Gemeinsam Kampfsporttraining Mann und Frau?
Eine Frage an Kampfsportlerinnen und -sportler. Kommt es vor, dass im Training auch mal Mann und Frau miteinander trainieren und kämpfen? Falls ja, ist das dann etwas anderes Training? Und wie ist das so?
9 Antworten
Bei uns trainieren grundsätzlich Männer und Frauen zusammen.
Tatsache ist, dass die meisten körperlichen Angriffe nun einmal von Männern ausgehen und eine Frau daher auch lernen sollte, mit dem Körperbau und dem Verhalten von Männern bei einer Auseinandersetzung umzugehen.
Dabei muss es nicht einmal reine Selbstverteidigung sein - bereits bei einem kooperativen Training merkt man, dass man es immer wieder mit anderen Persönlichkeiten - egal ob Mann oder Frau - zu tun hat.
Der eine Trainingspartner legt beispielsweise viel mehr Kraft in den Angriff, während ein Anderer dagegen vorsichtiger vorgeht und auf das körperliche Wohlergehen des Verteidigenden bedacht ist.
Entwicklung
Das schöne ist, dass sich im Idealfall alle Beteiligten durch das Training entwickeln
Eine Person ist vielleicht zunächst zögerlicher und weniger konsequent in der Anwendung von Techniken zur Verteidigung - entwickelt dann aber eine Freude daran, auch mal Grenzen zu setzen und bestimmter vorzugehen.
Eine zunächst eher impulsive und bestimmende Person merkt dagegen, dass es effektiver sein kann, sich zu entspannen, anstatt immer die Kontrolle ausüben zu wollen.
Das ist nach meiner Erfahrung auch nicht unbedingt geschlechtsspezifisch.
Wir haben kleine Raufbolde genau so wie schüchterne Jungs auf der einen und einen richtigen kleinen Wirbelwind, oder ein zurückhaltendes Mädchen auf der anderen Seite.
Allgemein sind die Motivationen ähnlich.
Manche kommen weil sie sagen, dass sie zu viel Energie haben, nicht ausgelastet sind oder ihre Impulse besser kontrollieren wollen - also einen Ausgleich suchen.
Manche kommen, weil sie hoffen, durch das Training selbstbewusster zu werden und nicht allein körperliche Kraft, sondern auch ein positiveres Selbstbild zu bekommen.
Es geht also praktisch immer darum, dass der Mensch sich auf irgendeine Weise zum Positiven entwickeln will - Männer wie Frauen, Jungs wie Mädchen.
Da es bei uns keine Wettkämpfe gibt, ist für bestimmte Menschen die Bereitschaft höher mit dem Training zu beginnen, weil sie vor der Konfrontation zurückschrecken
Zum Thema Frauentrainings
Reine Frauengruppen mögen psychologischen Nutzen haben, wenn etwa Missbrauchserfahrungen vorliegen, so dass Körperkontakt mit Männern aufgrund einer Traumatisierung nicht möglich ist.
Aufgrund der überwiegenden Zahl männlicher Gewalttäter sollte ein Training meiner Meinung nach gemischt erfolgen.
Ich trainiere "Aikido-Zen" das in Deutschland von einem relativ kleinen Verband, dem "Bundesverband der Aikido-Lehrer" (BDAL) vertreten wird.
Habe aber auch Berührungen mit Shin-Shin-Toitsu ("Ki-Aikido"), sowie Iwama-ryu, durch die ich interessante Impulse erhalten habe und mein Repertoire erweitern konnte.
Die Angriffsformen sind natürlich am Anfang "vorgegeben", mit dem Fortschreiten auf dem Weg dürfen die Angriffe aber auch spontaner werden.
Bodentechniken gibt es nur in Form von Techniken im Kniesitz (Seiza), also kein Grappling oder so.
Danke für die freundliche Antwort. Ich habe für etwa 3Jahre Yoshinkan / DAB Aikido geübt. Aikido- mit KI nach Koichi Tohei einen Lehrgang besucht.
Aber Aikido - sei mir bitte nicht böse - kann nie mit dem Sparring im Kickboxen verglichen werden. Aikido hat einfach ein anderes Ziel.
Ich bin dir deswegen nicht böse.
Ich war dreimal in realen Gefahrensituationen und ich habe alle überlebt. Mehr brauche ich für mich selbst in Sachen Anwendbarkeit nicht zu wissen.
Hallo, ich finde es super, dass Du mit Aikido sicher eine Bedrohung verhindern konntest.
Deine Ansichten zu Deiner Kampfkunst Aikido finde ich gut. Was mich etwas stört, es klappt gut bevor der Angriff durchgeführt wird. Du lernst keine Verteidigung am Boden, keine Befreiung aus einem Haltegriff, keiner meiner Trainer im Aikido hatte je einen Treffer, Faust - oder Fußtechnik annehmen müssen und trotzdem weiter im Sparring versucht seine Treffer, an den Mann zu bringen.
