Gründe für Victim-Blaming?

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Es ist einfacher jemanden die Schuld zu geben, als zu akzeptieren, dass da ein Problem ist und deswegen man handeln muss. Und sich auch einzugestehen, das es Menschen gibt, die derlei Macht und psychische Struktur einfach auch mal bewusst ausnutzen. So blöd das vielleicht klingt, genau das ist der Grund, fürchte ich.

Das es auch schwer ist, daneben zu stehen und Stopp zu sagen, wenn man aber einmal daneben stand und nicht stopp gesagt hat, oder selber vielleicht mal als Opfer nicht Stopp gesagt hat, dann wird man sich das vorwerfen, vielleicht nicht mal bewusst und dann, um diese Schuldgefühle zu unterdrücken, kommen so Ausreden, warum man nicht selber (selbst wenn man dann im konkreten Fall nichts hätte verhindern können - das triggert dann ja trotzdem) geholfen hat. Etwa ausreden, wie selber schuld...

Der Spruch mit dem Schüler, war übrigens unprofessionell, versteh mich nicht falsch, ich finde den super und kann 100% nachvollziehen warum der in der Situation kam, aber als Lehrer sollte man fürchte ich auf sowas verzichten, weil es unangemessen ist.


Implord 
Beitragsersteller
 06.03.2018, 12:27

Ich war damals Schüler, kein Lehrer. Mir war nicht bewusst, dass ich als Zehntklässler professionell mit solchen Bälgern hätte umgehen müssen. :)

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guitschee  06.03.2018, 12:39
@Implord

Und dafür wurdest du dann angemeckert? Hrm, also ich bin natürlich kein Lehrer, viel zu anstrengend so kleine Blagen, aber von mir hättest du vermutlich "dududu das macht man aber nicht" gehört und mein nicht allzu verstecktes Grinsen deutlich bemerkt ;). Aber die Welt wird immer bescheuerter, gerade habe ich zum Beispiel gelernt, dass "Mädel" offenbar sexistisch ist... seitdem Frage ich mich, ob Jungs wohl ein Problem damit haben, wenn ich die in der Gruppe (Jungs für mich = Männer zwischen 16-35 ;)), einfach als Jungs bezeichne und wenn die alleine auftreten wahlweise mit Junge oder Kerl (letzteres nur wenn die gerade irgendetwas bescheuertes, in meinen Augen, tun ;)) - dann das wäre ja die Entsprechung für männliche Wesen zu Mädel, die ich selbstverständlich auch alle als Mädels bezeichne, mich eingeschlossen...

Das könnte übrigens auch noch so ein Grund sein, dass wenn sich zunehmend über so, in meinen Augen, Nichtigkeiten aufgeregt wird, es auch niemand mehr ernst nimmt, wenn man sich über etwas wirklich problematisches aufregt, sondern dann eher so Sprüche kommen, wie: jaja die regt sich eh über jeden Scheiß auf, vermutlich sucht die nur wieder einen Grund und bauscht es deswegen auf...

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adianthum  06.03.2018, 12:43
@Implord

Ich habe einem Nachbarsjungen, der zum wiederholten male auf meine Erdbeeren gepinkelt hat weil er durch den Zaun nicht dran kam, gedroht, ihm seinen Schniedel wegzuhexen und dann als Würstchen zu braten, wenn ich ihn nochmal erwische.

Dabei habe ich ein böses Gesicht gemacht und wie eine Hexe gelacht...

Das war nicht professionell, aber hat funktioniert!

Und @gutischee, wieviel % der Bevölkerung sind denn professionell und nutzen das dann auf anständigem Wege? Unser "Gutmenschentum" geht oft genug in die falsche Richtung los, das hat Implord schon sehr gut erkannt.

Täterschutz statt Opferschutz!

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guitschee  06.03.2018, 12:49
@adianthum

Also, ich war davon ausgegangen, dass er Lehrer war/ist, und da sollte man professionell handeln, genau wie als Polizist, als Richter, als jedwede öffentliche Autoritätsperson, für solche Reaktionen bei Privatmenschen in ihrem privaten Umfeld habe ich vollstes Verständnis, bin ja genau so. Aber es ist eben für mich ein Unterschied ob man diesen Spruch als Schüler, als Nachbar, als Bekannter, oder eben als Lehrer bringt. :D

Wenn mir einer auf meine Erdbeeren (die leider mangels Garten nicht existieren) pinkeln würde, könnte er übrigens froh sein nur so davon zu kommen! War vermutlich aber der beste Weg ;).

