Immanuel Kants: reine Vernunft?

5 Antworten

I.Kants Werk heißt " Kritik der reinen Vernunft " im Gegensatz zur " Kritik der praktischen Vernunft ". D.h. Du solltest einfach mal rausfinden, was I.Kant unter " reiner Vernunft " im Gegensatz zur " praktischen Vernunft " verstanden hat.

Die Kritik der Vernunft befaßt sich überwiegend mit bestimmten Kategorien und Schlüssen der Mathematik, hat mit Religionskritk noch relativ wenig zu tun.

Also zunächst einmal: Kant „kritisiert“ nicht im heutigen Sinn (tadeln, beanstanden), sondern er „untersucht“, „prüft“, „unterscheidet“ (Kritikbegriff im althergebrachten Sinne). Die reine Vernunft ist nichtempirisch in dem Sinne, dass sie unabhängig von Wahrnehmung und Erfahrung zu einer Erkenntnis aus sich heraus (a priori), mit den ihr zur Verfügung stehenden Denkmöglichkeiten, also durch bloßes Nachdenken, kommen kann. „Rein“ ist hier die Vernunft in dem eben genannten Sinne: sie kann aus sich heraus, mit den ihr gegebenen Denkmöglichkeiten (Denken in Kausalzusammenhängen, raum-zeitliches Denken) und unabhängig von (empirischer) Erfahrung zu einer Erkenntnis kommen. (z.B. Jeder Punkt eines Kreises ist gleichweit vom Mittelpunkt des Kreises entfernt; Erfahrung ist für diese Erkenntnis nicht nötig). Dein Satz ist also so zu formulieren: „.....dass Kant alles Nicht-Empirische, also alles A-priorische (auf seine Erkenntnismöglichkeiten hin) untersucht und es vom Denken a posteriori, d.h. dem Denken gemäß unseren Erfahrungen, „unterscheidet“. (Mit Kritik im Sinne von Tadeln hat das nichts zu tun). - Fragen nach der Unsterblichkeit der Seele und nach Gott sind mit den Mitteln des a-priorischen Denkens der reinen Vernunft nicht zu beantworten, da diese nur in den Kategorien Kausalität, Raum und Zeit denken kann; Begriffe wie Gott und die Unsterblichkeit befinden sich aber außerhalb dieser Kategorien. Da uns auch jede Erfahrung im Hinblick auf Gott und die Unsterblichkeit der Seele fehlt, können auch keine Erkenntnisse a posteriori über Gott und die Unsterblichkeit der Seele gewonnen werden. Diese Begriffe sind transzendentale Ideen ohne jede empirische Anschauung. Jeder Versuch, Erkenntnisse über sie zu gewinnen, endet notwendig im „transzendentalen Schein“. Da aber auch niemand zeigen kann, dass es sie nicht gibt, ist der Mensch berechtigt, sie als regulative Ideen aufzufassen und zum Leitprinzip seines praktischen Lebens zu machen. Dies hat Kant in seiner „Kritik (= Prüfung) der praktischen Vernunft“ untersucht.

Die "reine Vernunft" ist zum Beispiel die kreative Tätigkeit eines Ingenieurs, der "a priori" eine neue Maschine entwirft, die es nie zuvor gegeben hat. Die basiert aber auf den bekannten Erfahrungswerten ("a posteriori"), die in das technische Neuland, in die Zukunft hinein, projiziert werden.

Kant argumentiert, dass der Mensch mit seiner Vorstellungskraft, seiner Fantasie, den Erfahrungen, den empirischen Feststellungen vorauseilt, und nicht erst ausprobieren muss, ob etwas funktioniert, sondern vorausdenken kann und etwas schaffen kann, das dann später beim Ausprobieren die Erwartungen erfüllt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Kritik_der_reinen_Vernunft#Unterfangen_der_Kritik

Empirisch ist nach Kant alles, was als reiner Sinneninput in unserem Verstand, unserem Denken "verarbeitet" wird. Die Inputs der Außenwelt geben uns die Basis für die Anschauung. Ein Eskimo, der noch nie eine Badewanne gesehen hat, kann sich unter dem Wort "Badewanne" nichts vorstellen.

Apriori sind alle Fähigkeiten des Verstandes für die Analyse und Zusammensetzung der Einzelinputs (Hören, Sehen, Fühlen, Schmecken, Riechen) - wenn ich es im Wald laut krachen höre, schaue ich mich automatisch um, ob da ein Baum umfällt oder ein großer Ast von oben meine Gesundheit gefährdet. Das sind sozusagen die Sortierfunktionen wie Kausalität, Zeit, Raum usw., unter denen wir Einzelimputs zusammenfügen. Der Verstand ordnet den realen Phänomenen Begriffe zu, sodass wir uns über reale Phänomene austauschen können, z.B. im Schwimmbad über Stühle sprechen können, ohne dass ein Stuhl in der Nähe ist. Für den Umgang mit Sätzen, die nur auf Begriffen basieren, gibt es Regeln (Logik). Kant zeigt nun, dass Wissenschaft beides braucht, einen Rückbezug auf die Inputs, damit wir wissen, wovon wir reden, und stimmige Herleitungen von begriffsbasierten Sätzen.

Da ihr das in Reli behandelt, muss erwähnt werden, dass Kant z.B. alle bis dahin vorgetragenen Gottesbeweise zurückgewiesen hat mit genau den Argumenten, dass sie keinen in sich schlüssigen Bezug zu realen Erfahrungen haben. Die "reine Vernunft" ist dann nicht empirisch, wenn sich die Definitionen der benutzten Begriffe sozusagen verselbstständigt haben, keinen Bezug mehr zur Realität aufweisen. Wenn man wie bei einem Fleischwolf oben die Begriffe so passend definiert eingibt, dass unten die gewünschte Schlussfolgerung herauskommt.

Also dann würde Kant ja sein eigenes Werk kritisieren?