Mir wurde auf meine Fragen immer erklärt, das solltest Du ohne Fragen etwa 10 Jahre üben und dann sind alle Fragen geklärt. Das System " Aikido " wird doch in jedem Aikido-Buch dargestellt. Ueshiba wollte eine friedliche Kampfkunst. Einen " friedlichen Angriff " gibt es aber leider nicht.
In Aschaffenburg, ist am 23.01 ein Mann bei einem Messerangriff - mit einem Küchenmesser von einem Afghanen ( nehme an ohne Lehrgang im Messerkampf ) getötet worden. Was hätte ich getan? Obwohl ich lange Kampfsport mache, ohne meinen Arnis -Stock wäre ich sicher auch schwer verletzt worden. Daher Gefahrensituationen - unbewaffnet lösen - ist möglich, bei Messer, Handfeuerwaffen da sieht es völlig anders aus.
Daher finde ich es gut, dass im Ju-Jutsu extra Module vorgestellt werden, die sich mit dem Thema Selbstverteidigung beschäftigen. Im Aikido sei mir nicht böse, habe ich dazu nie ein Wort gehört. Immer nur, ich sollte meine Angriffe langsamer, dem Partner angepaßt durchführen.
Vielleicht bin ich auch durch meinen Beruf - für einen " friedlichen Kampfsport " nicht der richtige Schüler.
Danke für Deine freundlichen Antworten.
Link: https://www.djjv.de
Ich denke, viele Aikidoka kennen die historischen Hintergründe nicht.
Aikido hat - auch in seiner waffenlosen Form - viele Konzepte aus dem Schwert- und Speerkampf übernommen. Nicht umsonst gibt es im Aikido ja auch Waffentraining. Dadurch lassen sich die Mechaniken besser verstehen.
Aber zurück zum historischen Kontext.
So wirken beispielsweise die frontalen Angriffe mit dem Tanto (Dolch) im Aikido sehr unrealistisch, wenn man sie mit dem modernen Messerstecher vergleicht, dein sein Messer womöglich blitzschnell zwischen beiden Händen wechselt.
Der Hintergrund ist, dass versucht wurde, mit dem Tanto-Stoß zwischen die Lamellen der Samurai-Rüstung zu gelangen, dadurch Verletzungen zuzufügen und ggf. Teile der Rüstung abzutrennen. Das hat also gar nichts mit den heutigen Messerstechern gemein.
Trotzdem wird es ahistorische meist als "Messerabwehr" gelehrt und so der Eindruck vermittelt, Aikido lehre eine höchst fragwürdige Verteidigung gegen Messer.
Du lernst keine Verteidigung am Boden
Es gibt mittlerweile einige "junge" Aikidolehrer in Japan, die so etwas integrieren, aber ich gebe dir Recht - allgemein üblich ist das nicht.
Deshalb gibt es auch keine "Opferwürfe" (sutemi-waza) wie im Judo, bei denen sich der Verteidiger selbst mit zu Boden reißt. Das bekannteste Beispiel dürfte der Kopfwurf (tomoe-nage) sein.
Hintergrund dafür ist vermutlich wiederum die Prämisse des bewaffneten Kampfes. Wenn jemand mit einem Schwert dich zu Boden bringt bzw. du stolperst, dann bist du mit hoher Wahrscheinlichkeit im nächsten Moment tot. Dann brauchst du auch keine Techniken mehr, um dich am Boden zu wälzen (nicht böse gemeint, es geht nur um den Kontext).
Das gleiche Problem - Kontext des Schwerkampfes - haben wir auch bei den Hebeltechniken im Aikido.
Wenn man sich z.B. "Ikkyo" als absolute Grundtechnik ansieht, wo der Angreifer das Handgelenk greift, könnte man sich berechtigterweise fragen: "Wieso lässt der Angreifer nicht los, wenn er merkt, dass der Verteidiger hier irgendwas durchziehen will?"
Der Grund ist, dass der Angreifer verhindern will, dass der Verteidiger sein Schwert zieht - sonst ist nämlich womöglich der Angreifer jener der stirbt. Also hält er die Hand des Verteidigers gepackt, um das Schwertziehen zu verhindern. Durch die richtige Technik gelingt es dem Verteidiger natürlich dennoch. ;-)
extra Module vorgestellt werden, die sich mit dem Thema Selbstverteidigung beschäftigen
Ja so etwas kann sehr interessant sein. Ich hatte auch einmal einen Lehrer, der Aikido tatsächlich mal als "Kampf" gelehrt hat und z.B. viel mehr deutlich erkennbare Offensivtechniken (Atemi) angewendet hat.
Das war für mich erhellend, weil dadurch für mich klar wurde, das man nahezu jede Aikido-Technik mit einem offensiven Element einleiten kann, um das Gleichgewicht des Angreifers zu brechen und ihn aus dem Konzept zu bringen.
Ich glaube, er war von Ljubomir Vracarevic beeinflusst, der seinen eigenen Stil, das so genannte "Real Aikido" begründet hat.
Das war wie gesagt interessant, aber eben nicht mein Ding.
Sehr gerne, ich freue mich ehrlich gesagt immer, wenn es jemanden gibt, der höflich nachfragt - oder auch ebenso höflich kritisiert - ohne sich gleich hinzustellen und in das weit verbreitete Aikido-Bashing einzustimmen. :-)
Für mich selbst war im Aikido der Selbstverteidigungsaspekt bzw. der Realismus oder die Anwendbarkeit im Ernstfall nie ein Kriterium.
Ich hatte von Anfang an andere Zielsetzungen. Umso erstaunter war ich dann auch, dass es, entsprechend der Situation angepasst, im Ernstfall funktionierte.
Tatsächlich hatte ich im Anschluss sogar gewisse Schuldgefühle, weil es nicht meine Absicht gewesen war, jemanden ernsthaft zu verletzen.
Trotzdem ist nach meinem subjektiven Eindruck gerade bei Jugendlichen die Absprungquote relativ hoch - was nicht auf dem Schulhof zum Angeben taugt, weil es vergleichsweise lange braucht, bis man etwas damit "anfangen kann", wird eben schneller fallen gelassen.
Wie schon geschrieben, ein Danke für die freundliche Unterhaltung.
Vielleicht als Nachtrag
Wir haben sowohl Lehrerinnen als auch Lehrer im Verein.
Bei der Durchführung der Techniken ergeben sich durch das Geschlecht keine Unterschiede. Eine Frau wird genau so an der Schulter gepackt, wie ein Mann.
Da beim Aikido physikalische Gesetze genutzt werden, die auf die Kraft des Angriffs angewiesen sind, ist das auch schlichtweg erforderlich.
Wenn du einen zu schwachen Angriff ausführst, kann dein Trainingspartner sich nicht verteidigen, weil du nicht die notwendige Energie einbringst.
Je sicherer man in der Durchführung der Techniken wird und je mehr Vertrauen man in sich und die eigenen Fähigkeiten hat, desto konsequenter kann ein Angriff erfolgen - und umso effektiver ist dann die daraus folgende Verteidigung.
Daher kann mich eine 1,50m große Frau genau so quer durch den Raum werfen, wie ein 2.03m großer Mann - eben weil es nicht auf die eigene körperliche Kraft ankommt, sondern darauf, was der Partner in den Angriff einbringt.
Deshalb ist das Geschlecht auch nicht von Bedeutung.
Das ist tatsächlich eine sehr gute Frage. Gerade im Praxisorientierten Kampfsport ist dieses Thema im Training relevant. Seit ich regelmäßig BJJ trainiere, trainiere ich in Gruppen in denen auch Frauen sind. Ich fordere Frauen generell nicht zum Rollen auf, werde aber (warum auch immer) ziemlich oft von ihnen herausgefordert. Da ich mit einem Gewicht von 95 Kg wirklich nicht zu den Federgewichten zähle und auch für einen Kampfsportler ziemlich kräftig bin, bin ich diesen Frauen kräftemäßig weit überlegen. Deshalb serte ich auch nicht meine volle Kraft ein und meistens auch nicht mein volles Gewicht. Ich versuche das Rollen so technisch wie möglich zu halten. Tatsächlich habe ich aber auch schonmal die Rückmeldung "Du machst es mir viel zu leicht" bekommen.
Grundsätzlich denke ich das man als Mann schon auf seine Trainingspartnerin achten sollte. Allerdings muss man eine gute Kämpferin auch nicht wie ein kleines Kind behandeln. Nutze einfach deinen gesunden Menschenverstand.
Sparring, also Schlagen und Treten, würde ich mit Frauen nur im leichtkontakt.
Sorry, ich kenne die BJJ-Regeln nicht... was ist Rollen?