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Implord 
Beitragsersteller
 06.03.2018, 14:15
@guitschee

Naja, anscheindend hat der Siebtklässler in Frage hinterher seinen Lehrern erzählt, ich hätte ihm gedroht, ihn umzubringen. Und meine Version der Geschichte war natürlich nur eine "Ausrede".

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Implord 
Beitragsersteller
 06.03.2018, 14:16
@adianthum

Ich hoffe, das letzte war eine Zusammenfassung des Problems, keine Forderung. ;)

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Ich glaube... es stellen sich viel zu viele Menschen (besonders die junge Generation) künstlich an. Als ich die Schule besuchte, gab es niemanden der sich ritzte, düstere Bilder malte, sich wie ein Grufti kleidete. Es ist m. M. n. eher ein Ausdruck nach Identitätssuche und Profilierung. In Zeiten des Internets, scheint den meisten wichtig zu sein, was andere über ihn/sie denken und verfallen in Zugzwang.

Meine Güte... wie wäre es, wenn man sich mit Leuten abgibt, die einen gut tun und nicht darauf einzugehen, was andere sagen? Fällt es einen denn so schwer? Wenn keine Reaktion erfolgt, wird es jenen langweilig und es hört wahrscheinlich von alleine auf... doch sich ständig selbst runter zu ziehen?


Implord 
Beitragsersteller
 06.03.2018, 14:02

Wurdest du je gemobbt? Hast du je versucht "einfach nicht zu regieren", in der Hoffnung, sie würden aufhören? Hast du je da gestanden, während drei, vier, fünf Menschen dich in eine Ecke drängten, sich ankeiften, du mögest doch bitte endlich etwas richtig machen und dich selbst umbringen? Hielt man dich fest, und goss im Bus Wasser über deinem Kopf aus, nur zum Spaß, während du da standst, umgeben von allen Kindern in deinem Dorf, die lachten und johlten? Haben sich Leute geweigert, mit dir zu reden, aus Angst, man könnte sie mit dir in Verbindung bringen?

Mobbing ist kein fieser Kommentar, hier und da. Mobbing sind keine Menschen, die einen nicht mögen und hinter deinem Rücken über dich lästern. Mobbing hört nicht auf, wenn du "es nicht beachtest", nein, Mobbing wird davon nur noch angestachelt, es wird die neue Herausforderung: "Wie weit müssen wir es dieses Mal treiben, bis er wieder weint? Wie weit, bis er wieder bricht? Müssen wir ihn nur lange genug beschimpfen? Müssen wir seine Freunde bedrohen, sie sollen ihm die Freundschaft kündigen, sonst werden sie verprügelt? Sollen wir ihn mit faulem Obst bewerfen, sollen wir seine kleine Schwester verprügeln und ihn zwingen, dabei zuzusehen? Wie oft können wir ihn zerstören, wie oft kann man ihn zu Boden stoßen, bis er nicht wieder aufsteht!"

Und diese Opfer müssen damit leben. Sie müssen mit den Tätern leben, sie müssen mit den Menschen leben, die sagen, sie wären selbst schuld, sie müssen mit der gaffenden Masse leben, die zusieht, die miterlebt, wie man ihre Seelen tötet, einfach nur, weil es man es kann, und die einfach schweigt und nichts tut, in der niemand die Hand erhebt oder einschreitet.

Und dann kommen Menschen wie du. Menschen die ankommen und sagen: "Oh, Selbstverletzung wegen psychischer Probleme? Du willst doch nur Aufmerksamkeit, hört auf dich darüber zu kümmern, was andere über dich denken!" Oh, danke, plötzlich ist alles wieder in Ordnung! Einfach nicht mehr verwundet sein, wieso ist da nie jemand drauf gekommen?

Vielleicht geht es ja um Aufmerksamkeit. Vielleicht ist es ja einfach nur ein weiterer Hilfeschrei, ein Versuch, sich noch irgendwie auszudrücken und zu betteln, jemand möge einen bemerken, jemand würde sich für einen interessieren. So wie ein Ertrinkender um Hilfe ruft. Würdest du über einen Ertrinkenden sagen: "Ach, der will unsere Aufmerksamkeit, der soll das Wasser einfach nicht beachten, dass in seine Lunge eindringt!"?

