Hybridorbitale bei O2?
Guten Abend,
ich stehe vor dem Problem, dass ich nicht verstehe, warum ein Sauerstoffatom in einem Sauerstoffmolekül hybridisiert wird. Anhand des Kästchen-Schemas weiß ich, dass Sauerstoff noch je ein Elektron in die zwei halbgefüllten 2p-Orbitale haben möchte um den Edelgaszustand zu erreichen. Aber warum muss dafür eine Hybridisierung erfolgen? Könnte das Sauerstoffatom sich nicht einfach mit dem anderen Sauerstoffatom verbinden, das auch noch genau zwei Elektronen in den zwei 2p-Orbitalen benötigt, ohne dass vorher eine Hybridisierung stattfindet?
Vielen Dank für alle Antworten!
2 Antworten
Ich glaube, daß Du das Wort „Hybridisierung“ im falschen Kontext verwendest. Darunter versteht man nämlich einen mathematischen Trick (also keinen physikalisch faßbaren Vorgang oder Zustand), durch den man die Bindung in manchen Molekülen leichter beschreiben kann. Zu fragen „Warum/Wie ist das Atom X im Molekül y hybridisiert?“ ist nicht schlauer als zu fragen „Warum stehen die Koordinatenachsen in diesem Molekül orthogonal aufeinander?“. Denn das Molekül weiß nichts von Koordinatenachsen, die wählt man so wie man will.
Außerdem hat Hybridisierung nicht viel Sinn, wenn man von zweiatomigen Molekülen spricht.
Was Du meinen könntest ist die Mischung zwischen den Atomorbitalen pz und s. In einem linearen Molekül gehören die zur gleichen Symmetrieklasse (in diesem Fall: Sie ändern sich nicht, wenn man das ganze Zeug um die Molekülachse dreht). Mit der MO-Methode baut man Molekülorbitale aus Atomorbitalen, und wenn zwei AOs zur gleichen Symmetrie gehören, dann mischen sie im Resultat miteinander. Das heißt, man kriegt nicht einfach s₁±s₂ als bindendes und antibindendes σ-Orbital, sondern es ist eine kleine Menge p „hineingemischt“, und gegengleich hat das σ-Orbital, das aus den beiden pz-Atomorbitalen besteht, eine kleine Menge s-Anteil.
Das ist in diesem Formalismus immer so, allerdings kann die „Mischung“ sehr gering ausfallen (dann besteht das eine σ-Paar fast vollständig aus s, und das andere fast vollständig aus p), oder sie kann groß sein; dabei spielen vor allem die räumliche Ausdehnung als auch die energetische Lage der Atomorbitale eine Rolle. Je ähnlicher sich s und p in diesen beiden Parametern sind, umso mehr mischen sie.
Spätestens beim Sauerstoff hört der Spaß auf. Denn das O₂-Molekül kannst du mit einer Lewisformel nicht mehr darstellen, auch nicht mit geeigneten Hybridisierungen.
Denn das Sauerstoffmelekül ist ein Diradikal, entält also 2 ungepaarte Elektronen. Das ist nur mit dem Molekülorbitalmodell (Mo-Modell) erklärbar.
Schau dir mal das Ethenmolekül an. Das hat genau die Elektronenkonfiguration, die ein Sauerstoffmolekül hätte, gäbe es diese ungepaarten Elektronen nicht.
Im Ethen liegt eine Doppelbindung vor, C ist sp²-hybridisiert. An einer der beiden C-C-Bindungen ist also auch das s-Orbital beteiligt. Das kannst du erst mal so hinnehmen.
"Wahr" ist das MO-Modell. Zumindest kann kein anderes die ungepaarten Elektronen erklären.
Soweit ich weiß, kommt das in der Schule aber spät bis gar nicht. Daher weiß auch kaum jemand, dass Sauerstoff paramagnetisch ist.
Allerdings ist Sauerstoff das einzige bekannte Molekül, wo das Lewis-Modell wirklich versagt. Benutze es also weiterhin, außer eben für ein paar Exoten wie O₂. Stell es dir so etwa wie Ethen vor und merke dir, dass in diesem einen Fall die Vorstellung eine Krücke ist.
Das MO-Modell kennzulernen ist zwar unbedingt lohnend, aber auch nicht ganz einfach.
Das heißt also, dass es beim Sauerstoffmolekül keine Hybridisierung gibt? Und im MO-Modell hat Sauerstoff zwei ungepaarte Elektronen, anders als in der Lewis-Formel. Was ist hier nun die wahre Darstellung?