat die erste Geschichte wäre auch nur ansatzweise gut gewesen, obwohl sie das ganz offensichtlich nicht war, wenn man es ganz nüchtern und objektiv betrachtet.
Man entwickelt sich ab einem gewissen Punkt einfach weiter. Und das manchmal schneller als man selbst bemerkt.

Hinzu kommt, dass ein wenig Abstand zum Text einem auch gern die Augen öffnet. Während man im „Schreibwahn“ ist, merkt man oft gar nicht was für einen literarischen Mist man da eigentlich gerade verfasst und tatsächlich soll das zu diesem Zeitpunkt auch gar nicht interessieren. Eine Geschichte zu schreiben besteht nämlich immer aus drei großen Schritten:

  1. Planen
  2. Schreiben
  3. Überarbeiten

Am Anfang plant man Plot, Figuren, Setting und recherchiert, was recherchiert werden muss. Das verhindert, dass man sich während des Schreibens die ganze Zeit Gedanken darum machen muss wie es weitergeht oder was man überhaupt erzählen möchte. So kann man sich beim eigentlichen Schreiben ganz dem Schreibfluss hingeben, ohne lange über die Handlung nachdenken zu müssen. Man kann die Worte einfach fließen lassen wie sie einem kommen.
Und erst im dritten Schritt, der Überarbeitung, geht es ans Eingemachte. Fehler werden korrigiert, Beschreibungen gekürzt oder aufgefüllt, unnötige Adjektive und Füllwörter gestrichen, ganze Absätze werden gelöscht oder umformuliert, usw.

Man kann sich das ein wenig vorstellen wie ein Produkt, das erst entwickelt (Planung) wird, dann in die Produktion (Schreiben) geht und am Schluss noch der Qualitätskontrolle (Überarbeitung) standhalten muss. Tut es das nicht, muss das Produkt eben noch weiter angepasst werden. Das hat absolut nichts mit mangelndem Talent zu tun, sondern mit Geduld und Arbeit.

Man sollte sich einfach von dem Gedanken verabschieden, dass die Rohfassung eines Textes direkt das Beste ist, was man zu bieten hat, denn dem ist absolut nicht so. Selbst professionelle Schriftsteller müssen ihre Texte mehrfach überarbeiten (lassen). Und auch einen Text richtig zu überarbeiten will erst einmal gelernt werden.

Von daher… einfach entspannen! Deine Texte müssen nicht von Anfang an „perfekt“ sein. Ein Buch zu schreiben ist ein Prozess, der manchmal sehr erfüllend und manchmal extrem frustrierend sein kann. Diese Ups und Downs sind völlig normal und gehören dazu.

Liebe Grüße


Tichuspieler  17.07.2024, 14:38

Liebste xJustMex,

auch auf die Gefahr, dass Du mich jetzt verfluchst, verwünschst und verdammst, aber in einem Punkt erlaube, nein, erdreiste und erfreche ich mich, Dir zu widersprechen:

Eine Geschichte zu schreiben besteht nämlich immer aus drei großen Schritten:
Planen
Schreiben
Überarbeiten

Ich bin nicht so ganz Deiner Meinung, was den 1. Punkt - das Planen - angeht. Ja, es gibt Menschen, die brauchen einen Plot. Sie können tatsächlich erst anfangen zu schreiben, wenn sie sich ein Gerüst, ein Skelett ausgedacht haben, auf dem steht, was wann wo wie und warum passiert.
Erst wenn sie das umgesetzt haben, schreiben sie, hangeln sich von Szene zu Szene, füllen die ausgedachten Szenen mit Leben.
Das ist auch in Ordnung so - für die Autoren, die eher kein Risiko eingehen wollen sich zu verheddern. Und für Autoren, die Plotten können.