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MickyFinn  06.03.2018, 16:04
@Implord

,,Wurdest du je gemobbt?"

Jepp... das hatte ich auch hinter mir. Mobbing fängt erst harmlos an und steigert sich mit der Zeit... nur habe ich die Reißleine gerissen, als es zu bunt wurde (doch i.d.R. stellte es sich von selbst ein). 

Auch was du schilderst... so etwas  habe ich in solchen Ausmaß noch nicht erlebt und ich entschuldige mich vorweg, wenn ich behaupte, das die junge Generation nen Dachschaden hat. Beraubt von moralischen und ethischen Grundwerten... eine Gesellschaft, wo jeder Volli*diot ohne Vorbildfunktion Kinder bekommen ,,darf" und das soziale Leben immer mehr im Internet stattfindet.

In einer Gesellschaft mit profilierungsdrang, welche Pseudo-Tolerant, verheuchelt und abgehoben ist, sterben jene mit gesunden Moralvorstellungen mehr und mehr aus. Du magst Gründe? Ich bin mir ziemlich sicher... es ist das Internet was die Menschen so verkorkst... das Fernsehprogramm was Meilenweit am Bildungsauftrag vorbeischießt... es sind die ,,Vorbilder" die ihren Nachwuchs keine vernünftige Erziehung anbieten... es ist die Politik, die völlig überforderte Lehrer einspannt... es ist jeder, der sein Maul nicht aufbekommt, wenn Verwerfliches in der Öffentlichkeit anzuprangern gehört.

 "Oh, Selbstverletzung wegen psychischer Probleme? Du willst doch nur Aufmerksamkeit, hört auf dich darüber zu kümmern, was andere über dich denken!"

Es ist in der Regel Aufmerksamkeit... ja, ich stochere hier grad in ein Bienennest, aber man möchte auf sein leiden Aufmerksam machen. Warum nicht Sport treiben, in ein Kissen brüllen, einen Waldspaziergang machen und den Kopf frei bekommen? Warum zum Geier diese Selbstgeißelung? Was bringt es denn, außer das man durch die Narben stets an seine Schwäche erinnert wird?

,,und zu betteln, jemand möge einen bemerken, jemand würde sich für einen interessieren"

Wie wäre es mit positiver Aufmerksamkeit? Wenn dich jemand schikaniert und ein außenstehender johlt, dann sprich ihn an... frag ihn was so lustig ist... frag die anderen Drumherum ob sie denken, ob das etwas gutes / richtiges sei. Bringe sie in Verlegenheit, denn erst dann werden diese Gören anfangen nachzudenken!

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Implord 
Beitragsersteller
 07.03.2018, 02:34
@MickyFinn
  1. Internet, Fernsehen, soetwas sind Sündenböcke. Videospiele machen keine Amokläufer und Cartoons machen keine Mobber. Das Internet besteht aus Menschen, der einzige Unterschied ist, dass sie plötzlich anonym sind. Was auf das eigentliche Problem, den eigentlichen Grund hinweist: Sie kommen damit davon. Ob durch die anonyme Maske im Netz oder die Untätigkeit der Schutzbefohlenen.
  2. Ich möchte an dieser Stelle darauf verweisen, dass Selbstverletzung oft ein Affekt ist, das Opfer hat keine völlige Kontrolle darüber. Ich, zum Beispiel, habe einen Hang dazu, mich zu beißen, wenn mich etwas stört, vor allem die Routinen, an die ich gewohnt bin. Mein Handgelenk klemmt zwischen meinen Zähnen, bevor ich darüber groß nachdenken kann. Natürlich kann man dagegen ankämpfen, mache ich jeden Tag, aber es ist, wie üblich, nicht so einfach wie es klingt. Wie gesagt, als würde man einem Depressiven sagen, er soll einfach an etwas positives denken.
  3. Das Problem ist, die Leute werden nicht verlegen. Sie lachen dich aus, weil du dich an sie gewendet hast und gedacht hast, sie könnten auf deiner Seite sein. Sie denken nicht nach. Sie genieße einfach weiter die Show.
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Implord 
Beitragsersteller
 06.03.2018, 14:07

Im Übrigen gab es schon immer Menschen, die düstere Bilder gemalt haben, die Neugothik wurde davon regelrecht angetrieben. Und Subkulturen wie Goth und Punk kamen bereits in den 70ern und 80ern auf, also vor dem Internet.

