Im Buddhismus sagt man das Leid durch Unwissenheit oder Begierde entsteht, kann das stimmen?

7 Antworten

hallo Suchender,

ja, diese buddhistische Ansicht ist in meinen Augen richtig, aber eben nicht vollständig. Nur nebenbei bemerkt: Es gibt verschiedene buddhistische Richtungen.

Leid entsteht n.m.M. aus ganz unterschiedlichen Gründen:

  • aus Unwissenheit das Gute zu tun
  • aus Ungeschicktem/falschen Vorgehen
  • aus einem Zögern, sich klar zu entscheiden
  • aus einem Festhalten an Menschen oder an Dingen, die wir nun mal nicht festhalten können
  • auf Grund eines Mangels Liebe zu geben oder Liebe anzunehmen
  • auf Grund von Krankheiten, die - soweit ersichtlich - nicht durch Umwelt oder andere Menschen verursacht wurden
  • auf Grund von Krankheiten, die durch andere Menschen/Umwelt verursacht wurden
  • auf Grund von Gier (Haben-Wollen)
  • auf Grund von Menschen, die einfach anderen Menschen - warum auch immer - schaden wollen (z.B. Sadisten oder bösartige Narzissten)

Kannst Du damit etwas anfangen?

Das ist, wenn du es wirklich verstehen möchtest ein sehr komplexes Thema.

Denn was hier mit "Avidya" = Unwissenheit gemeint ist ist etwas anderes als man allgemein darunter versteht.

Es meint das wir "die Dinge nicht so sehen wie sie wirklich sind".

Hier wird näher darauf eingegangen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Drei_Geistesgifte

https://de.wikipedia.org/wiki/Klesha

"(..) Nicht-Wissen ist die Grundlage allen karmisch-kausalen Handelns.

Es bedeutet, die Wahrheit(en) über die Natur des Geistes nicht zu kennen.

Ist die Verblendung/Unwissenheit/das Nicht-Wissen gereinigt, erscheint der heilsame Aspekt im Geist: Weisheit (pañña). (..)"

https://www.youtube.com/watch?v=VUZgqBugvTA

Ich bin Soto-Zen-Buddhist und werde versuchen, es zu erklären.

Leiden (Dukkha) basiert auf den "drei Geistesgiften" - Hass/Aggression, Unwissenheit und Begierde/Anhaftung. Damit ist nicht nur körperliches Leiden gemeint.

Wann immer man etwas anstrebt und nicht erreicht, Unzufriedenheit empfindet, Vergänglichkeit/Veränderung bedauert usw. ist das eine Form von Leiden.

Es ist also viel mehr als nur körperlicher Schmerz.

Zu deinem Beispiel:

Der Arm bricht in der Regel aufgrund äußerer Umstände - und diese können sehr wohl durch Aggression, Anhaftung oder Unwissenheit entstanden sein.

Eine Person ist wütend, knallt hinter sich die Tür zu - durch die du gerade deinen Arm gestreckt hast. Das wäre ein Beispiel für körperliches Leiden durch Aggression.

Du fällst auf den Arm, nachdem du auf einem wackligen Stuhl standest, um irgendetwas vom hohen Schrank zu holen - Leiden aufgrund von Begierde.

Du bist in Gedanken, unachtsam und rutschst aus, der Arm bricht - Leiden aufgrund von Unwissenheit (über die buddhistische Lehre von der Achtsamkeit).

Das sind Beispiele für den Zusammenhang zwischen körperlichem Leiden (Schmerz) und den drei Geistesgiften. Ich hoffe, das hat dir weitergeholfen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit etwa 40 Jahren praktizierender Buddhist

Dies Metapher bezieht sich nicht auf persönliches Leid oder eigene Schmerzen. Im Gegenteil. Dies darauf zu beziehen, ist bereits in gewisser Form der Hang zur Begierde. Der Begierde die eigenen Bedürfnisse und Befindlichkeiten als primäres Maß anzusetzen. Daher ist vielmehr das Leid der Allgemeinheit und von allem was uns umgibt gemeint. Und das wird eben größtenteils dadurch verursacht, das eben Unwissenheit, Ignoranz und willentliche Missachtung der Zusammenhänge, sowie eigennütziges, selbstherrliches und Rücksichtsloses Streben nach dem eigenen Vorteil das Denken und Handeln der Menschheit maßgeblich bestimmt.

Du bist, lieber Suchender,

der Versuchung unterlegen, den Buddhismus genau wie die abrahamitischen Religionen als EXKLUSIV-WAHRHEITS-Religion zu interpretieren, was Blödsinn ist!

Der B. erhebt KEINEN ALLEINIGEN WAHRHEITSANSPRUCH!!!

Diesen alleinigen Wahrheitsanspruch unterstellst DU!

Der B. sagt: Man leidet DESWEGEN - das schließt aber ander Leidensquellen nicht aus!