Es gibt aber auch die Anderen (TM), die aus dem Bauch herausschreiben, die einen groben Plan haben (Wie fängt die Geschichte an, wie endet sie, wie bringe ich die 1 - 2 Ideen, die ich habe, unter?) und die dann losschreiben, die sich überraschen lassen, die bereit sind, einen Pfad zu verlassen, weil ihnen plötzlich eine Idee gekommen ist, die sich als spannender entpuppt als das, was sonst gekommen wäre (Dean Wesley Smith ist zum Beispiel ein solcher Kandidat, und seine Romane werden viel gelesen).

Darum: Planen ist natürlich eine feine Sache für Autoren, die das Plotten mögen und einen sicheren Weg beschreiten wollen. In meinen Augen (und ich lehne mich mal weit aus dem Fenster) und auch in den Augen manch Anderer ist Planen und Plotten der falsche Weg. Sie sind Bauchschreiber (ich zähle mich auch dazu) und wollen lieber erforschen, sich überraschen lassen (und damit auch den Leser) und Wege gehen, die sie beim Plotten wohl nie beschritten hätten.

xJustMex  17.07.2024, 17:53
@Tichuspieler

Lieber Tichuspieler,

ich denke nicht, dass ich direkt jeden verfluchen muss, der nicht meiner Meinung ist, also keine Sorge. Aus dem Alter bin ich (zum Glück) schon lange raus.

Allerdings möchte ich dir auch ein wenig widersprechen, denn du widersprichst dir so gar mehr oder weniger selbst. Du sagst es gibt Autoren, die nicht planen können oder wollen, führst dann aber an, dass sie trotzdem einen groben Plan haben, was ja ebenfalls unter den Punkt "Planung" fällt. Ich persönlich verstehe unter Planung nicht zwingend, dass man jedes Detail vorab durchplant, denn wie detailliert man das braucht und möchte ist von Autor zu Autor völlig unterschiedlich, da gebe ich dir so gar Recht. Allerdings ging es auch um Planung generell, nicht darum, dass diese auch detailliert und exakt sein muss. Wenn das so bei dir ankam, habe ich mich vielleicht etwas unglücklich ausgedrückt. Da es im Kern jedoch gar nicht um das Thema Plotten ging, bin ich da auch nicht näher drauf eingegangen.
Hinzu kommt, dass gerade Anfängern in meinen Augen nicht unbedingt geholfen ist, wenn man sagt "Schreib einfach drauf los und schau was passiert". Denn was dann meistens passiert ist eine Geschichte, die nur lauwarm vor sich hin plätschert und irgendwann mittendrin abgebrochen wird, weil man gar keinen Plan hat, was man eigentlich erzählen möchte. Das gilt bei Weitem nicht für alle, aber doch sehr Viele Hobbyautoren, was sich immer wieder an abgebrochenen Geschichten aus eben diesen Gründen bestätigt hat.

Tichuspieler  17.07.2024, 18:46
@xJustMex

Liebe XJustMex,

ich denke nicht, dass ich direkt jeden verfluchen muss, der nicht meiner Meinung ist, also keine Sorge. Aus dem Alter bin ich (zum Glück) schon lange raus.

Puh, ich wollte mir schon das Antiverfluch-Antiverwünsch und Anti-Verdamm-Spray bestellen, dass ein japanischer Wunderdoktor mir heute in einer E-Mail angeboten hat, bestellen :-D

Du sagst es gibt Autoren, die nicht planen können oder wollen, führst dann aber an, dass sie trotzdem einen groben Plan haben, was ja ebenfalls unter den Punkt "Planung" fällt.

Ich glaube, da gehen unsere Definitionen ein bisschen auseinander. Ein grober Plan ist für mich keine Planung. Eine Planung ist für mich persönlich schon wirklich ein Aufbau Schritt für Schritt vom A(nfang) bis Z(um Ende).
Aber lass uns darüber bitte nicht streiten :-)

Hinzu kommt, dass gerade Anfängern in meinen Augen nicht unbedingt geholfen ist, wenn man sagt "Schreib einfach drauf los und schau was passiert". Denn was dann meistens passiert ist eine Geschichte, die nur lauwarm vor sich hin plätschert und irgendwann mittendrin abgebrochen wird, weil man gar keinen Plan hat, was man eigentlich erzählen möchte.

