Hatte ich eine schwere Kindheit?
Hallo,
ich bin 19 und denke längere Zeit über meine Kindheit nach. Ich kann irgendwie nicht beurteilen, ob es eine gute oder schlechte Kindheit war, wobei ich genau weiß, dass es viele Kinder gibt die eine viel schlimmere und grausamere Kindheit hatten als ich. Dennoch muss ich oft heulen, wenn ich draußen Eltern sehe, die mit ihren Kindern so liebevoll und mit einem netten Ton sprechen und die Kinder so viel spaß haben, ohne dass die Eltern etwas von ihnen erwarten.
Ich habe 6 Geschwister und bin der Zweitgeborene, wobei mein großer Bruder ein Problemkind war und ich das komplette Gegenteil von ihm. Aber es lag wahrscheinlich eher daran, das ich mit meinem guten Noten meine Eltern beeindrucken wollte, sodass sie mir Liebe und Aufmerksamkeit schenken, was nie passiert ist.
Es hatte eher einen schlechten Nebeneffekt: da ich ja so "verlässlich" bin, wurde die ganze lästige Arbeit und Papierkram von meinen Eltern auf mich abgeladen seit ich 8-9 bin. Außerdem hatte ich zeitgleich auch die Verantwortung meine kleinen Geschwister zu "erziehen". Da meine kleinen Geschwister zu klein waren und mein großer Bruder ein Problemkind, war ich der einzige der die Arbeit abgeladen bekommen hat, weswegen ich immer sauer war auf meine Geschwister. Ich war allgemein immer sauer und frustriert, weswegen meine Familie meinte ich sei so aggressiv. Aus diesem grund fing ich langsam an zu denken, dass das Problem bei mir liegt.
Ich hatte schon immer Angst vor meinen Eltern, da sie so kontrollsüchtig sind und sie diese Kontrolle immer mit der Religion begründen und man Angst vor Gott haben soll und an zweiter Stelle Angst vor den Eltern. Deswegen hatte ich das Mindset dass ich nie was gegen meine Eltern sagen kann. Mein Vater meinte, dass wir sie niemals loswerden und die ganze Kontrolle über unser Leben bei ihm liegt und es erst vorbei ist wenn er stirbt. Auch wenn es krank ist, hatte ich oft Fantasien als kleiner Junge wie viel Freiheit ich hätte, wenn mein Vater sterben würde. Anschließend mit Schuldgefühlen verbunden, da ich solche Gedanken hatte.
Zusätzlicher Grund für meine Frustration war, dass mein Vater uns immer Kollektivstrafen gegeben hat. Weil er meinte, dass ein Wald brennt auch wenn es dort nasse oder trockene Bäume gibt. Das war natürlich kacke , weil ich immer mein bestes gegeben habe damit meine Eltern mich loben und mein großer Bruder ein Problemkind. Ich wurde dann immer mit gestraft wenn mein Bruder was verbockt hat, weil ich anscheinend nicht auf meinen großen Bruder aufgepasst habe. Allgemein wurde ich auch immer mit gestraft wenn meine kleinen Geschwister sich wehgetan haben oder was verbocken. Weil ich es ja hätte verhindern können, wenn ich anwesend wäre.
Viele meinen ich sei gut in allen Fächern, wobei das gar nicht stimmt. Ich hab das gar nicht verdient "talentiert" genannt zu werden. Hinter den guten Noten steckt so viel Frust und Arbeit nur damit meine Eltern mich lieben. Und ich habe Angst davor dass meine Noten schlechter werden.
5 Antworten
Definitiv: JA!
Deine Kindheit war sehr schwer! Vergleiche dich nicht mit anderen und vor allem, relativiere nicht, dass es Schlimmeres gibt.
Wohnst du noch zu Hause? Wie alt bist?
Ja zur Zeit wohne ich noch zu Hause, aber bald ziehe ich weg, wegen Studium. Danke für die Antwort.