Und außerdem werden Mode und Kunst seit Ewigkeiten als Selbstausdruck verwendet und Selbstverletzung bei psychischem Stress ist ebenfalls ein Symtom so alt wie die dazugehörigen Krankheiten, Ritzen ist nur die aktuelle Ausführung. Früher hat man sich den Kopf an der Wand blutig geschlagen, sowas ist heute halt nicht mehr in Mode.

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Ich glaube, dass die Lehrer nicht sensibilisiert für das Thema sind und deshalb hilflos und unangemessen reagieren.


Implord 
Beitragsersteller
 06.03.2018, 14:08

Sind ja auch nur verdammte Pädagogen, warum sollten sie schon für solche Sitautionen vorbereitet sein?

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Schrumpfer  06.03.2018, 14:12

die pädagogische Schulung von Lehrern ist mangelhft

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Implord 
Beitragsersteller
 06.03.2018, 14:20
@Implord

Vielleicht sollten wir Schulen verpflichten, für die Therapie ihrer Opfer aufzukommen.

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Implord 
Beitragsersteller
 06.03.2018, 15:18
@Schrumpfer

Guter Plan, aber die sollten auch wirklich gut sein. Bei uns kam immer nur so'n halbseniler Polizist vorbei, murmelte "Ja, Mobbing und Drogen sind böse" und das war's.

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Ich denk mir immer: ist wohl einfacher, als sich mal wirkliche Gedanken zu dem Thema zu machen.

Dann könnte man ja nicht mehr auf Ignorieren machen sondern müsste sich mal ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen. Und das ist doch viel zu unbequem..

...

Besser ist das dadurch natürlich nicht.

...

Ich habs grad bei einem Bekannten gesehen.. er ist über 50, wurde als Kind von der eigenen Mutter echt übelst behandelt.. wir kamen vor kurzem an einem ruhigen Abend darauf und ich war echt geschockt.

Und was sagt ein gemeinsamer Kumpel lachend: höhöhö.. warst wohl früher schon so ein renitenter Typ wie heute.

Ach ja, wie lustig.. wir reden davon, dass die Ma ihn regelmässig geprügelt hat, tagelang ans Bett fesselte, hungern liess.. bis er mit 14 abhaute und ein Nachbar gleichzeitig misstrauisch wurde, was da in der Familie abgeht, sich ans Jugendamt wandte.

Ist m.E. bemerkenswert genug, dass dieser Freund darüber nicht total irre geworden ist, sondern ein lustiger, erfolgreicher, charmanter Kerl..... und dann labert ihm einer vor, er hätte das ja quasi provoziert.

(nebenbei, wir sind dann beide gegangen, denn der Laberfreund hörte damit nicht auf "übertreib mal nicht so".. als ob man wegen "Übertreibung" von Amtswegen mit 14 zu Pflegeeltern kommt und nie mehr nach hause)

Ist im Endeffekt das,w as Du ja sagst.

Man/frau muss es doch irgendwie provoziert haben, so eine schöne leichte Erklärung.

(nicht)


Implord 
Beitragsersteller
 06.03.2018, 12:25

Humor ist ein Schutzmechanismus. Viele Leute mit Sinn für Humor entwickeln diesen in Zeiten der Widrigkeit.

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SiViHa72  06.03.2018, 12:29
@Implord

Ja, und das ist auch gut so.

Ich kenns von mir selber.

Ich würd nur nie jemanden abwatschen mit so nem dummen Spruch, wenn ich merke, an dem knabbert grade was.

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Implord 
Beitragsersteller
 06.03.2018, 14:19
@SiViHa72

Klar. Manche Menschen haben das Feingefühl einer Backsteinmauer. Ich meine, ich bin selbst nicht so der Empathiebolzen, einmal habe ich zehn Minuten über meine Lieblingsserien geredet, ohne zu merken, dass meine Gesprächspartnerin irgendwann in Tränen ausgebrochen war.

Aber wenn ich sowas merke, dann wäre ich niemals so unsozial, mich noch darüber lustig zu machen.

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Das Wort in Zeile 3 soll natürlich "se*uellen" heißen.


ulrich1919  08.03.2018, 18:29

gemeint ist ,,sexuellen"

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