Da halte ich es mit der ehemaligen Musikcombo "Fettes Brot": Ja ...also nein, äh ... ich mein Jein.
Bei mir war es genau umgekehrt: Mir wurde als Anfänger gesagt, dass ich von Anfang an jede noch so kleine Szene durchplotten soll. Und an diesem soll ich festhalten. Alles andere wäre fatal.
Und ich muss gestehen, mir die Szenen schon im Vorfeld auszudenken war für mich immer eine Qual. Selbst Sachbücher zum Thema Plotten haben mir nie weitergeholfen. Ich konnte und kann es bis heute nicht. Das führte beinahe dazu, dass ich das Schreiben aufgegeben hätte.
Aber irgendwann habe ich entdeckt, dass es für mich der bessere Weg ist, einfach draufloszuschreiben.
Was also sollte man einem Anfänger raten?
Plane?
Plotte?
Schreib einfach drauf los?

Ich glaube, das Beste ist, dass ein Autor selbst für sich herausfindet, welcher Weg für ihn der idealste ist. Einverstanden?

xJustMex  17.07.2024, 22:35
@Tichuspieler
Ich glaube, da gehen unsere Definitionen ein bisschen auseinander. Ein grober Plan ist für mich keine Planung. Eine Planung ist für mich persönlich schon wirklich ein Aufbau Schritt für Schritt vom A(nfang) bis Z(um Ende).
Aber lass uns darüber bitte nicht streiten :-)

Streiten? Mitnichten! Dafür bin ich zu harmoniebedürftig. Vieles ist Definitions- und Auslegungssache. Für mich gehört eben auch ein grober Plan zur allgemeinen Planung. Wenn ich nicht plane, habe ich auch keine groben Plan, sondern eben gar keinen. Allein das Wort "Plan" steckt doch schon in "Planung", sagt das nicht bereits alles? :p

Im Grunde ist das aber nur Haarspalterei.
Ich verstehe deinen Standpunkt durchaus und deshalb gibt es auch gar nichts zu streiten. Ich sehe das nämlich genauso wie du. Jeder Autor muss seinen eigenen Weg finden. Dafür muss man sich allerdings auch ausprobieren und jemand, der nie versucht vorab zu plotten, wird auch nie herausfinden, ob ihm das nicht vielleicht eher liegt als planlos draufloszuschreiben. Es stellt sich ja auch nicht nur die Frage, ob man plottet oder nicht, sondern auch wie viel und auf welche Weise. Den Einen reicht ein roter Faden, die anderen müssen jedes Kapitel vorher durchplanen, aber auch dazwischen liegen noch ganz viele Möglichkeiten.

Tichuspieler  18.07.2024, 08:45
@xJustMex
Dafür muss man sich allerdings auch ausprobieren und jemand, der nie versucht vorab zu plotten, wird auch nie herausfinden, ob ihm das nicht vielleicht eher liegt als planlos draufloszuschreiben.

Das unterschreibe ich zu 100% und bin da vollkommen bei Dir.

Es stellt sich ja auch nicht nur die Frage, ob man plottet oder nicht, sondern auch wie viel und auf welche Weise. Den Einen reicht ein roter Faden, die anderen müssen jedes Kapitel vorher durchplanen, aber auch dazwischen liegen noch ganz viele Möglichkeiten.