Ich(m/16)fühle mit dir hab das gleiche Problem mit meinem großen Bruder(19). Ich habe auch gute Noten und mache Grade mein Abi, das ich vielleicht wegen meinem Bruder abbrechen muss, weil er nicht arbeiten will und unsere Familie finanziell nicht stabil ist und mein Bruder kein Arbeitslosengeld beantragen will. Ich würde mich freuen ob du mal meinen Beitrag durchlesen könntest, da wir beide eine ähnliche Vorgeschichte haben und du mir vielleicht helfen könntest🙏
(Ich werde übrigens auch immer bestraft wenn mein Bruder irgendwas falsch macht.)
Du solltest ausziehen, falls du das noch nicht getan hast.
Ob deine Kindheit schwer war oder nicht, sollte gar nicht so die Frage sein. Das was du über deinen Vater erzählst, klingt als hätte er massive psychische Probleme. Und Kinder psychisch Kranker haben oft daraus resultierende Probleme.
Jemand, der seine Kinder lebenslang beherrschen will, ist nicht normal.
Wenn du deinen jüngeren Geschwistern einen Gefallen tun möchtest, geh mal zur Beratungsstelle beim Jugendamt und erzähle denen von den Erziehungsmethoden deiner Eltern. Kollektivstrafen oder dass die Kinder Angst vor den Eltern haben sollen, geht gar nicht.
Was deine Leistungen angeht: du bist jetzt erwachsen. Deine Eltern werden sich nicht ändern, egal wie sehr du dir ihr Wohlwollen wünscht. Aber du kannst dich ändern. Tu, was du machst für dich selber. Du bist derjenige, der später im Leben von einem guten Schulabschluss profitiert. Mach’s für dich selber.
Schade, sonst hätte ich die passende Bibelstelle gehabt. In der Bibel steht nicht nur, das man die Eltern ehren soll, sondern auch, dass die Väter die Kinder nicht zum Zorn reizen sollen. Und dass sie sie nicht reizen sollen, damit die Kinder nicht mutlos werden.
Für den Islam kann ich dir da nicht helfen. Aber trotzdem gilt das deutsche Gesetz, falls ihr in Deutschland wohnt.
Oh man du tust mir leid!!!! Das man seine kleinen Geschwister in großen Teilen miterzieht, weil man ja sehr viel Zeit miteinander verbringt und die kleinen und großen als Vorbild sehen, ist ja normal. Aber: Dir mit 8-9 Jahren schon Papierkram aufs Auge zu drücken, ist schon sehr anstrengend. Du kannst nicht komplett deine Geschwister erziehen. Du bist großer Bruder - aber kein Papa. Natürlich ist es schwer wenn dein Bruder ein Problemkind war und wenn du da mal ab und zu aufpassen musst auf die kleinen ist das völlig in Ordnung und auch normal. Allerdings sollten deine Eltern auch Zeit für dich und die kleineren haben. Mein Tipp: Ziehe aus
Es klingt nach einer Kindheit voller Ängste, Frust und Arbeit, Sehnsucht nach Liebe und Enttäuschung, nach einem Kind, das viel zu früh erwachsen werden musste und dessen Anerkennungsbedürfnis fürchterlich missbraucht wurde, das klein gehalten wurde.
Ich würde ganz klar sagen: Ja, das war eine schwere Kindheit.
Ich ziehe bald aus, weil ich anfange zu studieren.
Ich wollte oft zum Jugendamt gehen, als ich noch jünger war, aber ich hab mich nie getraut, weil ich immer gedacht habe, dass ich der unnormale bin und jede Familie sowas durchmachen muss, weswegen Jugendamt auch nichts machen würde.
Und selbst jetzt trau ich mich nicht, weil dann hätte ich so ein schlechtes Verhältnis mit meinen Eltern und hätte rebelliert. Ich würde mich wie ein Sünder fühlen, wenn ich nicht das mache was meine Eltern wollen. Weil sie mir immer eingeredet haben, dass Gott unzufrieden wird wenn man den Eltern nicht gehorcht. Auch wenn es wahrscheinlich nicht so ist, werde ich dieses Mindset nicht los.