Bei uns im Verein (Judo) trainieren grundsätzlich alle miteinander. Es gibt aber zwei mal pro Woche ein Training , welches nur für Mädchen ist. Da sich manche Mädchen wohler fühlen, wenn sie nur gegen andere Mädchen kämpfen. Ich bin das einzige Mädchen bei uns im Verein, welches älter als 12 ist. Deshalb trainiere ich nur mit Jungs und mit Männern. Ich habe keine spezial Regeln, obwohl ich weiblich bin. Das heisst ich trainiere genau gleich mit, wie die Jungs/Männer. Mir macht das nicht aus. Ich bin sogar froh, dass ich gegen Männer kämpfe, da ich so erstens mehr Kraft aufbaue und stärker als viele in meinem Alter bin. (Auch als die Jungs) zweitens kann man so Situationen die draussen passieren, besser trainieren. ( oft werden Frauen von Männer angegriffen) Ich fühle mich so auch wohler, denn wenn ich gegen einen trainierten Kampfsportler gewinne, habe ich draussen auf der Strasse gute Chancen. Ausserdem ist das Training mit Männer "effektiver " da bei den Frauen oft mal noch etwas geplaudert und gelacht wird.
w15
Ist vielleicht ne blöde Frage... aber halten sich manchmal Jungs etwas zurück? Bodenkampf oder so?
Nicht das ich wüsste. Die meisten kenne ich eh schon sehr lange und recht gut, sehe beim Kämpfen gegen andere Jungs keinen Unterschied . Ausserdem, wer will als Jugendlicher/ junger Mann schon von einem Mädchen geschlagen werden. Ich glaube nicht, dass die mich freiwillig gewinnen lassen würden. Denn jedes mal wenn ich gewinne, ziehen sie sich gegenseitig auf.
Halt den anderen ärgern, wenn er gegen mich (jemand jüngeres, kleineres, leichteres) verlohren hat.
Magst Du das? Vor anderen das zu zeigen? Gegen so einen Jungen?
Was heisst magst? Es spielt mir keine Rolle, da dies für mich überhaupt nicht speziell ist. (Da ich ja nur gegen Jungs und Männer kämpfe)
Sorry, dass ich soviel dazu frage.... will da auch nicht weiter nerven...
Bei unserem Wing Chun-Training ist es völlig normal, dass Männer und Frauen gemeinsam trainieren. Dadurch stellt man sich auf Menschen unterschiedlichster Kraft und Größe ein. Zudem soll man sein Wing Chun seinem Körper anpassen und dabei hilft dies ebenfalls.
Ich trainiere sehr gerne mit Frauen. Was mir gefällt ist, dass sie oft weniger "wettbewerbs-mäßig" als so einige Männer agieren (das ist natürlich eine Verallgemeinerung).. Dadurch arbeitet man gemeinsam noch effizienter an den Techniken.
Auf der anderen Seite brauche ich natürlich auch männliche Trainingspartner, da die eine ganz andere Kraft mitbringen. Und damit möchte ich natürlich ebenfalls umgehen können.
Mit einer Freundin vom Wing Chun trainiere ich auch gelegentlich privat. Vor allem, wenn es wärmer ist, denn dann üben wir gemeinsam im Stadtpark. Das macht uns stets großen Spaß.
Den gibt es nur sehr selten.
Aber eine Freundin von mir betreibt BJJ, was fast nur auf dem Boden stattfindet, und in ihrer Schule trainieren Männer und Frauen auch zusammen.
Oh, hätte ich nicht gedacht... danke für die Info...
Gerne. Beim BJJ und Grappling kommt es hin und wieder sogar zu Wettkämpfen zwischen den Geschlechtern. Allerdings kenne ich da die Voraussetzungen nicht, unter denen es dazu kommt. Da müsste man jemanden fragen, der Grappling betreibt.
Hier ein Beispiel:
https://www.youtube.com/watch?v=kBL7YUTRlpk&list=PLB6_kTFIvidPuzBY2AXNxnGHqxIxQfAvy&index=4
Bei meinem Training geht es nur um Selbstverteidigung. Wettkämpfe mache ich nicht.
Es gibt ein gemeinsames Training und die Trainingspartner wechseln durch. Bestimmte Techniken sind je nach Gegner unterschiedlich gut anwendbar. Wenn eine bestimmte Technik trainiert werden soll, sucht man sich jemand passendes. Manche Griffe oder Techniken funktionieren nicht so gut, wenn jemand z.B. besonders groß oder klein oder leicht oder schwer ist, sodass die Partner meistens einen ähnlichen Körperbau haben. Später wird auch durchgewechselt, wenn die Technik gut sitzt, sodass man auch anspruchsvollere Trainingspartner bekommt. Am Ende gibt es auch manchmal so ein Training, wo sich alle in einer Schlange aufstellen und hintereinander angreifen. Eventuell wurden mehrere Techniken trainiert und man muss dann je nach Angreifer und Angriffstechnik reagieren und eine passende Verteidigungstechnik wählen.
Hallo, habe ich Deinem Nachtrag gelesen - Du machst Aikido. Da würde mich die Richtung interessieren. Aikido da haben wir immer mit Mädchen, Frauen geübt, der Angriff ist vorgegeben, keine Bodentechniken, keine Schläge oder Tritte.
Daher eine sehr " angepasste Kampfsport-Art " , die mir leider nicht liegt.