Mittlerweile ja, das stimmt.
Schneeflockenmethode, Ideenmatrix nach Richard Norden, 3Akter, 5Akter, Heldenreise und noch einige mehr.
Fairerweise muss ich sagen: Als ich damals das belletristische Schreiben via Fernstudium erlernt habe (bei der Axel Anderson Akademie), wurden diese Plotmethoden nicht vermittelt (zudem war damals das Internet für mich auch noch ein Fremdwort und erst recht nicht so aufgebaut, wie wir es heute kennen, so dass ich damals auch keine Infos drüber bekam. Darum kannte ich damals nur eine einzige Methode: die, die ich oben beschrieben habe.
Erst in den letzten Jahren habe ich von den "neuen"(?) Plotmethoden etwas mitbekommen, aber da ich da inzwischen festgestellt habe, dass ich ein Aus dem Bauch Herausschreiber bin, irgendwo auch "ignoriert". Ich halt ...:-D

Aber wie Du schon selber schreibst: Wir Menschen sind individuell und haben unsere individuellen Methoden.
Darum: Ein Hoch auf die Individualität. :-)

Ich kann Dir aus eigener Erfahrung sagen, dass Dein Empfinden tatsächlich normal ist. Auch meine Wenigkeit gehört zu den Schreiberlingen, die erst einmal begeistert sind von den Wörtern, Sätzen und Szenen, die sie aufs Papier gebannt haben, und nach einigen Tagen stelle ich fest, dass meine Euphorie Ernüchterung weicht und alles, was ich geschrieben habe, gerade man gut genug ist für die Altpapiertonne.

Allerdings neige ich dazu zu glauben, dass dies an drei Dingen liegt:

1) Der Wunsch nach Perfektionismus.
Ich gebe zu, es fiel mir anfangs schwer, es umzusetzen, aber es gibt keinen Perfektionismus. Man kann diesen Begriff noch nicht einmal definieren. Wenn irgendjemand behauptet, perfekt zu sein bedeutet, so und so zu sein, dann kann ich im Gegenzug behaupten, dass Perfektionismus bedeutet, eben anders als so und so zu sein. Und ein dritter kann wieder etwas anderes behaupten.
Beweisen jedoch wird es keiner können.

2) Sich mit anderen vergleichen: Auch so ein Ding, was diversen Autoren passiert. Man findet die Geschichten von anderen Autoren viel besser, plastischer, genauer beschrieben, die Spannung auf einen hohen Level haltend.
Man selber weiß, dass man eigentlich auch so gut ist, findet aber, die anderen Schriftsteller machen das wesentlich besser, eleganter, stilsicherer.

3) Man hat (meistens) einen Film im Kopf, den man gerne in Worte kleiden will. Das ist nur allzuverständlich, aber das Medium Film (Kopfkino) arbeitet mit vollkommen anderen Mitteln, was mit "profanen" Worten nicht umgesetzt werden kann.

Bevor Du jetzt aber denkst: Ich kann nicht schreiben, ich bin schlecht, so erlaube Dir, ein paar kleine Hinweise von mir zu geben:

  • Selbst wenn Du es bescheiden findest, bedeutet es nicht, dass es auch die Leser bescheiden finden. Als Autor sieht man sein Geschriebenes kritischer als ein (unbedarfter) Leser
  • Verabschiede Dich von dem Gedanken, eine nahezu perfekte Geschichte schreiben zu müssen. Es gibt, wie gesagt, keinen Perfektionismus, weil jeder "Perfekt" anders definiert. Ich gebe zwar mein Bestes für eine Geschichte und feile und knibbele daran herum, streiche, ersetze, verlängere, bastele um. Aber ich bin mittlerweile zum Schluss gekommen zu sagen: Gut ist gut genug. Die meisten Leser lesen eine Geschichte, sie zelebrieren sie nicht.

Es ist wie beim Kochen: Du kannst 3 Stunden in der Küche stehen, schnibbeln, würzen, tun und machen, und nach spätestens 20 Minuten sind die Teller leergefuttert. Es hat zwar geschmeckt, aber nun ist was anderes an der Reihe.

Ichbitte Dich, einfach weiterzuschreiben. Die Welt braucht Geschichten.

Schreibe erstmals fertig und überarbeite dann mehrmals. Ich verspreche dir, mit jedem Überarbeiten wird es besser

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung