Gehöre ich zur deutschen Gesellschaft?
Hi, die Frage im Titel ist eine, die mich seit dem Ende meiner 10er Jahre mehr und mehr beschäftigt. Ich selbst habe einen Migrationshintergrund, den man mir und meinem Namen auch deutlich ansieht. Was mein Verhalten angeht: ich trinke nicht und esse kein Schwein.
Ich bin aufgewachsen im völligen Unbewusstsein darüber, was ein Ausländer genau ist, da Kinder sowas ja oft nicht wirklich beachten. Mit dem Herkunftsland meiner Eltern hatte ich nie so richtig was zu tun und auch nicht wirklich was mit Leuten, die dort herkommen. Aufgewachsen bin ich mit Freunden und Mitschülern, die selbst teilweise einen Migrationshintergrund haben und teilweise nicht also "biodeutsch" sind.
Meine Wahrnehmung war jedoch nie dadurch kategorisiert, wo meine Gene herkommen oder die der anderen. Was meine Schulzeit angeht, so haben mich selbst die Lehrer, denen man Rassismus nachgesagt hat, sehr geschätzt. Dabei konnte ich mir immer gut vorstellen, dass das Verhalten einiger, die eben einen Migrationshintergrund haben, nicht gerade die Gunst der Mitmenschen auf sich ziehen.
Gegen Ende der Schulzeit und in den Jahren darauf wurde ich immer häufiger damit konfrontiert, dass ich eben so gesehen einer Minderheit scheinabar anhöre. Oftmals hielt es sich eben in den Grenzen von Scherzen in dem Sinne, dass mich Deutsche damit aufziehen, Ausländer zu sein, und auch Leute mit Migrationshintergrund mich damit anstacheln wollen, aufgrund meines Verhaltens ein "Alman" zu sein.
Das konnte ich meist mit Humor nehmen, aber jetzt geht das ganze in eine Richtung, die mich überall fremd fühlen lässt. Meine Eltern wollen mir klarmachen, dass ich eben kein Deutscher das nicht "unsere" Kultur und nicht "unser" Land sei. Seitens der Gesellschaft fühle ich mich davor gewarnt, dass ich nach der Uni spüren würde, wie es ist, sich mit einem sehr exotischen Namen auf eine gute Stelle bewerben zu wollen. Dann noch die politischen Aspekte.
Ich weiß, dass ich kein Krimineller und auch kein Unruhestifter bin, kriege aber mehr und mehr das Gefühl, im Leben erstmal durch Leistung wettmachen zu müssen, dass ich heiße und aussehe, wie ich eben heiße und aussehe, während andere das nicht müssen. Zudem kommt eben noch der Eindruck, eigentlich nirgends dazuzugehören. Manchmal denke ich, ich gehöre zu einer heranwachsenden Generation von "Mischdeutschen", die mit dem ursprünglichen Land und der Gesellschaft dort nicht wirklich viel zu tun haben, aber dennoch mit der hiesigen fremdeln.
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Hast Du die deutsche Staatsangehörigkeit?
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Ja
4 Antworten
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Ich komme auch aus einer Migrationshintergrund, daher ist es verständlich, dass diese Fragen und Gefühle in deinem Kopf kreisen. Deine Identität wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, einschließlich Herkunft, Kultur und Erfahrungen. Es scheint, als hättest du eine vielfältige Perspektive und Erfahrungen in verschiedenen sozialen Kreisen gemacht. Es ist wichtig zu erkennen, dass es nicht nur eine Definition von Deutschsein gibt und dass deine Persönlichkeit wertvoll ist, unabhängig von Stereotypen oder Erwartungen. Es ist normal, sicha manchmal fremd zu fühlen, aber es gibt auch viele Menschen, die deine Vielfalt schätzen und dich als Teil von ihnen betrachten
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Was erlebst du so im Alltag und im Beruf diesbezüglich?
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Glaube mir, es ist immer problematisch wenn man in ein anderes Land migriert.
Das geht nicht nur dir so, sondern ist in vielen Ländern so und betrifft auch uns Deutsche.
Aber im Gegensatz zu Asien und Afrika ist man hier keiner Willkür ausgesetzt, sondern es gibt Gesetze und Rechte.
Ich habe in Ostafrika mal folgendes erlebt. Wir haben ein Büro für meine Firma aufgebaut. Alles legal mit Visum und behördlicher Erlaubnis.
Kaum hatten wir alles eingerichtet und auch die Technik die man mindestens braucht, da stürmten Polizeibeamte und Soldeten unser Büro. Ohne ein Wort zu sahen haben sie das ganze Büro zerstört alle Unterlagen auf den Boden geworfen PC und Fax zertrampelt.
Wir wurden zum Flughafen gefahren (ohne unsere persönlichen Sachen in der Wohnung) und mussten den ersten Flieger nach Kairo nehmen. Da sie uns alles Geld ab genommen haben, konnten wir erstmal nicht weiter nach Frankfurt, dazu kam, dass wir kein Einreisvisum hatten. Später haben wir erfahren, dass es Stammeskämpfe gab und einen regionalen Aufstand, weit weg von uns.
Was wir damit zu tun hatten, wurde nie geklärt. Es gab keine Entschuldigung oder Erstattung.
Ich werde nie die gemeinen Bemerkungen und das hämische Lachen vergesseen, dass sie es und Weissen so richtig zeigen durften.
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JEDER Mensch, der in der BRD lebt - egal ob Staatsangehörigkeit, "Fremdarbeiter", Asylsuchender oder Kriegsflüchtling, gehört zur "deutschen Gesellschaft".
Denn die Gesellschaft umfasst alle Menschen, welche sich auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland aufhalten - und nicht nur jene, welche eine deutsche Staatsbürgerschaft besitzen.
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Leider bist du auch von der chaotischen Migrationspolitik betroffen wie sie seit Jahrzehnten betrieben wird! Du merkst dass sich dass ganze verändert dass das Verhalten der Einheimischen misstrauischer und distanzierter wird.
Die wenigsten Einheimischen lehnen Migranten wegen ihrer Hautfarbe ab, es geht um das Verhalten von Migranten die sich schlecht benehmen und das praktisch folgenlos bleibt. Die ungefilterte undifferenzierte Migration belastet nicht nur die Einheimischen, sondern auch die gut Integrierten wie dir!
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Aber würdest du meinen, dass mich das in Sachen Wohungssuche/Beruf künftig behindern könnte? Ich war immer recht leistungsorientiert und könnte daher auch nicht darüber hinwegsehen, wenn jemand trotz maximal gleicher Qualifikation den Job kriegt, den ich will, bloß weil er/sie keinen Hintergrund hat. Das wäre wirklich richtig bitter für mich, weil es ein für mich ein wichtiger Teil von mir ist